Mo 01.06.1998
Widerstand gegen die Offensive des Kapitals? „Unmöglich, zwecklos“ sagt uns immer wieder eine Allianz aus Medien, Politikern und Gewerkschaftsfunktionären. Dänemark ist da anders.
In Dänemark lähmte ein Generalstreik im Mai das gesamte Land. ArbeiterInnen verteidigten nicht nur ihre Rechte, sondern forderten in Zeiten der sogenannten Globalisierung einfach mehr Urlaub.
Wie alles begann...
In Dänemark herrscht ein tarifpartnerschaftliches System ähnlich der österreichischen „Sozialpartnerschaft" - mit dem kleinen Unterschied, daß in der konstiutionellen Monarchie die Regierung die Möglichkeit hat, per Dekret die Tarifhoheit von Gewerkschaften und Unternehmern außer Kraft zu setzen, was zwischen 1933 und 1985 bereits zehnmal geschah, um Arbeitskämpfe gesetzlich zu unterbinden. Grund für den größten Arbeitskampf seit 13 Jahren, der am Montag, den 27. April begonnen hatte, war das „Nein" in der ersten Urabstimmung zu einem Vorschlag der Staatsvermittler. Sie boten eine Lohnerhöhung von 4,5 % bzw. 4 %. Diese wollten statt dessen jedoch eine sechste Urlaubswoche. Auch eine Möglichkeit der Arbeitszeitverkürzung!
Die Highlights
Rund eine halbe Millionen Dänen traten in den Streik, davon wurden 60.000 Beschäftigte ausgesperrt. Ein unbefristeter Generalstreik begann. Ganze Branchen traten in den Streik ein: Flug-, Bus-, Fährunternehmen, Müllabfuhr, Telekom, Strom, Handel, Tankstellen, Verkehr etc. Der schwedische Autohersteller Saab mußte, da ihm die aus Dänemark zugelieferten Teile ausgegangen waren, ebenfalls seine Motorenproduktion einstellen.
Am 1. Mai nahmen 100.000 an Veranstaltungen des Gewerkschaftsdachverbandes LO teil, wo der Vorsitzende Hans Jensen versuchte, zu beschwichtigen, indem er sagte, niemand solle glauben, daß die 6. Woche auf einmal durchgesetzt werden könne. Die Unternehmer versuchten, die Streikenden mittels fauler Tricks zu kaufen, doch diese gingen nicht darauf ein. Sie lehnten die Arbeitsweise der Gewerkschaftsspitze ab und lehrten der Bourgeoisie das Gruseln. Die alte marxistische Analyse, daß sich das Bewußtsein in Folge des Kampfes erweitert, bestätigte sich. Ein Arbeiter am Mai-Aufmarsch sagte: „Es ist in Ordnung zu streiken. Wir wollen eine zusätzliche sechste Urlaubswoche, nicht nur einen Tag mehr zu Weihnachten!“ Ein anderer Demonstrant meinte: „Es ist gut, daß wir den Gewerkschaftsführern zeigen können, wie mächtig die ArbeiterInnen sind!“ Dies zeigt recht deutlich, daß es keine Illusionen in die LO-Spitze gab, doch zeigten die vermeintlichen ArbeiterInnenführer am 6. Mai ihr wahres Gesicht: Der „sozialdemokratische" Ministerpräsident Poul Nyrup Rasmussen gab um 12 Uhr 15 mit Unterstützung des Parlaments die Beendigung des Streiks per Zwangsgesetzgebung bekannt. „Ich bin enttäuscht von den Verhandlungspartnern. Aber wenn sie nicht handeln, muß die Regierung dies tun. Es hat keinen Zweck, das Elend weiter zu verlängern." Die Gewerkschaftsführung nahm das kampflos hin.
Die dänische Notenbank versuchte unterdessen, mit Dollarkäufen und Zinssteigerungen die unter Druck geratene Krone zu stützen. Wirtschaftsminister Jelved erklärte, die Zinserhöhung sei im Hinblick auf den Streik und auf das Referendum zum Amsterdamer Vertrag zu sehen, die „Unsicherheit über die Lage Dänemarks" geschaffen habe. Das knappe „Ja" zum Vertrag wurde also teuer erkauft und wird die wachsenden Widersprüche noch verstärken.