Mo 01.11.1999
Der Militärputsch vom Dienstag, den 12. Oktober 1999, markiert eine neue, und noch instabilere und spannungsgeladenere Periode in Pakistan und auf dem gesamten asiatischen Subkontinent.
aus einem Statement des Komitees für eine ArbeiterInneninternationale vom 15.10.´99
Der jüngste Putsch spiegelt den vollständigen Bankrott der feudalen und kapitalistischen Eliten in der neo-kolonialen Welt wider...Sowohl auf sozialer als auf wirtschaftlicher Ebene herrscht eine tiefe Krise; die staatlichen Institutionen befinden sich im Prozeß des Zusammenbruches; die Bürokratie benutzt ihre Positionen, um Millionen von Rupien abzuschöpfen; Minister aller Ebenen füllen Posten mit Familienangehörigen und Freunden, unabhängig von Qualifikation. Bestechung ist das einzige Mittel, damit überhaupt irgendetwas getan wird; die herrschende Elite ist in rivalisierende Interessengruppen gespalten; und religiöse und separatistische Konflikte nehmen zu.
Nawaz Sharifs rechte Regierung wurde im Januar 1997 gewählt. Pakistan ist weiter in die soziale und wirtschaftliche Katastrophe geschlittert. Über 100.000 ArbeiterInnen wurden entlassen, die Preise für Grundnahrungsmittel sind explodiert, während die Lebensmittel-Subventionen drastisch gekürzt wurden. Gleichzeitig haben Sharif und seine Clique von Familie und Freunden durch direkten Diebstahl enormen Reichtum angehäuft – aus der Staatskasse, Steuer-Nachlässen und riesigen Bestechungsgeldern. Unter breiten Teilen der Bevölkerung wurde Sharif gehaßt.
Sharif hat beim Versuch, die Macht zu halten, starke Elemente einer „zivilen Diktatur“ geschaffen. Er ritt Angriffe auf die Demonstrations- und Streikrechte – bis hin zum Verbot von Gewerkschaften in einigen Teilen des öffentlichen Sektors. Unter seiner Herschaft war Demokratie eine Farce.
Die extreme soziale und wirtschaftliche Krise spiegelte sich in tiefen Rissen innerhalb der Bürokratie, des Militärs und der wirtschaftlichen Elite des Landes wider. Die Spannungen zwischen Militär und der herrschenden Partei wurde verstärkt, als sich Nawaz Sharif unter dem Druck des US-Imperialismus für Kürzungen bei den Militärausgaben einsetzte und Versuche anstellte, Verhandlungen mit der herrschenden indischen Klasse über die Zukunft und das Territorium des besetzten Kashmirs zu beginnen. Dies stellte eine enorme Bedrohung für das Prestige und die Macht des Militäres dar. Der Auslöser für den Putsch war die Entlassung des neuen Armeechefs General Musharraf. Unter den Generalen selbst kam es zu Spannungen. Es spiegelt die Krise, der die bürgerliche Elite gegenübersteht, wieder.
Weitere Faktoren, denen sich die Generale gegenübersahen: der starke Druck des US-Imperialismus gegen eine offene Militärdiktatur; die Schwierigkeit dabei, den Präsidenten zu überzeugen, ihre Handlungen verfassungsmäßig zu legitimieren und den Wechsel zu einer Übergangsregierung zu ermöglichen; und die Probleme, einen geeigneten Kandidaten als Premierminister zu finden. Aber es ist unwahrscheinlich, dass dies zu einer brutalen und offen militärischen Diktatur führen wird, wie jene unter dem verhaßten Zia Ul-Haq von 1977-88. Es wird einen Zickzack-Kurs geben, gegen die korruptesten Elemente der herrschenden Elite, aber wenn notwendig auch gegen die Massen und gegen nationale Minderheiten!
Aber die Hauptangst des US-Imperialismus ist, dass die Spannungen zwischen den wichtigsten Atommächten der Region, Indien und Pakistan, ansteigen. Die Gefahr eines Krieges zwischen Pakistan und Indien zu einem späteren Zeitpunkt steigt wieder. Große Teile der Bevölkerung haben die Absetzung des verhaßten Sharif begrüßt, aber große Schichten haben auch Illusionen in das Militär. Fünfzig Prozent der Bevölkerung von Pakistan sind jünger als 25 und erinnern sich deshalb kaum an die letzte Militärdiktatur. Jene, die Illusionen haben, hoffen, dass es irgendwie zu Stabilität führen wird und zu besseren sozialen und wirtschaftlichen Zuständen. Diese Hoffnungen werden grausam zerschlagen werden.
Bewußtere Schichten sehen die Rückkehr des Militärs als einen Rückschlag – hier gibt es auch Widerstandsgeist. Egal welche Regierungsform, Feudalismus und Kapitalismus haben in Pakistan nur Armut, Entbehrung und Krieg für die ArbeiterInnen und Bauern bedeutet. Nur die pakistanischen Massen können, unter der Führung der ArbeiterInnenklasse, eine echte demokratische Regierung und ein Ende der sozialen Ausbeutung garantieren.