Mo 01.02.1999
Das Problem FPÖ erledigt sich offensichtlich nicht von selbst - es muß aktiv bekämpft werden. Zu Beginn des Superwahljahres 1999 steht die FPÖ stabil bei rund 20 Prozent, in Kärnten hat sie sogar gute Chancen Nummer 1 zu werden. Dabei hat sich erst jüngst wieder erwiesen, daß Rosenstingel kein Einzelfall war: Meischberger – immerhin bis vor kurzem 2. Mann hinter Haider – wurde ebenfalls wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten verurteilt.
Kärnten ist eines der ärmsten Bundesländer der Republik. Über Jahrzehnte hat eine korrupte SPÖ-Bürokratie allmächtig über Land und Leute bestimmt. Eine „Besonderheit“ war hier die – vor allem auchdem letzten „echten“ SPÖ-Landesfürsten Leopold Wagner „gepflegte“ – Feindlichkeit gegenüber der slowenischen Minderheit. Gleichzeitig hatte die SPÖ-Führung nie ein Problem mit dem Naheverhältnis vieler Funktionäre zu den großen rechtsextremen Organisationen wie z.B. dem Kärntner Heimatdienst. Kein Wunder, daß in diesem „Biotop“ die FPÖ – schon vor Haider – stets ein Faktor in der Landespolitik war und Kärnten später ein Experimentierfeld für Haiders Politik wurde. Auch im jetzigen Wahlkampf spielen traditionell rechte Themen eine Rolle: Haider hat angekündigt, sich wiedereinmal gegen die angeblich „drohende Slowenisierung Kärntens“ zu wenden (Format 2/99). Die SPÖ versucht, das „auszugleichen“, indem sie ihren Rechtsblinker – Ex-Landeshauptmann Wagner („Ich kann kein Wort slowenisch“) – in den Wahlkampf einschaltete.
Kinderbetreuungsscheck heißt Sozialabbau
„Kinderbetreuungsscheck“ lautet das Zauberwort, mit dem die FPÖ im Kärntner Wahlkampf die anderen Parteien vor sich hertreibt. Das FPÖ- Erfolgsgeheimnis steckt einzig in der Reaktion (vor allem) von SPÖ und ÖVP: Gemäß ihrer Sozialabbau- und Sparpaketspolitik stellen beide Parteien nur die Finanzierung eines solchen „Schecks“ in Frage. Tatsächlich steckt hinter dem FPÖ-Vorschlag ein klares Konzept: Die Möglichkeit mit diesem Scheck entweder eine Betreungseinrichtung zu nutzen oder aber zu Hause zu bleiben, wird den Druck auf Frauen, wieder „Kinder zu hüten“, gerade im Niedriglohnland Kärnten dramatisch verstärken. Gleichzeitig ist es ein Konzept, mit dem – wie die FPÖ zugibt – offensiv staatliche Infrastrukturen zurückgebaut werden sollen: Öffentliche Kinderbetreuungseinrichtungen und vor allem finanzielle Unterstützung und Fortbildungsmaßnahmen für erwerbslose Frauen – die ja nicht notwendig wären, wenn die Frau „daheim“ ist.
Die „große Rolle“ der FPÖ hat in erster Linie mit dem Versagen der anderen Parteien und dem Fehlen einer linken Alternative zu tun. Im Mittelpunkt steht hier sicherlich die SPÖ, die sich historisch wie aktuell durch ein dubioses Verhältnis zur FPÖ „auszeichnet“: Auch Ausserwinkler verhandelte in der sogenannten „Brunellorunde“ (1994) mit der FPÖ und meint, sich bei einem jetzigen freiheitlichen Wahlsieg einem Landeshauptmann Haider fügen zu müssen. Die SPÖ – sie verlor 1994 rund 14 % – hat in den letzten Jahren immer wieder bewiesen, daß sie kein Konzept hat, Haider politisch wie organisatorisch zu stoppen. Politisch katastrophal ist auch das gemeinsame „Demokratie“-Projekt, daß die Grünen mit dem (Neo)Liberalen Forum geschmiedet haben. Dieses wird leider auch von wichtigen Vertreter-Innen der slowenischen Minderheit unterstützt wird. Jede Stimme für dieses Bündnis geht zu 50% an die (Neo)Liberalen. Von vorneherein wurde damit von den Grünen und den linken SlowenInnenvertreterInnen jeder Anspruch auf eine notwendige Alternative zu Rechtsruck und Sozialabbau aufgegeben.
Perspektive
Welche konkrete Konstellation das Kärnter Ergebnis mit sich bringt ist nicht klar: Auch ein (rechts-) populistischer „Landesvater“ Zernatto von SPÖ und/oder FPÖ – Gnaden ist möglich. Im erfolgreichen Taktieren hat dieser schließlich Erfahrung: Immerhin wählte er Haider 1989 zum Landeshauptmann um das Amt 1991 selbst zu übernehmen. Wenn die FPÖ tatsächlich stärkste Partei werden sollte, wäre das in jedem Fall auch für die Bundesebene prägend. Ein Landeshauptmann Haider wäre vor allem für die SPÖ eine schwere Niederlage und würde Klimas Image ankratzen. Aber selbst wenn ein stimmenstärkster Haider nicht in diese Funktion gewählt würde, wäre eine daraus konstruierte „Märtyrerrolle“ ein nicht zu verachtender Wahlkampfschlager für die FPÖ. Auf der Hand liegt, daß die FPÖ sich nicht von selbst erledigt und diese Arbeit auch von keiner der anderen Parteien getan wird. Ein Indiz dafür ist, daß niemand die Sozialabbau und Privatisierungspolitik von Haider als Landeshauptmann zum Wahlkampfthema macht,ebenso wie seine gebrochenen Arbeitsplatzversprechungen gegenüber den – inzwischen arbeitslosen – KollegInnen des Werks in St.Magdalen.