Mo 01.02.1999
Keinesfalls überraschend war am 10.1.99 die Wiederwahl Nursultan Nasabarjew zum Präsident Kasachstans. Der selbsternannte „Führer der Steppen“ gewann 82% der Stimmen, während 12% an den kommunistischen Bewerber Abdildin und 5% an zwei andere Bewerber gingen, die beide Handlanger Nazarbayevs sind.
Nasabarjew hatte vorgesorgt: Die Wahlkommission nominierte er, die Massenmedien stehen unter Kontrolle seiner Tochter. Kurz vorher wurde die 50% Hürde (bei der Wahlbeteiligung) entfernt aus Angst vor Wahlboykott. Dem wichtigstem bürgerlichen Gegner, Ex-Premierminister Kazhegeldin, wurde unter einem Vorwand die Kandidatur untersagt.
Dieses letzte Manöver war selbst den westlichen Beobachter zuviel. Sie hatten aus Angst, daß eine Fortsetzung von Nasabarjews Regierung zu sozialen Explosionen wie in Indonesien führen würden, Kazhegeldin unterstützt. Dessen Programm unterschied sich aber nur geringfügig. Die Beobachter wurden abgezogen und die USA äußerten Protest.
Tatsächlich ist ihre Sorge um Demokratie aber begrenzt. Nicht ein Wort des Protestes war zu hören, als Madel Ismailov (ein CWI-Unterstützer) zu einem Jahr Haft verurteilt wurde für „Unterbrechen des Präsidenten“. Sie schwiegen, als letztes Jahr Ionur Kurmanov (CWI-Mitglied) und Sergei Kolokolov (der inzwischen an den Folge seiner Mißhandlung im Gefängnis starb) für 5 Monate eingekerkert wurden.
Nasabarjew ließ die Wahl zwei Jahre vorziehen, da er spürte, wie seine Unterstützung schwand. Kasachstan ist heute, nachdem der Großteil seiner Industrie als Ergebnis des irrwitzigen und korrupten Privatisierungsprogramms zerstört worden ist, vom Verkauf von Öl und anderen Rohstoffen abhängig. Seit dem Ausbruch der Asienkrise sind deren Preise in den Keller gefallen. Schon sagen Ökonomen einen Absturz der Währung, des Tenge, voraus.
Aber die herrschende Elite in Kasachstan ist auch durch die Streikwelle, die Rußland letzten Sommer erschütterte, beunruhigt und befürchtet, daß sich diese in Kasachstan wiederholen könnte. Auch daher vorgezogene Neuwahlen, um nach diesen das „Problem“ ArbeiterInenn in Angriff nehmen zu können.
Ein Teil der ArbeiterInnenklasse, der PensionistInnen, der verarmten Kleinhändler und ein großer Teil der Arbeitslosen stimmten für den KPler Abdildin. Sie taten dies trotz der anti-kommunistischen Kampagne des Regimes aus Protest gegen die soziale und wirtschaftliche Situation.
Innerhalb der KP gab es Diskussionen darüber, ob man bei dieser Wahl antreten solle, da die Wahlordung undemokratisch ist und der Staat verschiedenste repressive Maßnahmen einsetzt, um eine wirksame Kampagne der Opposition zu verhindern.
Letztlich entschied die KP zu kandidieren. Aber viele Mitglieder waren von Abdildins Programm enttäuscht. Er sprach sich für eine gemischte Wirtschaft aus, für „ehrlichen“ Kapitalismus. Anstatt für eine wirkliche Demokratisierung von Kasachstan, argumentierte er für abstrakte parlamentarischer Demokratie. „Es wäre besser gewesen, wenn Madel Ismailov kandidiert hätte – er wäre seinen Ideen treu geblieben und wäre ein sehr viel linkerer Kandidat gewesen“ sagen viele KPlerInnen. Aber er wird nicht vor Februar aus dem Gefängnis entlassen. Trotzallem zeigt die Unterstützung, die Abdildin erhielt, daß im Moment die KP die einzige lebensfähige Opposition ist.
Dort wo eine klarere Klassenposition gezeigt wurde, wie z.B. in Uralsk, wo Ionur Kurmanov Wahlkampfleiter war, konnte die KP weit größere Erfolge verzeichnen: Offiziell über 30%. UnterstützerInnen der KP, die in den Wahlbüros arbeiten, verzeichneten über 40%. Die Basis für sozialistische Ideen wurde gestärkt worden und der Boden für die kommenden Parlamentswahlen vorbereitet.
Aber wird die KP weiter den Weg gehen, der von Abdildin eingeschlagen wurde, oder wird sie fähig sein, die Basis für die Entwicklung einer neuen echten ArbeiterInnenpartei zu bilden? Trotz ihrer halbherzigen Proteste unterstützten der Westen und die russische Bourgeois Nasabarjew, den sie als Garant für die Interessen der Multis sehen.
Die Wahlen zeigten daß die Opposition zu seiner Herrschaft anwächst. Unter Jugendlichen und in den Gewerkschaften gibt es eine Radikalisierung wie bei den Bergarbeitern in Ekibastusa.