So 13.08.2017
Der britische Kapitalismus steckt in einer politischen Krise: Nach ihrer Wahlniederlage klammert sich Theresa May nun an die nordirische Kleinpartei DUP - als letzten Strohhalm, um eine Regierung zu bilden. Am schlimmsten für das Establishment ist aber, dass der Erfolg Jeremy Corbyns Hoffnung und eine Stimme für Millionen einfacher Leute schafft, die genug von kapitalistischer Kürzungspolitik haben.
Es ist keine Frage, dass Theresa May inkompetent ist. Das zeigte sich etwa in ihrer Absage an TV-Debatten und in ihrer Unfähigkeit, menschlich zu wirken. Entscheidend für ihre Niederlage ist aber die Bilanz der Tory-Regierung: Sozialkürzungen, vor allem im öffentlichen Sektor, und dazu stagnierende oder fallende Löhne haben den Unterschied zwischen Arm und Reich extrem vergrößert.
Mit dem Sieg Jeremy Corbyns als Vorsitzender der Labour Party hat die brodelnde Wut Ausdruck gefunden. Wo auch immer er im Wahlkampf sprach, lauschten Tausende seinen Reden. Vor allem unter Jugendlichen gewann er extrem an Unterstützung. Ein weiterer Impuls wurde mit dem „Labour Manifesto“ (Wahlprogramm) gesetzt. Auch wenn es kein klares sozialistisches Programm ist: es forderte eine Rückverstaatlichung von Teilen der Eisenbahnen, Gas, Strom und Wasser, einen 10₤ Mindestlohn, Obergrenzen für Mieten und vieles mehr, was vor allem ArbeiterInnen helfen würde. Dies bedeutete einen Bruch mit dem neo-liberalen Kurs der Blaire-Clique. Die Antwort war elektrisierend. Wahlkampfveranstaltungen schienen immer mehr wie Festivals. Das Resultat ist ein gewaltiger Schlag gegen die Blairites in der Labour Party. Sie hatten die letzten 2 Jahre versucht, Corbyn loszuwerden. Sie sagten, er sei unwählbar. Nun sind sie gezwungen, ihre Fehler einzugestehen: Labour gewann 30 Sitze und baute ihre Mehrheit in vielen Wahlkreisen aus.
Nun laufen die Brexit-Verhandlungen an. Mays Mehrheit ist geschrumpft, der britische Kapitalismus in einer schwächeren Position. Labour Party ist nicht länger eine sichere Bündnispartnerin - und das macht dem Establishment Sorgen. Viele in der Linken sahen das Brexit-Votum als Zeichen eines Rechtsrucks. Wir stimmten dem nicht zu. Unsere Analyse hat sich bestätigt: Tory-Premier Cameron ist zurückgetreten und die UKIP ist implodiert. Das Brexit Votum war zu einem großen Teil eine Revolte der ArbeiterInnenklasse gegen das Establishment. Die wahren Kräfteverhältnisse in der Gesellschaft haben sich in der Popularität der Bewegung um Corbyn gezeigt.
Sowohl vor als auch nach der Wahl gab es schwerwiegende Ereignisse, die das Versagen der Politik von „New Labour“ und Tories zeigten. So sahen wir schreckliche Terroranschläge in London und Manchester. Jeremy Corbyn verurteilte diese Anschläge. Er sagte jedoch, wie auch die Socialist Party, dass die imperialistische Intervention und Kriegstreiberei im Nahen Osten weder Frieden noch Stabilität in die Region bringen.
Noch deutlicher wurden die Folgen der Kürzungspolitik beim grauenhaften Brand des Greenfell-Towers in West London. Das Feuer wurde zum Symbol für den immer größer werdenden Spalt zwischen Arm und Reich. Das Gebäude ging in Flammen auf, weil schlechte Baumaterialien verwendet wurden. Seit der Blair-Regierung wurden Feuerschutz-Bestimmungen gelockert. Die BewohnerInnen haben nun den Preis mit ihrem Leben bezahlt. Als May Grennfell besuchte, traf sie nicht die Betroffenen. Bei einem zweiten Besuch wurde sie unter „Mörderin“ und „Feigling“-Rufen verjagt.
Die Hauptaufgabe ist nun, die Bewegung der Wahlkampagne weiterzuführen. Der Konflikt, welcher sich, seit Corbyn zum Vorsitzenden gewählt wurde, in Labour abspielt, muss jetzt gewonnen werden. Demokratische Reformen, um die alte Bürokratie zu überwinden, stehen jetzt an. Der rechte Labour-Flügel hat einen Schlag verpasst bekommen, wir müssen dafür sorgen, dass es ein KO-Schlag wird. Auch die Gewerkschaften müssen ihren Teil übernehmen, indem sie Streiks gegen Lohnkürzungen und Sparpakete organisieren.
Corbyns Programm ist ohne Frage ein Schritt nach vorne. Gleichzeitig sollte es aber eine Debatte innerhalb der Bewegung geben: welche Forderungen brauchen wir, um das Leben der einfachen Leute zu verbessern? Unsere Antworten sind beispielsweise der Kampf für weitgehende demokratische Verstaatlichung von Banken, Finanzwirtschaft und den Schlüsselindustrien. Um es anders auszudrücken: ein Bruch mit dem Kapitalismus, um eine sozialistische Wirtschaft aufzubauen, die Menschen vor Profite stellt.