Do 08.10.2015
Die bevorstehenden Wien-Wahlen werden für die SPÖ von herausragender politischer Bedeutung sein. Gelingt es nicht einmal in dieser SP-Hochburg, größere Verluste zu vermeiden, sieht es für die Aussichten der Partei düster aus. Um zu verhindern, dass die Wienwahl sich in die lange Liste der sozialdemokratischen Debakel der vergangenen Monate einreiht, bemüht die Wiener SPÖ sich, allen nach links Tendierenden als die einzige Kraft zu scheinen, die den Siegeszug der FPÖ noch aufhalten könne. Dabei wird auch ein angeblicher Unterschied zwischen Bundes-SP und Wiener SP inszeniert. Das „rote“ Wien sei angeblich das letzte Bollwerk sozialdemokratischen Gewissens, während die Partei überall sonst stramm nach rechts geht - Wien ist schließlich anders, usw. So wird die Wahl als ein Duell Strache gegen Häupl dargestellt: Wählt rot, wenn Wien nicht blau werden soll! Wählt uns, wenn ihr demokratische Grundwerte verteidigen wollt! Wählt Häupl, wenn ihr ein Zeichen gegen die rassistische Flut setzen wollt!
Es ist nicht ausgeschlossen, dass dieses Kalkül bis zu einem gewissen Grad aufgehen wird. Es wird WählerInnen geben, die von der SPÖ schon lange schwer enttäuscht sind, aber trotz aller Kritik sozialdemokratisch wählen werden, in der Hoffnung so den Rechtsextremismus aufzuhalten. Wie ernst die FPÖ-Ablehnung der SPÖ ist, konnte man gerade im Burgenland beobachten, wo die SPÖ ihren Wahlsieg unverzüglich nutzte, um die FPÖ in die Regierung zu holen. Mag sich die Wiener SPÖ davon auch theatralisch distanziert haben, so weiß man doch, dass nach der Wahl oft alles anders ist.
Und selbst wenn die Wiener SPÖ es ehrlich meint und eine Koalition mit den Blauen wirklich unumstößlich ausgeschlossen bleibt, bedeutet das noch lange nicht, dass eine Stimme für die SPÖ deshalb eine Stimme gegen rechts ist. Denn die Sozialdemokratie verfolgt eine doppelte Strategie: Einerseits präsentiert sie sich nach links neigenden WählerInnen als letztes Bollwerk gegen die FPÖ. Gleichzeitig zeigt man nach rechts neigenden WählerInnen, dass man ohnehin zentrale Anliegen der FPÖ übernimmt und sie folglich auch gleich SPÖ wählen können. Ein Beispiel dafür ist die geplante Verschärfung der Vergabe von Gemeindewohnungen an MigrantInnen, mit der die SPÖ eine alte FPÖ-Forderung umsetzt und ihr damit den Wind aus den Segeln zu nehmen sucht. Und schließlich bereitet die unsoziale, unternehmerfreundliche Wirtschafts- und Sozialpolitik der SPÖ dem weiteren Aufstieg der FPÖ selbst den Weg. Denn entgegen der Wohlfühlpropaganda der SPÖ sind die sozialen Probleme in Wien groß und werden größer. Eine Partei, die eine Sozialkürzung nach der anderen durchsetzt, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen dichtmacht und dem ständigen Anstieg der Arbeitslosigkeit tatenlos zusieht, darf sich nicht darüber wundern, wenn bei der nächsten Wahl wieder mehr Menschen aus Protest blau wählen. Fast schon selbstironisch weist die Wiener SPÖ in ihrer aktuellen Plakatkampagne darauf hin, wo die eigentlichen Ursachen des blauen Siegeszuges liegen: In der Perspektivlosigkeit, die während der SP-Regierung das Los von immer mehr WienerInnen wurde.
Die Wienwahl ist kein Duell zwischen dem Unhold Strache und dem Helden Häupl. Beide sind, wenn auch mit anderen Nuancen, sich gegenseitig ergänzende Vertreter der Interessen der KapitalistInnen. Eine Stimme für Häupls SPÖ wird diese nicht nach links drehen, sondern ihr den Rücken stärken, weiterzumachen wie bisher und damit der FPÖ noch bessere Ausgangsbedingungen für die nächste Wahl zu schaffen. Was es braucht, ist eine echte sozialistische Alternative – die Kandidatur der SLP ist ein Schritt in diese Richtung.