EU-Wahlen: Widerstand von unten als beste Antwort auf den Rechtsruck

Stellungnahme zu den EU-Wahlen

Proteste in Frankreich

EU-Wahlen: Widerstand von unten als beste Antwort auf den Rechtsruck

Jetzt in Schulen, Unis und Betrieben aktiv werden!

Die Ergebnisse der EU-Wahlen waren für viele Menschen europaweit ein Schock. In mehreren Ländern konnten rechtsextreme Parteien Durchbrüche feiern. Sie profitieren am stärksten von dem berechtigten Unmut gegenüber der vielen Krisen des Systems und dem unsozialen, arbeiter*innenfeindlichen, undemokratischen, militaristischen Charakter der EU und dem Versagen der etablierten Parteien. In Frankreich erhält die Rassemblement National doppelt so viele Stimmen wie die zweitstärkste Partei, in Deutschland wird die AfD (die sogar den anderen rechtsextremen Parteien in Europa zu rechts ist) zweitstärkste Kraft und kommt in ostdeutschen Bundesländern auf den ersten Platz und auch in Österreich kommt die FPÖ zum ersten Mal in einer bundesweiten Wahl auf Platz 1. Bedrohliche Vorzeichen auf die Nationalratswahlen in Österreich, Landtagswahlen in Ostdeutschland im Herbst oder die angekündigten Präsidentschaftswahlen in Frankreich. Schon vor der Wahl geht das gesamte politische Establishment nach rechts: z.B. mit dem neuen menschenfeindlichen Asylpaket der EU oder Macrons Migrationsreform. Nach der Wahl beschleunigt sich das weiter - schon jetzt hört man z.B. aus der SPÖ (von Dornauer aber auch Babler) Stimmen für eine “klarere Kante” gegen Migration. Die etablierten Parteien versuchen weiter die Rechtsextremen rechts zu überholen. Dieses Einknicken vor den Rechten und fehlender linker Widerstand gegen Rechtsruck, Rassismus und Kapitalismus stärken rechte Kräfte weiter. Uns allen muss klar sein: dieser Rechtsruck ist eine direkte Bedrohung für die Leben gerade von Migrant*innen, Geflüchteten, trans Personen und Frauen - alle Arbeiter*innen sind durch ihre unsoziale und spaltende Politik bedroht. Dagegen müssen wir jetzt aktiv werden!

Die Basis des Rechtsrucks

Der Kapitalismus befindet sich weltweit und auch besonders in Europa in einer tiefen Krise. Der Lebensstandard breiter Schichten der Bevölkerung und dazu kommen immer neue Krisen (von der Finanzkrise, über Corona bis hin zur Teuerung). Die etablierte Politik lädt sämtliche dieser Krisen auf der Bevölkerung ab und erzeugt dadurch massiven Unmut. Die Rechten geben wiederum reaktionäre Antworten auf dieses Versagen des Establishments und profitieren von der weit verbreiteten Anti-Systemstimmung. In ihrer verqueren Darstellung ist der woke Globalismus - damit gemeint Migration, Feminismus, Queere Rechte - die Grundlage für die Krisen unserer Gesellschaften und nicht die chaotische profitorientierte Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Ihre Alternative ist die “gute alte Zeit” (die natürlich [nicht nur] für Frauen, Queers und Migrant*innen alles andere als gut war) und ein nach unten statt nach oben treten. Diese Hetze kann aber nur erfolgreich sein, weil linke Kräfte nicht entschlossen gegen Unterdrückung kämpfen, Selbstorganisierung und Widerstand von unten aufbauen und dadurch echte Verbesserungen erkämpfen und klarmachen, dass nur eine Sozialistische Alternative eine Lösung für die tiefen Krisen des Kapitalismus darstellen kann. 

Warum profitieren Rechtsextreme und nicht die politische Linke?

Die Kräfte links der Sozialdemokratie, die sich gegen die etablierte Politik stellen haben äußerst durchwachsene Ergebnisse eingefahren. La France insoumise des Linkspolitikers Mélenchon war bei den letzten Wahlen noch gleichauf mit Le Pen und kommt bei den EU Wahlen nur auf 9,89% (17% 2022). Die deutsche Linke stürzt auf 2,7% ab (5% 2019). In einigen skandinavischen Ländern - in denen sich rechte Parteien teilweise schon in der Regierung befinden - gibt es auch Erfolge für Linke Parteien. Aber trotzdem zeigt sich insgesamt ein düsteres Bild. Die Frage, warum die politische Linke nicht von dem massiven Unmut profitieren kann, ist zentral. Insgesamt schwimmen alle linken Kräfte - auch angepasste - gegen den Strom. Rechtspopulist*innen, Konservative, Liberale und Sozialdemokrat*innen gehen - trotz großer Unterschiede in die gleiche Richtung - sie unterscheiden sich vor allem darin, wie schnell und radikal eine rassistische, autoritäre und unsoziale Politik umgesetzt werden soll. Von der Rechtspopulistin Meloni, über den konservativen Nehammer, den liberalen Macron bis hin zum Sozialdemokraten Scholz führen sie neue rassistische Gesetze ein, verschärfen Repression gegenüber sozialen Bewegungen und Protesten, rudern beim Klimaschutz zurück, greifen soziale Errungenschaften an und akzeptieren die Ermordung von Tausenden Geflüchteten im Mittelmeer. Die Linke stößt mit ihren noch so begrenzten Forderungen an die Grenzen des Kapitalismus in der Krise. Dementsprechend reicht es auch nicht, gute Forderungen aufzustellen. Es braucht den Aufbau von Gegenmacht (d.h. Organisierung in Nachbarschaften, Betrieben usw.) und Widerstand von unten, der tatsächlich dazu in der Lage ist, solche Forderungen umzusetzen und die Rechte herauszufordern - leider scheitert die Wahlorientierung der meisten linken Parteien gerade daran. 

Eine weitere Schwäche ist die unklare Positionierung zu Fragen von Flucht, Sexismus, Transphobie oder das genozidale Massaker in Gaza. Es gibt einen Trend von linken Parteien, sich auf “soziale Fragen” zu konzentrieren und diese schwierigeren Themen auszulassen. Am präsentesten ist das beim Bündnis Sahra Wagenknecht in Deutschland, das sogar selbst rassistische und queerfeindliche Positionen verbreitet. Aber auch die KPÖ in Österreich beantwortet die Hetze von Rechts nicht offensiv, sondern versucht sie vor allem durch bessere Sozialpolitik auszustechen. Auch wenn man dadurch manchmal kurzfristige Wahlerfolge einfahren kann, verändert man nichts an der grundlegenden politischen Situation oder baut den notwendigen Widerstand gegen die extreme Rechte auf. Es muss für die Linke genau darum gehen, klare Kante gegen jeden Angriff auf unterdrückte Schichten der Klasse zu zeigen und dagegen zu mobilisieren, und das mit dem Kampf um soziale Verbesserungen und eine sozialistische Alternative zu verbinden. 

Das Ergebnis der KPÖ zeigt gleichzeitig Potenzial und Herausforderungen. Einerseits zeigt die Vervierfachung des Ergebnisses und vor allem 10% der unter 29-jährigen die wachsende Dynamik rund um die KPÖ, andererseits aber auch, dass es noch nicht gelungen ist, die KPÖ tatsächlich als Alternative zu sinkenden Lebensstandards, Rechtsruck und der Krise des Kapitalismus zu entwickeln. Es ist auch kaum gelungen Nichtwähler*innen zu mobilisieren. Bei den Nationalratswahlen wird das durch einen größeren Druck das “kleinere Übel” zu wählen und größere Konkurrenz durch die Bierpartei und andere noch schwieriger. Bis zu den Nationalratswahlen wird es für die KPÖ notwendig sein, sich stärker mit unterschiedlichen sozialen Protesten - gegen Klimawandel, Unterdrückung, das Massaker in Gaza oder den Notstand im Gesundheits-, Bildungs- und Sozialbereich - zu verbinden und den Wahlkampf auch tatsächlich dafür zu nützen um Gegenmacht von unten aufzubauen. Ein erster Schritt dafür wäre eine große Aktivist*innenkonferenz noch vor den Wahlen, um Aktive aus Betrieben, der antirassistischen, feministischen und Klimabewegung und alle anderen zusammenzubringen. 

Unsere Antwort: Selbstorganisierung und Widerstand!

Als Antwort auf den rechten Wahlerfolg in Frankreich sind schon in den letzten Tagen - nach Aufrufen von Jugendorganisationen und Gewerkschaften - Tausende in mehreren französischen Städten auf die Straße gegangen. In Deutschland haben in den letzten Monaten mehr als eine Million Menschen gegen die AfD demonstriert und auch in Österreich gab es große Proteste. Dazu kommt eine feministische Bewegung inklusive feministischer Streiks, eine noch immer existierende Klimabewegung und eine Zunahme von Streiks in ganz Europa und Massenproteste gegen das Massaker in ganz Europa. Das alles zeigt Politisierung nach lnks und das Potenzial von Widerstand von unten. Tatsächlich hat sich diese Politisierung kaum mangels Angebot kaum bei den Wahlen ausgedrückt. Die rechten Wahlerfolge sind deshalb eine Seite der Medaille und zeigen kein vollständiges Bild - die Wahlbeteiligung in Österreich lag nur bei 56% und dazu kommt, dass z.B. in Wien fast die Hälfte der Bevölkerung nicht wahlberechtigt ist. Tatsächlich hat nur eine kleine Minderheit der österreichischen Bevölkerung für die FPÖ gestimmt. Unser Ziel muss es sein, die vielen kämpferischen Proteste, Streiks und auch linke Parteien und Initiativen zusammenzubringen um gemeinsam Widerstand von unten und auch eine echte politische Alternative aufzubauen - das ist die wirksamste Antwort auf den politischen Rechtsruck. 

Als ISA wollen wir in den nächsten Monaten genau das machen. Wir rufen trotz Kritik zur Wahl der KPÖ auf, weil ihr Einzug ins Parlament die Ausgangsbedingungen für Widerstand und linke Ideen verbessern würde, aber fordern gleichzeitig, dass der Wahlkampf für den Aufbau einer Bewegung von unten genutzt wird. Darauf werden wir unsere Aktivitäten in den nächsten Monaten auch konzentrieren. Wir werden gemeinsam mit der sozialistisch-feministischen Initiative ROSA Widerstand gegen jeden jeden Angriff auf die Leben von Migrant*innen, trans Personen und Frauen aufbauen und gleichzeitig aufzeigen, dass die FPÖ und Co. für unsoziale Politik und Angriffe auf alle Beschäftigten stehen. Wir werden als Teil der Basisinitiative “Sozial aber nicht blöd” Streiks und Proteste im Gesundheits- und Sozialbereich  für tatsächliche Verbesserungen unterstützen. Der Aufbau so einer Bewegung ist auch die beste Grundlage für Widerstand gegen den Aufstieg der Rechten, eine mögliche FPÖVP-Regierung nach den Wahlen und Unterdrückung, Ausbeutung und Kapitalismus insgesamt. 

Wenn du in genug von rechter Hetze hast und in den nächsten Wochen nicht am Wahlkampf, sondern am Aufbau einer Bewegung von unten beteiligen willst, melde dich bei uns und werde aktiv!