Do 01.06.2000
Der Wertverlust des EURO von ca. 25% innerhalb eines Jahres gegenüber dem US-Dollar ärgert nicht nur Reisende in nicht-EU Staaten. Der EURO-Verfall ist Ausdruck der Schwäche der europäischen Wirtschaft und der wachsenden Skepsis gegenüber dem ganzen EU-Projekt.
Europa erholt sich gerade erst ein wenig aus einer wirtschaftlichen Flaute (2% Wachstum im vorigem Jahr). Der hohe Dollar stellt eine gewisse Konjunkturhilfe dar, ohne die der „alte” Kontinent vielleicht schon in einer Rezession wäre: Außerhalb der EU sind EU-Produkte dadurch schlichtweg billiger. Umgekehrt würde eine Dollarabwertung – sie ist möglich, wenn der US-Konjunkturmotor ins Stottern gerät – fatale Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft haben. Gleichzeitig belastet aber der niedrige EURO-Kurs vor allem die öffentlichen Haushalte: Kapital bzw. Kredite auf den internationalen Finanzmärkten werden „teurer”, heimisches Kapital „flieht” aus dem EU-Raum zu stärkeren Währungen.
Hintergrund der EURO-Schwäche Das Dilemma des EURO-Projekts ist grundlegend: Es gibt zwar eine einheitliche Währung, aber kein einheitlich agierendes europäisches Kapital. Der Nationalstaat ist und bleibt die entscheidende Ebene der Finanzpolitik; zu groß sind die Unterschiede und Interessensgegensätze zwischen den verschiedenen (kapitalistischen) EU-Staaten. Im konkreten Fall des EURO-Tiefs bedeutet das, dass die EU-Institutionen keinerlei Möglichkeiten und (Finanz-)Mittel zur Verfügung haben, um durch eine gesamteuropäische Strategie der Krise des EURO etwas entgegenzusetzen. Damit geht allerdings ein weiteres Problem einher. Einig waren sich die europäischen Kapitalisten bis jetzt vor allem in einem Punkt – Sozialabbau. Das EURO-Projekt diente als Brechstange, um durch den Maastrichtvertrag und die Konvergenzkriterien Kürzungsmaßnahmen in den einzelnen EU-Staaten als notwendig zu verkaufen. Der Preis dafür: eine latente Skepsis gegenüber der EU. Diese drückte sich einerseits in Protesten und Streiks, andererseits auch in der Unterstützung für rechtsextreme Kräfte aus. Eine EURO -Krise könnte hier zu einer Explosion führen.
EURO-Tief wegen Sanktionen?
„Sanktionen wegen EURO-Tief“ kommt der Wahrheit dieser Krone-Schlagzeile schon näher: Angesichts der potentiellen Schwäche des EURO-Projekts versetzte der Regierungseintritt der vermeintlich – „EU–skeptischen” FPÖ die europäischen Regierungen in helle Aufregung.
Die Sanktionen stellen in erster Linie einen Warnschuss an Schüssel/Haider dar, sich in Sachen EURO brav zu verhalten. Die Präambel zum Regierungsprogramm hat weniger mit Menschenrechten zu tun, als mit einem feierlichen Versprechen von Schüssel und Haider, nicht vom dem EURO-Kurs auszuscheren.
Keine gemeinsamen „Werte”
Der Widerspruch zwischen den Versprechen in den Hochglanzbroschüren der EU und der EURO-Krise, dem Sozialabbau und dem Rassismus in allen EU-Staaten ist für viele ArbeiterInnen inzwischen augenfällig. In zentralen Fragen (EURO, Erweiterung, EU-Reform, Sanktionen...) herrscht Uneinigkeit. Demgegenüber gilt es, die Einheit gegen EU-Sozialabbau und Rassismus von „unten“ zu erkämpfen.