Mi 26.03.2003
Der Kollaps der Regierung 2002 war für Viele eine Erleichterung. Es gab die Hoffnung, damit sei zumindest die Einbindung der rechtsextremen FPÖ beendet. Über 80 % haben bei der folgenden Wahl gegen andere Parteien gestimmt. Aber obwohl es einen grundlegenden Vertrauensverlust in die etablierten Parteien gibt, behielten ÖVP und FPÖ eine knappe Mehrheit.
Trotz der enormen Ablehnung von Blau-Schwarz konnte die SPÖ diese Stimmung 2002 nicht nutzen. Immer mehr sehen die SPÖ (und Grün) bestenfalls als „kleineres Übel“. SPÖ oder Grün zu wählen, um Blau-Schwarz los zu werden, erwies sich als falsch - auch taktisch.
Nicht die ÖVP-Kampagne gegen „Haschtrafiken“, sondern u.a. die Erfahrungen mit „Rot“-Grün in Deutschland haben die „Alternative“ SPÖ-Grün untergraben. Zu Recht, denn auch eine solche Regierung hätte nicht mit neoliberaler Politik und selbst der rassistischen Asylpolitik gebrochen! Es hätte nur kosmetische Veränderungen gegeben.
Zur Erinnerung: ohne die Vorarbeit der SPÖ-geführten Sparpakete, Privatisierungen und Asylgesetze der 90er wären diese ÖVP- FPÖ-Angriffe so nicht möglich! Diese Politik entspringt den Notwendigkeiten des internationalen Konkurrenzdrucks im Kapitalismus. Wenn sich eine Partei diesen Sachzwängen beugt, ist sie dazu verdammt, Sozialabbau und Rassismus durchzuführen.
Grüne Desillusion
Auf der Suche nach einer halbwegs stabilen Sozialabbau-Regierung machte Schüssel auch bei den Grünen Station. Diese schreckten letztlich angesichts der weltweiten Zuspitzungen rund um den Irak-Krieg und der Massenprotesten zurück. Die Bedingungen der ÖVP (Militärbündnis, Beistandspflicht) gingen ihnen dann doch noch zu weit. Grundsätzlich hielt sie jedoch nichts davon ab, ernsthaft Detail-Verhandlungen zu führen. Die Grünen haben in der Praxis bewiesen, dass sie ein Teil des bürgerlichen Parteienspektrums sind und nicht Trägerin einer Gegenbewegung.
Die Regierung wird eine Regierung der Krise sein. Doch: wie stürzt die Regierung und was kommt danach? Hier haben SPÖ und Grüne wie in den letzten drei Jahren aus Sicht der ArbeitnehmerInnen, Arbeitslosen und Jugendlichen keine echte Alternative anzubieten. Die internatio- nalen Massenbewegungen der letzten Jahre, derzeit die Anti-Kriegs-Bewegung, finden neben und gegen diese Parteien statt. In Britannien ist die kriegstreibende Labour-Regierung geschwächt und besonders jene ArbeiterInnen, die sich in Arbeitskämpfen befinden, suchen nach einer Alternative zum neoliberalen „New Labour“.
Streiks gegen die Angriffe
Den vielversprechendsten Widerstand gegen die Angriffe der Regierung könnten die Organisationen der ArbeiterInnenklasse führen - das hat das Scheitern der “Widerstandsbewegung”, die sich auf Demonstrationen beschränkte, bewiesen: Der ÖGB muss den bisher hohlen Drohungen gegenüber der Regierung nun Taten folgen lassen. Die Mitgliedschaft muss bundesweit mobilisiert, informiert und zum Streik organisiert werden. Viele ArbeitnehmerInnen werden angesichts der drohenden Pläne noch stärker als zu Zeiten der Urabstimmung zu aktivem Widerstand bereit sein! Streiks sind ein berechtigtes und wichtiges Mittel, auf das wir nicht mehr verzichten sollten - zuviel steht auf dem Spiel.
Dass Teile des ÖGB noch immer an die SPÖ und eine „Sozialpartnerschaft“ mit Unternehmern und Regierung gekettet sind, ist ein Hemmnis für solche Gegenwehr. Um das zu überwinden, gehört der Kampf in den Gewerkschaften für den Aufbau einer Opposition zum fatalen Kurs der gegenwärtigen Führung dazu.
Gleichzeitig braucht es die Entwicklung einer neuen Partei für ArbeitnehmerInnen und Jugendliche, um Widerstand langfristig auf tragfähige Beine zu stellen. Eine neue ArbeiterInnenpartei muss sich von den Methoden und dem Anspruch der SPÖ vergangener Tage unter scheiden. Sie soll keine bloße „Stellvertreter“-politik machen, sondern versuchen, die Betroffenen zu aktivieren und über Grenzen wie Herkunft, Alter und Geschlecht hinweg gemeinsam zu organisieren. Für eine echte Alternative braucht es ein sozialistisches Programm. Sie muss unter den Sachzwängen von ArbeitnehmerInnen, Arbeitslosen und Jugendlichen stehen und nicht den Sachzwängen der Unternehmer-Interessen und ihres krisengeschüttelten Systems.
Die in SPÖ und Grüne herrschende Vorstellung eines letztlich verhandelbaren Kompromisses zwischen Unternehmern und Arbeit- nehmerInnen muss der Vorstellung der Notwendigkeit der internationalen Einheit von ArbeiterInnen und Jugendlichen weichen. Die Erfahrungen des SLP- Wahlkampfs 2002 und 20.9 % für die KP in Graz im Jänner deuten das Potential für eine neue ArbeiterInnenpartei an.
Derzeit gibt es noch keinen sichtbaren Ansatz für eine solche Partei. Doch das kann sich in kommenden sozialen und politischen Auseinandersetzungen rasch ändern. Die SLP wird jeden Ansatz konsequent unterstützen und kämpft schon heute für den Wiederaufbau der sozialistischen Bewegung. Entscheidend werden Massenbewegungen sein, die den Plänen von Regierung und Unternehmer einen Strich durch die Rechnung machen können.