Fr 26.10.2012
Revolutionen sind die Lokomotive der Geschichte, schrieb schon Marx. Heute befindet sich die Gesellschaft in einer Wirtschaftskrise und steckt in der Sackgasse fest. Die Frage nach einer Revolution, die wie eine Lokomotive die Gesellschaft aus der Krise herausreißen kann, steht gerade in Ländern wie Griechenland oder Syrien auf der Tagesordnung.
Die Geschichte des 20. Jahrhunderts ist reich an Beispielen für revolutionäre Bewegungen. Aber auch reich an Beispielen für die Bedeutung von revolutionären Parteien. Die „einfachen“ Menschen und vor allem die ArbeiterInnenklasse haben immer bewiesen, dass sie Revolutionen „machen“ können. In der Russischen Revolution von 1905 wurden Räte (=russ. Sowjets) als Organe der Revolution gewählt. Auch im Spanien der 1930er Jahre oder 1968 in Frankreich griffen die Massen nach der Macht. Trotzdem gelang es oft nicht, die revolutionäre Bewegung zum Sieg zu führen. Der entscheidende Unterschied beim Erfolg in Russland 1917 war die Existenz einer starken, vorbereiteten und mit politischer Klarheit ausgestatteten revolutionären Partei – den Bolschewiki.
Die Sowjets von 1905 waren das zentrale Instrument in der Hand der Revolution. Mit der Februar-Revolution 1917 wurden wieder Räte gewählt. Sie bildeten aber nicht die neue Regierung und hatten formal nur wenig Macht. Die Regierung bestand aus bürgerlichen Parteien in Kooperation mit den nach westlichem Vorbild handelnden sozialdemokratischen Parteien der Menschewiki und Sozialrevolutionäre. Anfangs herrschte auch bei den Bolschewiki noch Unklarheit. Kamenew, Stalin, Rykow und Molotow unterstützten die provisorische Regierung. Einige forderten sogar die Wiedervereinigung mit den Menschewiki. Lenin setzt sich schließlich mit der Forderung „alle Macht den Sowjets“ und seinen April-Thesen gegen sie durch. Als die Illusionen in der Regierung noch groß waren, hatten die Bolschewiki bei den Wahlen zu den Sowjets nur ein paar Prozent. Trotzdem blieben sie ihrem revolutionären Programm treu und kämpften unermüdlich gegen die Macht von Kapital und Großgrundbesitz und damit gegen die provisorische Regierung. Im Gegensatz zu den anderen Parteien konnten die Menschen die Bolschewiki nicht für die Politik der neuen Regierung verantwortlich machen. Ihr Ansehen und ihr Einfluss stiegen rasant, während die Unterstützung für die Regierung und ihre Parteien ebenso schnell fiel.
Die Politik der Menschewiki findet heute ihre Entsprechung in den Koalitionsregierungen von „linken“ Parteien mit bürgerlich-kapitalistischen Parteien. So zum Beispiel die LINKE in Deutschland. Dort wo sie in Regierungsverantwortung eingebunden ist, steht sie nicht für einen radikalen Kurswechsel, sondern trägt Kürzungen und Sozialabbau mit. Man betreibt eine Politik des sogenannten „kleineren Übels“ oder der „Sachzwänge“. Es wird zwar versucht, Druck auf die bürgerlichen Parteien auszuüben, um ein paar Verbesserungen zu erreichen – meist aber nur, damit es nicht ganz so schlimm wird. Das System der Kapitalisten, das Eigentum der Banken und Konzerne als wirkliche Probleme werden nicht angetastet. Das macht an solchen Koalitionen beteiligte „linke“ Parteien mitverantwortlich für Einsparungen, Lohnkürzungen usw. Doch diese Politik führt auch zur Enttäuschung der Menschen, die teilweise große Hoffnungen und Erwartungen in diese Parteien stecken. Vielversprechende Bewegungen können so weit zurückgeworfen werden.
Das wirft die Frage auf, welche Partei wir heute brauchen. Wir brauchen eine Partei, die bei den heutigen Bewegungen ansetzt, aber nicht im Rahmen des Kapitalismus stecken bleibt. Die Sozialdemokratie ist verbürgerlicht. Das heißt nicht, dass sie nicht noch Teile der ArbeiterInnenbewegung (z. B. den ÖGB) kontrollieren kann. Es bedeutet aber, dass die Gewerkschaften kaum bis gar keinen Einfluss mehr auf deren Politik haben. Das ist der Unterschied zu früher. Die SLP arbeitet daher für den Aufbau einer neuen ArbeiterInnenpartei. Eine solche Massenpartei wäre in der heutigen Situation ein großer Fortschritt. In manchen Ländern wie Griechenland oder Frankreich gibt es bereits Ansätze für solche Formationen. Unsere Aufgabe als revolutionäre Organisation ist es, in solchen Parteien für ein sozialistisches Programm und eine sozialistische Politik – letztlich für einen revolutionären Kurs - zu kämpfen. Gerade in Zeiten der Globalisierung muss eine solche Partei auch international vernetzt sein, um den Konzernen und Banken entgegentreten zu können. Das waren die Grundziele der Bolschewiki, die heute noch so aktuell wie damals sind.