Fr 11.04.2003
Im Windschatten des Krieges gegen den Irak setzt die österreichische Regierung zu einem beispiellosen Feldzug gegen Pensionen, Gesundheitswesen und Arbeitslosenversicherung an. Bereits Anfang Mai soll die Pensionssicherungs“reform“ beschlossen werden. Angeblich ist sie vor allem für „die Jungen“ unumgänglich, anders wären ihre Pensionen nicht zu sichern. Das einzig Sichere an dieser „Reform“ ist allerdings, dass die Regierungspläne das Ende der Pensionen bedeuten würden. Sogar der konservative Kurier nennt die Heftigkeit der Angriffe “die größten Einschnitte ins Sozialsystem in der 2. Republik.“
Sollte sich die schwarz-blaue Regierung mit ihren Vorhaben durchsetzen, wäre das mehr als „bloßer“ Sozialabbau. Die Gesamtheit der „Reformen“ kommen einer völligen Zerschlagung des österreichischen Sozialwesens gleich. Nur mehr wer es sich leisten kann, teure Privatversicherungen abzuschliesen, soll nach Schüssels Plänen künftig umfassend versichert sein.
Pensionen defacto abschaffen
Nach Regierungsplänen sollen Frauen, die nach 2030 in Pension gehen werden, 48% ihrer Pension verlieren, Männer 42%. Einkommenseinbußen in dieser Höhe könnten sich zwar die Herren Fasslabend und Stummvoll (jeweils über EUR 12.000 Pension) leisten, nicht aber einE durchschnittlicheR PensionsbezieherIn. Schon heute liegen die durchschnittlichen Pensionen von ArbeiterInnen unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz von knapp EUR 650,- (wer weniger erhält, bekommt eine Ausgleichszahlung vom Staat auf die 650.- Euro. Das ist also quasi die Mindestpension – wie man davon allerdings leben soll, erklären die PolitikerInnen nicht).
Es ist blanker Zynismus, wenn die Regierung behauptet, dass durch die Halbierung der Pensionsbezüge, die Pensionen gesichert würden. Diese Reform ist nicht die Sicherung der Pensionen, sondern deren Abschaffung.
Arbeitslose vor dem Nichts
Durch die Abschaffung der Frühpension, wird die Arbeitslosigkeit weiter steigen, also wird auch dort gekürzt. Durch die Umwandlung der Notstandshilfe in Sozialhilfe, wären Arbeitslose, die länger als 6 Monate arbeitslos sind, auf Almosen angewiesen und hätten keinerlei Rechtsanspruch auf eine Unterstützung. In manchen Bundesländern ist die ohnehin erbärmlich niedrige Sozialhilfe nach Ende der Notlage oder von Angehörigen zurückzuzahlen. Justizminister Böhmdorfer verschärft die Lage noch mit einem neuen Strafrechtsparagraphen, der „Sozialbetrug“ unter Strafe stellt (6 Monate bis 5 Jahre), übrigens eine Forderung aus dem FPÖ-Programm. JedeR KollegIn, die/der vergisst ein Sparbuch der „Pepi-Tant´“ bei der Sozialhilfestelle anzugeben, riskiert in Zukunft eine Gefängnisstrafe.
Wie das Sozialsystem sichern?
Die Gewerkschaft der Privatangestellten stellt in ihrer Stellungnahme zum Regierungsprogramm richtig fest, dass diese „Reform“ keineswegs notwendig wäre, um das Pensionssystem zu „retten“, sondern dazu dient, das
Pensionssystem derart kaputt zu schlagen, dass ein größerer Markt für Privatpensionen entsteht. Zur Förderung der Privatpensionen hat die Regierung ja jede Menge Geld, nicht aber für das öffentliche Pensionswesen. Geld ist genug da, es ist nur in den falschen Händen. Ob die Pensionen finanzierbar sind, hängt nicht davon ab, wieviel „Junge“ auf eineN Pensionisten/in kommen, sondern ist eine politische Entscheidung. Wenn Geld für Abfangjäger und Steuergeschenke für Reiche und Unternehmen da ist, dann scheitert es nur am politischen Willen, wenn kein Geld für Pensionen da ist. Geld hat nämlich kein Mascherl!
Durch Abschaffung der Vermögenssteuer und durch das Reiche extrem begünstigenden Stiftungsrecht sind in den letzten Jahren die Steuereinnahmen aus Gewinn und Vermögen drastisch zurückgegangen. Ausserdem sind in den Kollektivverträgen meist nicht einmal die Inflation und die Teuerungen durch den Sozialabbau abgegolten worden, geschweige den die Produktivitätssteigerung. Wäre das geschehen, wären die Beiträge zur Sozialversicherung entsprechend höher gewesen. Die schon lange geforderte Wertschöpfungsabgabe, bei der Maschienenleistung (die Arbeitsplätze wegrationalisiert) besteuert wird, hätte eine zusätzliche Einnahmequelle bedeutet. Und dann gäbe es heute keine Engpässe in der Sozialversicherungen.
Dass das alles nicht durchgesetzt wurde, ist auf die ÖGB-Führung zurück zu führen, die noch immer an die Sozialpartnerschaft, in deren Rahmen die bisher größten Belastungswellen der 2. Republik gegen die ArbeiterInnenklasse durchgesetzt wurden, glaubt. Um die nun anstehenden Attacken gegen das Sozialsystem abzuwehren, ist eine Offensive der Gewerkschaften nötig, die nicht beim Abwehren der Regierungspläne stehen bleibt, sondern die eine echte Umverteilung von unten nach oben bei Löhnen/ Gehältern, Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen bringt.
Die Gewerkschaften sind nicht dazu da, den Sozialabbau erträglicher zu machen, sondern für die Interessen der ArbeiterInnen einzutreten. Statt, wie in der aktuellen ÖGB-Zeitung „Solidarität“ schwammig „staatliche Investitionen“ zur Konjunkturbelebung und „gerechte Reformen“ zu fordern, wäre es an der Zeit ein alternatives Programm zu Regierungs- und Oppositionspolitik zu formulieren, dass sich an den Bedürfnissen der arbeitenden Menschen orientiert und nicht an den Profitinteressen der obersten 500.
Die Sozialistische LinksPartei steht für ein solches Programm:
- Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche, 6 Stunden pro Tag bei vollem Lohn- und Personalausgleich, um die Arbeitslosigkeit wirksam zu bekämpfen.
- Wertschöpfungsabgabe als echte Unternehmerbeiträge zu den sozialen Sicherungssystemen. Wiedereinführung der Vermögenssteuer, Abschaffung des Stiftungsgesetzes, für echte Steuerprogression. Senkung der Lohnsteuern und Abschaffung aller Massensteuern.
- Offensive Lohnrunden seitens des ÖGB. Ziel dabei muss sein, dass erstens Frauenlöhne an Männerlöhne angeglichen werden und zweitens, dass mindestens Inflation- und Produktivitätssteigerungen abgegolten werden. Mindestlohn von EUR 1.100,- netto für alle ArbeitnehmerInnen.
- Anhebung der Mindestpension und des Arbeitslosengeldes auf EUR 1.100,- netto. Unbefristete Bezugszeit des Arbeitslosengeldes.
- Kostenloser und unbeschränkter Zugang zum Gesundheitswesen für alle in Österreich lebenden Menschen.
- Recht auf Pensionsantritt mit 55 für Männer und Frauen unter Wahrung aller Ansprüche.
Streik ist nötig. Jetzt!
Die Unternehmer haben in den letzten Jahren bereits Milliarden von unseren Geldern in ihre Taschen geschleust. Sie werden nicht freiwillig bereit sein, auch nur einen Cent wieder rauszurücken. Im Gegenteil, wie die Regierungspläne deutlich machen, haben sie noch immer nicht genug. Wenn also die Regierungspläne zurückgeschlagen werden sollen, müssen ihnen die Gewerkschaften mit aller Kraft entgegentreten, das heißt mit Streikmaßnahmen, die die Unternehmer wirklich treffen.
Der ÖGB hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er von selbst nicht adäquat reagiert. Deshalb muss Druck von unten aufgebaut werden. Deshalb ist es nötig, dass möglichst viele ÖGB-Mitglieder, Betriebsratskörperschaften, Personalvertretungsausschüsse, aber auch SchülerInnen- und Studierendenvertretungen beim ÖGB Kampfmassnahmen einfordern. Es reicht nicht, wenn ÖGB-Vorsitzender Verzetnitsch sich einmal auf die Strasse stellt und die Gewerkschaftszeitung verteilt. Er soll die 88% der Urabstimmung für Kampfmaßnahmen endlich ernst nehmen. Dazu braucht es umgehend die Einberufung einer österreichweiten Konferenz für aktive GewerkschafterInnen und BetriebsrätInnen, auf der Kampfmaßnahmen und die Ziele der Streiks beschlossen und organisatorisch und politisch vorbereitet werden sollen.
Da die Regierung bereits Anfang Mai die Pensions“reform“ durchs Parlament bringen will, ist ein eintägiger, bundesweiter und branchenübergreifender Streiktag, sowie die Vorbereitung weiterer Streiks, dringend notwendig. Der ÖGB hat schon zu lange gewartet, jetzt muss er endlich zum Handeln gebracht werden!
Die Sozialistische LinksPartei versucht Menschen, die bereit sind diese Kampagne zu tragen, zusammen zu bringen. Rufen Sie/Schreiben Sie!