Fr 05.10.2018
Auf den Betriebsversammlungen gegen die Einführung des 12-Stundentages durch die schwarz-blaue Bundesregierung wurden seitens mancher GewerkschaftsvertreterInnen große Töne gespuckt. So sagte Peter Grandits, Konzernbetriebsrat der PORR AG: „Wenn es hart auf hart geht, werdet ihr im Radio hören: Die Westautobahn ist gesperrt, da haben sie Schotter verloren. Die Flughafenautobahn ist gesperrt, da haben sie Beton verloren. Alle Wege nach Wien sind gesperrt. Da kennen wir nichts.“
Dass ein Betriebsratsvorsitzender über Streiks gegen die Regierung nachdenkt, ist begrüßenswert. Allerdings ist seit Juni wenig bis nichts passiert. Der ÖGB setzt nicht auf die Zerschlagung des 12-Stundentag-Gesetzes, sondern auf das Aushandeln von „Ausgleichsmaßnahmen“. Hier verkennt der ÖGB die Lage. Regierung und Großindustrie wollen nicht verhandeln, sondern diktieren. Damit überhaupt wieder Verhandlungen stattfinden können, müssen die Gewerkschaften Kampfbereitschaft zeigen.
Es gibt viele Beispiele dafür, wie dies bewerkstelligt werden kann. Schauen wir auf die Charité in Berlin, eines der größten Krankenhäuser Europas, in etwa vergleichbar mit dem AKH in Wien. Bei der Charité konnten die KollegInnen der „Charité Facility Management“ nach jahrelangem Kampf einen Stundenlohn von 11 Euro für alle durchsetzen. Es brauchte Streiks und Organisationsarbeit, damit am Ende ein Verhandlungsergebnis stehen konnte. Das ist immer noch viel zu wenig, aber ein wichtiger erster Schritt für menschenwürdige Arbeitsverhältnisse.
Durch den Einsatz kämpferischer AktivistInnen konnte eine handlungsfähige Betriebsgruppe der Gewerkschaft Verdi aufgebaut werden, die in der Lage war, eigenständig zu handeln, zu kämpfen und die nächsten Schritte zu beschließen. Inzwischen hat sich sogar ein bundesweites Netzwerk kämpferischer Basisinitiativen im Gesundheitswesen Deutschlands gegründet.
Die bereits angelaufene Offensive österreichischer Unternehmensverbände gegen die Gewerkschaften muss durch den Aufbau solcher Strukturen wie in Berlin beantwortet werden. Wir brauchen eine Aktivierung und Politisierung der Mitgliedschaft. Die beeindruckende Demonstration von weit über 100.000 ArbeiterInnen gegen den 12-Stundentag hat das Potential dafür gezeigt. Auch die Betriebsversammlungen waren gut besucht. Sie dürfen aber nicht mehr nur ein Verlautbarungsorgan der Gewerkschaftsspitzen sein, sondern müssen zu einem Instrument der demokratischen Willensbildung in den Betrieben werden.
Die Forderung nach der Demokratisierung der österreichischen Gewerkschaften ist kein Wunschtraum. Anfang der 2000er Jahre konnte das Linksbündnis „left unity“ die Führung der britischen Gewerkschaft für Staatsangestellte PCS übernehmen. Die PCS ist das britische Gegenstück zur hiesigen Beamtengewerkschaft GÖD.
Über Jahre hinweg baute „left unity“ ein Netzwerk von AktivistInnen in der Gewerkschaft auf und lieferte sich erbitterte Auseinandersetzungen mit der konservativen Gewerkschaftsspitze, bis schließlich eine Mehrheit der Mitgliedschaft einem kämpferischen Programm ihre Stimme gab. Seit Jahren wird „left unity“ jedes Mal mit großer Mehrheit wiedergewählt.
Aus gutem Grund. Die PCS fordert vom britischen Gewerkschaftsbund koordinierten Widerstand gegen die Sparprogramme der konservativen Regierung. Sie setzt sich für gemeinsame Streiks bis hin zu einem Generalstreik ein. Gleichzeitig wartet die Gewerkschaft nicht darauf, dass andere sich bewegen. Seit Jahren sind die Gehälter britischer Staatsangestellter eingefroren. PCS bereitet sich nun darauf vor, diese Gehaltssperre zu bekämpfen. Im Sommer gab es erste Initiativen in Richtung eines Streiks.
Das brauchen wir in Österreich. Wir brauchen eine Gewerkschaftsführung, die ein Programm für den Widerstand mit ihren Mitgliedern diskutiert und dann vorlegt. Es muss eine Eskalationsstrategie entwickelt werden, mit der diese Regierung von kleinkarierten RassistInnen und versnobten Yuppies, die nie in ihrem Leben einen Tag in einem normalen Job arbeiten mussten, hinweggefegt werden kann.
So eine Gewerkschaft, so eine Führung entsteht nicht von allein. Jetzt muss mit dem schwierigen Weg des Aufbaus einer linken Gewerkschaftsopposition begonnen werden. Erste kleine Schritte werden bereits gemacht. Die Streiks im österreichischen Sozialbereich vor einigen Monaten haben gezeigt, was möglich ist, wenn Belegschaften sich organisieren und Proteste vorbereiten. Mit dem Bündnis „ÖGB aufrütteln“ existiert nun eine Struktur, die zu einem Sammelbecken betrieblicher AktivistInnen werden könnte, die sich mit dem Bestehenden nicht mehr abfinden wollen. Daran gilt es nun mit aller Kraft zu arbeiten.