Albanien: Trotz Terror und Gewalt Massenerhebung

Max Brym, CWI-Deutschland

Die Ereignisse in Tirana vom 21. Januar erschüttern nach wie vor die albanische Öffentlichkeit. Die „Sozialistische Partei“ (SP) unter Edi Rama hatte zum Protest gegen die Regierung Berisha aufgerufen. Die 300.000 Menschen, welche auf die Straße gingen, taten dies, um ihr soziales Elend zu beseitigen und die Freiheit zu erleben.

Armut und Massenarbeitslosigkeit

Albanien hat nach Kosova den schlechtesten Lebensstandard in Europa. Große Teile der albanischen Arbeiter gehen nach Griechenland, um dort als Billigarbeiter eingesetzt zu werden. Die offizielle Zahl der Arbeitslosen, angegeben mit 16 %, ist ein schlechter Witz - in Griechenland gibt es 500.000 albanische Migranten. Viele Arbeitslose, vor allen Dingen Jugendliche, haben es aufgegeben, sich bei den Arbeitsämtern zu melden. Die Armut und die Not dominieren das Leben in Albanien.

Der Protest am Freitag, den 21. Januar war absolut gerechtfertigt. Einige Tage vor der Demonstration brachte eine Fernsehsendung das Fass zum überlaufen. In einer Sendung wurde Außenminister lir Meta dabei gezeigt, wie er 700.000 Euro kassierte wegen dem Verkauf eines Wasserkraftwerkes.

Berisha und Rama

Dennoch sollten die Massen offiziell nur Spieler auf einem Schachbrett bleiben. Zwei korrupte Parteien stehen sich in Albanien gegenüber: der Berisha-Clan und der Clan um Edi Rama. Beide politischen Parteien stehen für Neoliberalismus, Privatisierung und Korruption.

Berisha sieht sein Land auf dem Weg nach Europa. Dies sieht in der Realität so aus: Die ausländischen Investoren in Albanien zahlen keinerlei Steuern, die ausländischen Kapitalisten genießen den Status der Immunität. Ergo kein Arbeitsgesetz, keinerlei Mindestlohn, keinerlei Tarifvertrag existiert in diesen Fabriken. Die internationalen Kapitalisten müssen keinerlei Staatskontrolle in Betriebsangelegenheiten befürchten. Sie genießen diplomatische Immunität. Nachdem dies gesetzlich unter Dach und Fach war, kamen viele italienische Textilfabrikanten ins Land.

Zudem soll in der Nähe von Vlora ein italienisches AKW gebaut werden. Der Atomkraftwerksbetreiber hat in Italien Probleme wegen Verstößen gegen die dortigen Sicherheitsauflagen.Daraufhin beschloss das Unternehmen, das AKW nach Albanien zu verlagern. Allerdings gibt es zahlreiche Initiativen im Raum Vlora, welche gegen das Atomkraftwerk kämpfen.

„Sozialistische Partei“ - bürgerliche Opposition

Jetzt zurück nach Tirana, wo die Polizei bei der Demonstration der „Sozialistischen Partei“ am 21. Januar drei Personen erschoss. Es sei aber darauf verwiesen, dass auch die „ Sozialistische Partei“ keine Alternative darstellt. Eine große Zahl ihrer Abgeordneten sind Geschäftsleute. Der Publizist Lulzim Hoxha schrieb auf der linken Website „Saktavista“ (die dem Institut Antonio Gramsci nahesteht) einen Artikel unter der Überschrift: „Ein Schlag ins Gesicht der rotierenden Diktatoren“. Damit meinte er, dass sich die Massen sowohl von Berisha als auch von Edi Rama trennen werden. In der Tat, seit 1997 wechseln sich „Sozialisten“ und „Demokraten“ in der Regierung ab. Beide machen jeweils die gleiche Politik, wobei Berisha noch durchsichtiger seine komplette Familie profitieren lässt. Von Lulzim Hoxha stammt auch ein Artikel, in dem er in der Überschrift vom „verdrehten Willen zur Freiheit“ schreibt. Damit meint er die beginnende Rebellion in Albanien, welche sich allerdings von beiden Lagern lösen muss. Lulzim Hoxa schreibt weiter: „Die Politiker sind Verbrecher! Nieder mit dem Klientelsystem! Vorwärts gegen Elend und Not! Für die Freiheit!“

Von wem geht Gewalt aus?

In „Saktavista“ stellt Arbër Zaimi (Mitglied vom Institut Antonio Gramsci) am 22. Januar, dem Tag nach den Ereignissen in Tirana, die Frage: „Welche Gewalt ist legitim?“ Diese Frage hat nicht nur mit Albanien und Kosova zu tun, sondern sie ist nach Zaimi eine „internationale Frage“. Am Anfang seines Artikels schreibt Zaimi: „Gestern und heute brachten Analysten, Kolumnisten, Medienleute, Politiker, internationale Journalisten ihre abgestandenen Formeln vor, wonach Gewalt, die Rückständigkeit der albanischen Nation demonstriere.“ In der Tat, diese Meute hat immer dieselben Argumente. Die Leute, welche abstrakt von „Demokratie“ in Albanien reden, reden nach Arbër Zaimi dummes Zeug. Zaimi schreibt: „Am 21. Januar war die genuine Aufführung der Demokratie. Dieser Akt war der ehrlichste Akt in den letzten 20 Jahren.“

Wer demonstrierte am 21. Januar?

Es gibt bezüglich des 21. Januar das banale Argument, dass nur Leute von der „Sozialistischen Partei“ protestiert hätten. Nichts ist aber weniger wahr als diese Behauptung. Auch wurden keine Drogenhändler, Kriminelle usw. gesichtet. Auf der Straße waren zumeist einfache Menschen, denen Gewalt widerfuhr. Arbër Zaimi schreibt dazu: „Ich war unter den Demonstranten, ich war nie ein Mitglied der SP. Ich bin kritisch gegenüber der Partei-Elite der SP einschließlich Rama. Ich habe keine Vorstrafen, die Hygiene meiner Kopfhaut hat die besten Werte seit meiner Kindheit.“ Kurz zusammengefasst: Die Leute von der PD lügen, um den staatlichen Terror zu legitimieren.

Wieder Arbër Zaimi: „Die Geometrie der Logik ist keine Waffe, die gegen Berisha, Meta, Basha, Patozi, Truma Olldashi verwendet werden kann. Ebenso nicht gegen ihre servilen Medien. Auf der Demonstration waren zumeist unglückliche Leute, Menschen, die aus den unteren sozialen Schichten kommen, diese Menschen waren schlecht gekleidet, oft roch man Alkohol, diese Leute haben keine Angst vor dem Gefängnis.“

Diese Menschen wurden konfrontiert mit Gummiknüppeln von Polizisten mit gepanzerten Westen. Diese sogenannten Unterklassen, die Proletarier, wehrten sich. Diese Gewalt war gerechtfertigt und kann nicht mit dem Staatsterror gleichgesetzt werden. Diese Menschen setzten sich zur Wehr. Zu dieser „Gegengewalt“ schreibt Zaimi: „Aber gerade diese elende Masse verleiht der gesamten Veranstaltung gestern Legitimität. Diese Menschen sind verlassen, sie haben keine Nation, keine Arbeit, kein Brot, keine Schule, kein Mindeststandard bezüglich ihrer Lebensbedingungen, sie sind eine hoffnungslose Masse, für ein Versprechen gehen sie in den Tod.“ Die tyrannische Herrschaft in Albanien ließ letztendlich auf diese Masse schießen. Getötet wurden drei wertvolle Menschenleben.

21. Januar: Rebellion gegen Unterdrückung und Ausbeutung

Die Gewalt ist hingegen das Recht der Menschen zum Aufstand. In dem Artikel von Arbër Zaimi steht: „Rebellion gegen einen Tyrannen, der routinemäßig den Gesellschaftsvertrag verletzt, die Straflosigkeit der Täter des Massakers von Gerdec, die Verbindung mit der Korruption, welche unter der Regierung Berisha zur Routine geworden ist, ist legal. Die fehlende Gerechtigkeit und Arbeitslosigkeit, die wirtschaftliche Degeneration der Haushalte gegenüber dem blühenden Wohlstand von Unternehmen ist die entscheidende Ursache für den Massenprotest, die besondere Ausbeutung in ausländische Unternehmen. In einem Wort, die extreme Ungleichheit ist die Ursache der Gewalt.“ Diese Aussage hat entscheidende Bedeutung. Das System der Ausbeutung in Albanien, die Hoffnungslosigkeit vieler Menschen, lässt sie vom Pfad der „pazifistischen Tugend“ abkommen, sie erheben sich gegen das Unterdrückungsregime.

Aussichten

„Was am 21. Januar in Tirana geschah, hat pädagogischen Wert, sie lehrt allen, dass die Albaner noch protestieren und kämpfen können. Sie, die Menschen, werden sich unter einer anderen Führung neuerlich erheben.“ Soweit nochmal Arbër Zaimi Diese Feststellung ist absolut richtig. Albanien kommt nicht zur Ruhe. Am 21. Januar waren in Tirana 300.000 Menschen auf der Straße in einer Stadt mit 600.000 Bewohnern. Die Regierung Berisha versucht, mit diktatorischen Mitteln an der Macht zu bleiben. Premierminister Berisha setzte die Generalstaatssekretärin Albaniens ab mit der merkwürdigen Begründung: „Diese Frau war an einem Staatsstreich beteiligt.“ In Wahrheit wollte sie die Befehlshaber der Präsidentengarde festnehmen lassen.

Für Freitag, den 28. Januar rief die „Sozialistische Partei“ neuerlich zu einem Protestmarsch in Tirana auf. Berisha hat zwar Ilir Meta fallen lassen, aber nicht seine Präsidentengarde. Gleichzeitig beginnt diese Regierung damit, Säuberungsaktionen im Staatsapparat vorzunehmen.

In den meisten Zeitungen des Landes werden die Demonstranten als Drogendealer, Kriminelle und serbische Agenten tituliert. Einige Zeitungen suchen gar nach griechischen und serbischen Genen bei dem Chef der „Sozialistischen Partei“ Edi Rama. Gleichwohl oder gerade deswegen stehen Tirana heiße Tage bevor.

Quelle: http://saktivista.com/2011/01/cila-dhune-ishte-legjitime/

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