Di 01.05.2001
“4.000 Lehrerinnen und Lehrer (dh. 86,9% aller LehrerInnen des Landes; Anm. d. Red.) haben sich am 28. März 2001 in Feldkirch versammelt, um gegen das Budgetbegleitgesetz und das Jahresnormmodell zu protestieren.” So lautet der 1. Satz der am Vorarlberger Lehrerinnen- und Lehrertag beschlossenen Resolution, in der ein Antrag auf unbefristeten Streik gestellt wurde. Der Großteil der LehrerInnen auf der Publikumsdiskussion am 28. März haben sich sogar für einen so genannten “wilden Streik”, das heißt für einen Streik ohne Unterstützung der Gewerkschaftsführung bzw. gegen diese, ausgesprochen.
“Es reicht! Wir wehren uns!” war das Motto der Demonstration. LehrerInnen “wurden von den Sparmaßnahmen dreifach getroffen: als Staatsbürger/innen, als öffentlich Bedienstete (zwei Nulllohnrunden!) und zusätzlich als Lehrer/ innen.” (aus der Resolution). Am selben Tag versammelten sich vor der GÖD-Zentrale LehrerInnen mit Transparenten gegen die mit dem Budgetbegleitgesetz beschlossene Arbeitszeiterhöhung, gegen Mehrbelastungen, Gehaltsminderung und Dienstpostenabbau und gegen das Kaputtsparen öffentlicher Schulen. Und das nicht aus “bloßer” Solidarität! Die Proteste in Vorarlberg - das weiß die Basis ebenso wie die ÖGB-Spitze - hätten den Anstoß für eine österreichweite Streikwelle bieten können. Sie wären eine Einladung an die anderen Sektionen und Bundesländer, sich zu beteiligen. Es würde nicht lange dauern, und schon gäbe es einen flächendeckenden Streik.
Von der Führung verraten
Dabei ist allen klar, dass nur sektions- und berufsübergreifende Maßnahmen zu einem wirklichen Ziel führen können. Die Solidarität unter den verschiedenen Berufsgruppen wächst. Doch genau das nutzt die regierungstreue Gewerkschaftsführung im öffentlichen Dienst zu ihren Gunsten aus. Ein Streik der z.B. AHS-LehrerInnen ohne Beteiligung anderer Sektionen (v.a. der PflichtschullehrerInnen) hätte keinen Sinn und wäre kontraproduktiv, heißt es. Neugebauer (Vorsitzender der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst-GÖD) ging soweit, den ebenfalls kampfbereiten Uni-Bediensteten mitzuteilen, es gebe keinen Streik, solange verhandelt würde! Sollten Verhandlungen mit dieser Regierung jedoch überhaupt einen Sinn haben, so würde ein Streik der Basis sowohl die Position der Gewerkschaft stärken, als auch (und davor haben sie ja Angst) die Gewerkschaftsspitze ebenso wie die Regierung unter Druck setzen.
Dennoch steigen die Gewerkschaftsbeitritte. Gleichzeitig steigt eben auch der Druck. Die Forderungen nach Rücktritt der gesamten Spitze werden immer lauter. Bei der Bundessektionswahl in drei Wochen wird der Vorsitzende der Pflichtschullehrergewerkschaft, Hermann Helm, nicht mehr kandidieren. Das ändert nichts am eigentlichen Problem, weil der nächste ÖVP-Gewerkschafter wird nicht besser. Aber es ist Ausdruck für eine Entwicklung. Ebenso der Einzug von Reinhard Sellner, eines linken AHSlers, in die Bundessektionsleitung der AHS.
Sich auf Boykottmaßnahmen zu konzentrieren, ist keine Lösung. Vor allem, wenn diese ohne Beteiligung der SchülerInnen ausgetragen werden. Sie sind nur ein Ausdruck für die Situation. Wir waren es, die 1998 die Proteste unter dem Slogan ”Schüler, Lehrer gegen Gehrer!” initiiert haben. Damals wie heute haben wir eng mit dem LehrerInnenforum Henriettenplatz zusammen gearbeitet und gemeinsame Aktionen organisiert. Doch um einen Streik kommen wir nicht herum.
Kämpferische Opposition aufbauen!
Das LehrerInnenforum wurde anlässlich der Kürzungen im Bildungsbereich 1998 von engagierten LehrerInnen der Schule Henriettenplatz ins Leben gerufen. Von Anfang an hat es sich als eine Plattform verstanden, um die so genannte Streikbewegeung im LehrerInnenbereich zu stärken und auszuweiten. Im Oktober 1998 haben wir gemeinsam einen ”Bildungswandertag” zum EU-Bildungsministertreffen in Baden organisiert und der ”Warnstreik” am 5. Dezember letzen Jahres ist nur durch das Engagement und den enormen Druck des LehrerInnenforums Zustande gekommen. Das LehrerInnenforum legt mit seiner Aktivität die Grundlage für den Aufbau einer wirklichen kämpferischen Opposition in der GÖD und dem gesamten ÖGB.