Mo 10.04.2017
Umweltschutz und soziale Forderungen schließen sich einander nicht aus, sondern ergänzen sich sogar.
Von Teilen der herrschenden Klasse wird gern ein Widerspruch zwischen Umweltschutz und Arbeitsplätzen konstruiert. Trump behauptet, dass „wir Regulierungen für den Umweltschutz beibehalten können, aber nicht viele, denn sie schaden der Wirtschaft“. Im Regierungsübereinkommen der oberösterreichischen Landesregierung steht: „In diesem Sinne bekennen wir uns zu einer umsichtigen Umweltpolitik, welche auf die Bedürfnisse des Wirtschaftsstandortes Rücksicht nimmt und diesen nicht über Gebühr behindert.“ Wenn sie von „Wirtschaft“ sprechen, meinen sie Profite, sagen aber „Jobs“. Und in Zeiten von Rekordarbeitslosigkeit fühlen sich viele angesprochen. So sammelten einige deutsche Teilgewerkschaften Unterschriften gegen die Klimaziele der Bundesregierung. Der Grund? Um die Klimaziele zu erreichen, sollen in Deutschland Kohlekraftwerke geschlossen werden. Die Gewerkschaft fürchtet, dass dadurch Jobs verloren gehen. Auch in Graz unterstützen ÖGB und Arbeiterkammer den Bau des Murkraftwerks. Und die Gewerkschaft Vida erhofft sich Jobs vom ökologisch mehr als umstrittenen Megaprojekt 3. Landepiste am Flughafen Schwechat. Die Angst vor Jobverlust ist verständlich, doch der Schulterschluss mit der Industrie schafft mittel- bis langfristig keine Jobs, sondern vernichtet diese sogar.
Tatsächlich sind Umweltschutz und die Schaffung von Arbeitsplätzen nichts, was sich widerspricht. So könnten z.B. durch den großflächigen Ausbau des öffentlichen Verkehrs tausende dauerhafte Arbeitsplätze geschaffen werden und der Umwelt wäre auch geholfen. Für die Herrschenden sind aber weder die Umwelt, noch unsere Arbeitsplätze vorrangig. An erster Stelle steht für sie einzig und allein der Profit.
Dabei ist die Umweltfrage eine Klassenfrage. Denn weltweit sind v.a. ArbeiterInnen, KleinbäuerInnen und Arme von den Folgen des Klimawandels betroffen. Die herrschende Klasse hat die finanziellen Möglichkeiten, vor den Folgen der Klimaerwärmung zu fliehen oder sich gesundheitlich zu schützen. Für die Organisationen der ArbeiterInnenklasse, für sozialistische Parteien und Gewerkschaften, wird die Frage von Umweltschutz immer mehr zur Überlebensfrage.
Auch diese Erkenntnis findet sich in den Reihen der Gewerkschaften: So haben in Deutschland die meisten Gewerkschaften Beschlüsse gegen das teure und unnötige Großbauprojekt Stuttgart 21 verabschiedet. VertreterInnen von Gewerkschaften redeten auf Demonstrationen. AktivistInnen gegen Stuttgart 21 hatten sich auch mit dem Streik im Einzelhandel solidarisiert und zusammen mit den KollegInnen Streikposten organisiert. Im italienischen Susa-Tal gab es eine kämpferische Bewegung gegen eine Hochgeschwindigkeitstrasse. Die Gewerkschaft unterstützte die Proteste mit einem regionalen Massenstreik.
Solche kämpferischen Kampagnen der Gewerkschaft braucht es mehr. So z.B. auch in Graz. In der steirischen Landeshauptstadt sind seit Wochen die Proteste gegen das Murkraftwerk das bestimmende Thema. Dieses Kraftwerk richtet großen Schaden an der Umwelt an und verschlingt Millionen. Schon mehrmals sind tausende Menschen dagegen auf die Straße gegangen und es kam auch zu Besetzungen der Baustelle.
Von den Spitzen aus Politik und Wirtschaft wird behauptet, dass durch den Bau des Murkraftwerks über 1.000 Arbeitsplätze geschaffen würden. Selbst wenn das stimmen sollte, so sind diese Arbeitsplätze nicht dauerhaft. Sobald der Bau beendet ist, gehen sie verloren. Mittelfristig könnten sich die Arbeitsbedingungen für die KollegInnen bei der „Energie Steiermark“, dem Unternehmen, das hinter diesem Projekt steht, sogar noch verschlechtern. Das Kraftwerk reißt eine große Lücke in das Budget des Unternehmens. Solche Lücken werden gerne durch Entlassungen, Lohnkürzungen und Erhöhung der Arbeitszeit geschlossen.
Die Unterstützung der Gewerkschaft für das Murkraftwerk ist daher kurzsichtig. Stattdessen sollte die Gewerkschaft eine kämpferische Kampagne gegen das Murkraftwerk starten, die klar macht, dass Umweltschutz ein Thema ist, das auch ArbeiterInnen betrifft. Stellen wir uns vor, dass die Gewerkschaft in den Grazer Betrieben für die Demonstrationen gegen das Murkraftwerk mobilisiert und die Baustelle nicht besetzt, sondern bestreikt wird. Ein Anfang könnte sein, dass der ÖGB auf der nächsten Demonstration einen eigenen Block organisiert. Die Gewerkschaft hätte die Kraft dazu, eine solche Kampagne auf die Beine zu stellen, doch dafür müssen wir von der Basis aus Druck auf sie ausrichten. In Stuttgart und im Susa-Tal unterstützte die Gewerkschaft die Proteste, da ihre Mitglieder zu Tausenden in der Bewegung aktiv waren. Der Bau von Stuttgart 21 wirkt sich auch negativ auf die KollegInnen der Bahn aus. Sie drängten darauf, dass ihre Gewerkschaft aktiv dagegen wird. Gleiches gilt auch für Österreich. Der ÖGB ist unsere Kampforganisation, wir müssen sie uns nur zurückholen.