Bessere Bildung dank Volksbegehren?

Gemeinsam mit neoliberalen Wirtschaftsvertretern werden wir keine Verbesserungen erreichen!
Margarita Döller

Die Situation im Bildungswesen ist katastrophal. SchülerInnen und LehrerInnen gehen nach der Schule frustriert nach Hause, StudentInnen zwängen sich in überfüllte Hörsäle, viele Bildungsangebote kann man/frau sich nicht leisten und und und. Der Wunsch aller Beteiligten (SchülerInnen, StudentInnen. Lehrenden und Eltern) nach Veränderungen ist enorm. Das „Bildungsvolksbegehren“ wird von vielen als eine Möglichkeit gesehen, endlich was zu tun. Unterstützt wird es u.a. von einigen Wirtschaftsverbänden wie dem Wirtschaftsforum der Führungskräfte oder der Industriellenvereinigung (IV). Auf der Homepage www.vbbi.at findet man allgemein formulierte Forderungen, die versuchen, möglichst viele Schichten anzusprechen. Doch was steckt wirklich hinter den Forderungen und dem Programm, das auch die AK, Teile der SPÖ und der Grünen unterstützen?

Viele Forderungen wie „Abschaffung von Sitzenbleiben und ein Ende der Nachhilfe“, „Aufwertung des Lehrberufes“, „selbstständiges, kreatives Lernen“ oder für die „Erhöhung der öffentlichen Finanzierung (der Universitäten) auf 2% der Wirtschaftsleistung“ klingen gut. Tatsächlich sind die Forderungen aber recht allgemein gehalten. Stutzig macht auch, WER es puscht und unterstützt. Wenn man/frau genauer hinschaut, dann sind zwei rote Fäden zu erkennen, die sich durchs Programm ziehen: Leistungsorientierung (gilt für Lernende und Lehrende) und die weitere Öffnung des Bildungswesen für die Wirtschaft. Das heißt im Klartext: Es geht nicht um Bildung an sich, sondern darum, Menschen als Arbeitskräfte für die Wirtschaft fit zu machen. Nur jene, die sich gegenüber den anderen durchsetzten können und dem Leistungsdruck von klein auf standhalten, sollen belohnt werden. Der Rest bleibt auf der Strecke. Und nur jene, die sich der Wirtschaft im Laufe des Studiums anbiedern, werden gefördert. Der Rest muss selber schauen wie er/sie sein Studium finanziert und danach auf einen Arbeitsplatz hoffen.

Wenn das Volksbegehren mehr Geld für die Unis fordert, sagt es nicht dazu, woher das Geld dafür kommen soll. Das ist aber die Kardinalsfrage! Angedeutet wird, dass die Wirtschaft nicht dafür aufkommen soll. Das ist nicht weiter verwunderlich, weil die diversen Wirtschaftsverbände in der Vergangenheit Steuererleichterung um Steuererleichterung für die Unternehmen und Reichen mit Hilfe der Regierungen durchsetzten konnte. Das Geld soll wieder einmal von den Betroffenen selbst kommen bzw. durch Sozialabbau beschafft werden, bei dem IV & Co. immer an vorderster Front dabei waren. Studiengebühren und Studienkredite sollen die Defizite der Unis stopfen und den Druck auf Studierende weiter erhöhen. Im Schulwesen werden vielleicht weitere Einsparungen bei den LehrerInnen die Folge sein. Sie sind im Kampf für echte Verbesserungen im Bildungswesen also kein Bündnispartner.

Einigkeit besteht darin, dass sich etwas ändern muss. Verständlich, wenn es angesichts des Jahrelangen Herumwurschtelns die Hoffnung gibt, das Volksbegehren würde was ändern. Doch dafür wird ein Kreuzerl im November nicht reichen. 1997 unterzeichneten 11,17% der Wahlberechtigten das Frauenvolksbegehren. Bis jetzt wurden keine der Forderungen verwirklicht. Ein Volksbegehren kann auf ein Thema aufmerksam machen. Das ist beim Bildungsthema nicht mehr nötig. Doch Druck aufbauen kann es kaum.

Was wir brauchen ist ein Zusammenschluss von SchülerInnen, StudentInnen, LehrerInnen, Unibeschäftigten usw. die aus Sicht der Betroffenen und nicht der Wirtschaft ein Programm und einen Aktionsplan entwickeln. „Geld für Bildung statt für Banken“, der Slogan der Uniproteste 2009/10, trifft dabei den Nagel auf den Kopf. Die Frage nach Demokratie im Bildungswesen ist dabei auch wichtig - das Vokabel findet sich „zufällig“ in den Forderungen des Bildungsvolksbegehrens nicht wieder.

Wo bleibt die Gewerkschaft, wenn es darum geht etwas zu verändern? Das Thema Bildung betrifft ALLE Gewerkschaftsmitglieder! Teile der Gewerkschaft unterstützen das Volksbegehren und signalisieren so der Mitgliedschaft, dass das reichen würde. Dampfablassen durch eine Unterschrift anstatt Kämpfe organisieren ist leider die gängige Methoden im ÖGB. Doch anstatt sich mit IV & Co ins Boot zu setzen sollte der ÖGB die eigene Basis mobilisieren und so echten Druck auf Regierung & Wirtschaft aufbauen. Um das zu erreichen müssen wir allerdings erst einen Kurswechsel im ÖGB erkämpfen. Wirkliche Verbesserungen im Bildungswesen können nur OHNE die IV und nur MIT dem gemeinsamen Kampf der Betroffenen erreicht werden.

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