Mi 09.03.2016
Wenn Politik und Wirtschaft wieder mal anfangen, den Wirtschaftsstandort zu sichern, dann wissen die Meisten schon, was als nächstes kommt: schneller, länger und immer mehr arbeiten. Weil die Kosten für Arbeit im internationalen Vergleich angeblich zu hoch sind. Tatsächlich waren die Lohnstückkosten (Kosten, die für die Herstellung eines Produktes bzw. eine zu erledigende Arbeit aufgewendet werden müssen) aber lange Zeit rückläufig, bzw. sind in den letzten Jahren maximal stagniert.
Was uns von diesem Kampf um den Wirtschaftsstandort bleibt, sind Krankheit durch immer mehr Arbeit und eine Vernichtung von Arbeitsplätzen durch immer mehr Einsparungen. In der Produktion werden durch verschiedene Schichtmodelle Stillstände (=Atempausen) vermieden und durch schnellere Maschinen die Produktivität und gleichzeitig Arbeitsdruck und -intensität erhöht. Auch in anderen Bereichen steigt das Tempo: Vor allem die Pflege leidet ständig unter Ressourcenmangel, was weniger und schlechtere individuelle Betreuung bedeutet und nebenbei das Personal ins Burnout treibt. In vielen Bereichen gibt es Leistungssysteme, die aus den Beschäftigten noch mehr herausholen sollen. Viele davon werten nicht individuelle, sondern Gruppenleistungen, damit sich die Beschäftigten zusätzlich noch gegenseitig unter Druck setzen.
Der ÖGB hat auf den ständig steigenden Arbeitsdruck keine Antworten. Die jährlichen Lohnerhöhungen sind bestenfalls ein Inflationsausgleich, aber keine Antwort auf die steigenden Belastungen. Die Unternehmen fordern, dass wir länger und flexibler arbeiten – Stichwort: 12-Stunden-Tag. Die einzige Antwort kann für uns nur eine drastische Reduzierung der Arbeitszeit bei vollem Lohn- und Personalausgleich sein. Die Gewerkschaft muss dieses Thema endlich offensiv in Angriff nehmen. Durch eine breite und kämpferische Kampagne, die Arbeitslose und Erwerbstätige zusammenfasst, kann echte Arbeitszeitverkürzung erkämpft werden. Außerdem wäre eine solche Kampagne eine gute Schulung für Zusammenhalt und Solidarität, die wir in kommenden Kämpfen noch brauchen werden.