Fr 06.05.2011
Mit der Festnahme Gottfried Küssels und den Hausdurchsuchungen bezüglich der Website „alpen-donau.info“ kam in die Schlagzeilen, was sonst gerne daraus ferngehalten wird: die neofaschistische Szene Österreichs. Nach langem Zögern gerieten Innen- und Justizministerium so unter Druck, dass gegen die Nazi-Seite vorgegangen werden musste.
Monatelang konnten die Nazis ungehindert ihre Propaganda und Drohungen weiterbetreiben – und wohl auch Beweise beiseite schaffen? Diese Halbherzigkeit im Kampf gegen die extreme Rechte ist keine Ausnahme. Der Verfassungsschutz spricht von einem „gleich bleibend niedrigem Niveau“ im Bezug auf Rechtsextremismus. Im Kontrast dazu steht die Zunahme rechter Gewalt: Immer wieder kommt es zu Angriffen auf antifaschistische AktivistInnen, MigrantInnen und Homosexuelle.
Fekter macht den Vogel-Strauss
Doch Politik und Polizei schauen weg: Als ein SLP-Mitglied in Linz gezielt von RFJ-Kadern attackiert wurde, wurde die Anzeige nicht ernst genommen. Als Nazis in Wien-Floridsdorf versuchten ein migrantisches StudentInnenheim anzuzünden zog die herbeigerufene Polizei schnell wieder ab und ermöglichte so einen zweiten Angriff in nur einer Nacht. Wenn eine linkes Vereinslokal in Salzburg regelmäßig von Nazi-Banden terrorisiert wird redet der Verfassungsschutz lediglich von besoffenen Fußballfans und tut nichts. Nazi-Schmierereien in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen werden als „Lausbubenstreich“ verharmlost...
Nicht erst seit den kürzlich vorgenommen Hausdurchsuchungen ist bekannt, dass die neofaschistische Szene auch über ein großes Waffenarsenal verfügt. In Nazi-Foren werden auch Brand-Anschläge und Attentate diskutiert. Warum „übersieht“ der Staat diese reale Gefahr und geht gleichzeitig umso brutaler gegen Linke und TierschützerInnen vor?
Nazis gegen Kapitalismus?
Nazis haben durchaus eine „Funktion“ für die Herrschenden. Einerseits sollen sie Jugendliche von sozialistischen Ideen, die den Kapitalismus gefährden, abhalten. Sie verwenden in ihrer Propaganda bewusst antikapitalistische Phrasen. So wie der Begriff „Nationalsozialismus“ oder das Faseln von der „nationalen Revolution“. So ist es auch zu erklären, dass die Neo-Nazi Szene in der Wirtschaftskrise stark angewachsen ist. Statt wirklich gegen Kapitalismus zu kämpfen beschwören sie eine „jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung“. In der Praxis sind Nazis entschiedene Verteidiger des Kapitalismus: Mit ihrem Terror gegen Linke, MigrantInnen, JüdInnen, GewerkschafterInnen, Homosexuelle und viele andere schüchtern sie den Widerstand gegen den herrschende System ein. So nehmen sie dem Staat die Arbeit ab.
Doch manchmal gehen sie auch dem Staat zu weit, werden zu aggressiv, zu offensiv. Der Druck auf den Staat, endlich was gegen die braunen Brandstifter zu machen wird stärker. Dann geht der Staat auch mal gegen die Naziszene vor. Zusätzlich hat das den Effekt, dass sich PolitikerInnen, die sonst für ihre rassistische Politik bekannt sind, plötzlich als „AntifaschistInnen“ präsentieren und von ihrer sonstigen Politik ablenken können. Mit Küssels Verhaftung kämpft Bandion-Ortner auch um ihren eigenen Job.
Die Blauen und die Braunen
Eine wichtige Basis für die Arbeit der Braunen sind die Verbindungen zur FPÖ. Nazis (auch gewalttätige) gehören quasi zum Inventar von FPÖ-Veranstaltungen. Laufend werden Querverbindungen aus FPÖ, RFJ etc. zur Naziszene bekannt. FPÖlerInnen aller Parteiebenen fallen damit auf, dass sie im Internet die Nähe zu Nazitexten nicht scheuen, sich gegen das Verbotsgesetz aussprechen, ein ewiggestriges Familienbild vertreten oder bei Veranstaltungen auftreten, bei denen sich das Who-is-Who der Naziszene trifft. Die FPÖ ist selbst keine faschistische Partei, doch sie dient den offenen Nazis als Brücke in die Mitte der Gesellschaft.
Wie gegen Nazis kämpfen?
Die Bedrohung durch Nazis ist nicht so elementar, wie z.B. in Teilen Ost-Deutschlands oder in Ungarn. Doch sie sind auch bei uns eine ernsthafte Gefahr. Es ist zu begrüßen, wenn PolitikerInnen klare Worte gegen die braune Gefahr finden. Doch leider bleibt es meist bei Worten und Betroffenheit. Wenn z.B. eine antifaschistische Gedenkveranstaltung nicht aktiv gegen Naziprovokationen geschützt wird – was ist dann ihre Aussage?
Der „offizielle“ Antifaschismus setzt auf den Staat – und muss damit scheitern. Und er trennt die rechte Gefahr von der sozialen Frage. Doch wer Faschismus wirklich bekämpfen will muss wissen, was dahinter steckt. Der Faschismus hat seine Wurzeln im Kapitalismus und auch heute braucht dieses System die Nazis in einem gewissen Umfang, um echte antikapitalistische Bewegungen aufzuhalten. Nur gegen Nazis zu kämpfen ist also viel zu wenig! Der Kampf gegen Nazis muss immer mit dem Kampf gegen soziale Ungerechtigkeit verknüpft werden. Das Ende des Faschismus kommt mit dem Ende des Kapitalismus!