Do 01.06.2000
Bei den Londoner Wahlen am 7. Mai erhielt Tony Blair die Rechnung für seine Politik. Die Angriffe auf Gesundheits- und Bildungswesen und die Privatisierungspolitik stehen um nichts hinter denen der verhassten Torries zurück. Der Sieg von New Labour Dissident Ken Livingstone bei den Bürgermeisterwahlen hat die breite Ablehnung für Blairs Politik deutlich gemacht. Er zeigte auch die Notwendigkeit und Chancen für eine Kraft links von der Labour Party (LP).
Der ”Rote Ken” hat eine lange Tradition die auf seine Rolle im ”Greater London Council” in den 80er Jahren zurückgeht. Während er damals für Reformen stand, tritt er heute v.a. als Londoner ”Regionalnationalist” auf.
Zwar bedient er sich immer noch sozialer Rhetorik, erklärt aber gleichzeitig: ”Ich werde mit jedem Teil der Londoner Wirtschaft eine starke Partnerschaft aufbauen.” Er fordert – völlig zu Recht – mehr Geld für die Londoner Kommunalpolitik, schlägt aber gleichzeitig vor, dieses bei anderen Kommunen zu kürzen. Livingstones Kandidatur war ein ständiger Spagat zwischen ”Volkstribun” und dem Politiker, dem die Wirtschaft vertrauen kann.
Trotzdem wurde die Tatsache, dass das LP-Mitglied Livingstone gegen den Willen Blairs und gegen die LP kandidierte als linke Opposition und Alternative zu New Labour gesehen.
Livingstone folgt Scargill
Aber wie schon der Gewerkschaftsführer Scargill, so ist auch Livingstone nicht bereit, tatsächlich eine sozialistische und demokratische Partei links von der LP aufzubauen. Anstatt seine Kandidatur als Ansatzpunkt für die Formierung einer neuen ArbeiterInnenpartei zu nutzen, übergibt er Ämter an die LP. Politisch hat er bereits die ersten Erwartungen seiner 776,427 WählerInnen enttäuscht und nähert sich den Plänen der Regierung für die Privatisierung der Londoner U-Bahnen an.
Linke Kandidaturen
Gleichzeitig zu den Bürgermeisterwahlen fanden auch jene für die ”Greater London Assembly” (GLA) statt. Von den 25 Abgeordneten wurden 14 mittels Mehrheitswahlrecht und 11 in einem Verhältniswahlrecht auf Basis von Gesamt-Londoner Listen mit einer Hürde von 5% gewählt. Auch bei dieser Wahl verlor die LP stark. Dass heute keinE sozialistischeR AbgeordneteR in der GLA sitzt, ist auf die Zersplittertheit der Linken zurückzuführen. Zumindest vier verschiedene linke Listen traten gegeneinander an: die London Socialist Alliance (LSA), ein Zusammenschluss verschiedener linker Organisationen, die Kampagne gegen die Privatisierung der U-Bahn (CATP), eine von der Londoner RMT (U-Bahn-ArbeiterInnen-Gewerkschaft) unterstützte Liste, Scargills Socialist Labour Party und die Kommunistische Partei.
Die Socialist Party (SP), die britische Schwesterpartei der SLP, hat 1995 die Gründung der LSA initiert und auch lange eine wichtige Rolle in ihr gespielt. Bei dieser Wahl hat sie v.a. versucht, die konkurierenden linken Listen zusammenzubringen–durch Aufteilung der Wahlkreise oder durch eine gemeinsame Dachorganisation. Da das leider nicht gelungen ist, hat die SP die LSA unterstützt und der Kanidat der Socialist Alliance in Greenwich & Lewisham, SP-Bezirksrat Ian Page, erhielt mit 3981 Stimmen (4,2%) immerhin das drittbeste Ergebnis der LSA-KandidatInnen.
Eine Alternative aufbauen
Gemeinsam hätten LSA und CATP fast die benötigten 5% erreicht. Das zeigt die Notwendigkeit, einersteits künftig solche Spaltungen zu verhindern und andereseits die LSA zu einer Kraft für bisher noch unorganisierte ArbeiterInnen und Jugendliche zu machen.
Bei diesen Wahlen wurde das durch das unheitliche Vorgehen der Linken verhindert. Für einige Gruppen stand der kurzfristige eigene Nutzen zum Aufbau ihrer Organisationen gegenüber dem der LSA im Vordergrund.
Insgesamt haben die Wahlen aber gezeigt, dass es nicht nur eine Notwendigkeit, sondern auch ein enormes Potential für eine neue ArbeiterInnenpartei gibt. Die Unterstützung für die CATP und Livingstone aus den Gewerkschaften (die Mitglieder wählten teilweise bis über 90% für Livingstone und gegen den Labour Party Kandidaten) zeigt ihren Abnabelungsprozess von der LP. Wie auch in Österreich die SLP, sieht die Socialist Party in Britannien es als ihre Aufgabe, diesen Neuformierungsprozess voranzutreiben. Durch Bündnisse, durch Kandidaturen und v.a. durch die Beteiligung an Kämpfen der ArbeitnehmerInnen, Arbeitslosen, PensionistInnen und der Jugendlichen.