Mi 01.05.2002
Europa im 21. Jahrhundert: Rechtsextreme Wahlsiege, Sozialabbau und Rassismus einerseits, Massenproteste und Streiks dagegen andererseits. Die Widersprüche des Kapitalismus fordern eine neue ArbeiterInnenbewegung. Der Mai 2002 muß international ein Zeichen setzen: Für den Aufbau einer sozialistischen Alternative zu sozialer Not, Rechtsextremismus und Kriegsgefahr.
Der Kapitalismus ist nicht mehr unumstritten. 13 Millionen beim April-Generalstreik in Italien, 500.000 zuvor bei Protesten in Barcelona, Hunderttausende gegen den Rechtsextremismus gegenwärtig in Frankreich - sie stellen das System in Frage. Dieser Bewegung fehlt noch ein konsequentes sozialistisches Programm und entschlossene Massenparteien, die sich nicht den kapitalistischen Zwängen beugen, wie es Sozialdemokratie und Grüne tun.
Kriegsgefahr
Die globalisierte Protestbewegung muß, mitgetragen von Gewerkschaften, auch der Kriegspolitik eine Absage erteilen. Keine Bomben auf Afghanistan, Palästina oder den Irak! Nein zu den US-Interventionen auf den Phillipinen oder in Lateinamerika! Der US-Imperialismus ist die Bedrohung Nummer 1 für Frieden und Sicherheit in der Welt. Der Terrorismus kann nur gestoppt werden, wenn eine weltweite Bewegung der ArbeiterInnen und Armen die Wurzeln der Probleme anpackt: Kapitalismus bringt Arbeitslosigkeit, Not und Krieg.
Das System ist krank
Österreich ist ein Glied in dieser Krisen-Kette. Selbst die offiziellen Perspektiven der Wirtschaftsforschungsinstitute gehen von fortgesetzter Stagnation aus. Ein angeblicher Grund für die zukünftige Trendwende soll der Privatkonsum sein. Dazu steht die Wirklichkeit im Widerspruch: Sozialabbau, magere Lohnabschlüsse und Steuererhöhungen in Österreich. 2001 sanken die Nettoverdienste von ArbeitnehmerInnen um 0,8%. Die Arbeitslosenziffern sind der dramatische Ausdruck der Tiefe und Dauer der Krise. Zur Jahreswende waren 270.000 Menschen in Österreich arbeitslos. Soziale Not ist keineswegs die Ausnahme: 900.000 von 8 Millionen Menschen leben von weniger als 630,- Euro. 720.000 sind zur Zeit mindestens einmal pro Jahr arbeitslos. Nicht einmal im 8. reichsten Land der Welt kann der Kapitalismus Stabilität bieten. Laut einer Inserate-Kampagne der Regierung ist jeder Mensch in Österreich mit 15.770,- Euro verschuldet. Das theoretisch auf alle aufgeteilte Privatvermögen in Österreich brächte jedoch jedem/r mehr als 70.000,- Euro Guthaben. So schaut’s aus!
Handlanger des Systems
Die Umverteilungs-Politik von unten nach oben hat System. Die Regierung verwaltet die kapitalistische Unordnung. Sie ist geradezu gezwungen, weiter nachzusetzen und auf die Beschäftigten und Arbeitslosen einzuschlagen. Die ‘speed-kills’-Politik der Regierung wird durch die Krise beschleunigt. Die wichtigsten Bereiche zeichnen sich ab: Pensionen, Öffentlicher Dienst, der Bildungssektor und ArbeitnehmerInnenrechte allgemein. Der ÖGB stellte letztes Jahr fest, dass im Jahr 2003 ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen mit 3,14 Mrd. Euro belastet, hingegen der Unternehmenssektor mit 0,27 Mrd. Euro entlastet werden wird. Die Schlußfolgerung formuliert die ÖGB-Führung jedoch nicht: konsequenten Widerstand - auch mit Kampfmaßnahmen!
Dynamik der Veränderungen
Es gibt kein Zurück mehr in die Sozialpartnerschaft des 20. Jahrhunderts; die Verteidigung unserer sozialen und demokratischen Rechte kann nur durch eine Offensive erfolgen. Im Interesse der Beschäftigten, Arbeitslosen und Jugendlichen muß diese Regierung gestürzt werden. Am besten von einer Streik-Bewegung. Dafür müßte der ÖGB arbeiten. Seit der Urabstimmung über Kampfmaßnahmen laufen ihm die Mitglieder gerade deswegen davon, weil sie - zurecht - über die Passivität dieser Führung empört sind. Ansätze gäbe es genug: Bei der Post, im Bildungssektor und Öffentlichen Dienst, bei den EisenbahnerInnen .... Die ArbeiterInnenbewegung muß wieder Zähne zeigen. Blau-Schwarz hat den Klassenkampf angeheizt, die Antwort darf sich nicht auf Lippenbekenntnisse beschränken. Auch Österreich wird in der kommenden Zeit Dammbrüche sozialer und politischer Auseinandersetzungen erleben.
Krise der Opposition
Wenn SPÖ-Chef Gusenbauer meint: “Ich kann meiner Partei nicht oft genug sagen - Wettbewerb bringt günstigere Preise für die Konsumenten und mehr Jobs” (Presse, 13.4.2002) zeigt das, in welche ideologische Richtung die ‘Erneuerung’ der SPÖ weiter voran getrieben wird: nach rechts. Auch an ihren Taten kann man die SPÖ messen: Was macht sie mit ihrer Absoluten in Wien? Praktisch ist die SPÖ ohnehin beim Neoliberalismus angelangt: 8,2 % Erhöhungen bei den Wiener Linien, 15 % bei den Müllgebühren. Das ist der selbe Neoliberalismus wie bei Blau-Schwarz.
Widerstand ist machbar
Im Gegensatz zu Österreich erlebte Frankreich selbst in den 90er Jahren dramatische Streikbewegungen, die 1995 sogar im Sturz einer rechten Regierung gipfelten. Diese Erfahrungen können es den ArbeiterInnen und Jugendlichen in Frankreich erleichtern, Le Pen und die Grundlage seines Aufstiegs - neoliberale Politik - zurückzudrängen. Auch in unserem südlichen Nachbarland Italien deuten die Massenproteste (3 Millionen am 23. März; 13 Millionen beim Generalstreik am 16.4.) einen Ausweg an.
Strategische Aufgabe
Haiders Populismus ist heute in einer Krise. Der scheinbar unaufhalsame Aufstieg der extremen Rechten ist keineswegs ein Naturgesetz. Die antikapitalistische und ArbeiterInnenbewegung kann eine tatsächliche Alternative anbieten - diese würde Haider, Le Pen und Co. einen bedeutenden Teil ihrer Basis entziehen. Dazu ist eine unabhängige Position gegen Sozialabbau, Privatiserungen und Rassismus nötig und keine ‘nationale Einheit’, wie sie Chirac einfordert - gleich wie es die blau-schwarze Regierung zur Zeit der sogenannten ‘Sanktionen’ tat. Scheitert die Bewegung an dieser strategischen Aufgabe, kann eine Folge davon die Entstehung einer tatsächlich faschistischen Massenkraft sein. All diese Auseinandersetzungen werden in erster Linie auf der Straße und in den Betrieben entschieden. Die Forderung nach Demonstrations-Verbot von Westenthaler (FPÖ) und Khol (ÖVP) ist ein Vorgeschmack auf die Angriffe gegen unsere demokratische Grundrechte. Die Demonstration von 6000 vorwiegend Jugendlichen gegen den Naziaufmarsch am 13. April in Wien ist im Gegensatz dazu Lichtblick und Anknüpfungspunkt All diese Bewegungen verlangen nach dem jeweils nächsten Schritt: Ob Berlusconi, Schröder, Tony Blair oder Blau-Schwarz; sie sind nur die Handlanger der kapitalistischen Wirtschaft, die für Massenarbeitslosigkeit und soziale Not verantwortlich ist. Die neue ArbeiterInnen- und antikapitalistische Bewegung muß neue Massenorganisationen und eine ideologische Alternative entwickeln. Der Sozialsimus, als tatsächlich demokratisch geplante Wirtschaft und Gesellschaft, wird an Attraktivität gewinnen. Werden Sie mit der SLP und dem CWI (unsere Internationale) gemeinsam aktiv. Jetzt der SLP beitreten!