Mi 04.06.2008
Nach dem Aus für den freien Bildungszugang, Aufrüstung und der de facto Abschaffung einer Pension von der man noch leben kann für Jüngere, ist nun das Gesundheitswesen dran. Angeblich geht es nur um "die Beibehaltung eines der weltbesten Gesundheitssysteme" (O-Ton Sozialpartner). Aber hinter solchen Behauptungen steht eine Liste von Verschlechterungen. Klar ist: diese Regierung macht krank!
Krank durch Arbeit
Mindestens 15.000 Menschen in Österreich werden aufgrund von Berufskrankheiten pro Jahr arbeitsunfähig. Die Dunkelziffer ist wesentlich höher, da viele Leiden nicht als Berufskrankheiten anerkannt werden. Arbeit macht krank: durch giftige Substanzen, durch schlechte Haltung, durch schweres Heben, durch Stress - kaum ein Beruf, der nicht davon betroffen ist. Und die Regierung hat dafür gesorgt, dass wir mehr von dieser krankmachenden Arbeit habe "dürfen" - z.B. durch die Verlängerung der zulässigen Höchstarbeitszeiten auf 12 Stunden pro Tag.
Krank durch Armut
Eine halbe Million Menschen in Österreich sind akut arm. Eine weitere Million ist Armutsgefährdet. Zwischen Armut und Krankheit besteht ein Zusammenhang - die Möglichkeiten zur Entspannung und Regeneration sind geringer, der Zugang zum Gesundheitswesen dank Zwei-Klassen-Medizin schlechter. Daran wird sich - Gusenbauer & Co. sei Dank - nichts ändern. Durch die Mogelpackung "Bedarfsorientierte Grundsicherung" wird der Druck auf arbeitslose SozialhilfeempfängerInnen drastisch ansteigen - und damit der Stress. Dank steigender Steuerlast und sinkenden Reallöhnen einerseits, sowie immer mehr prekärer Teilzeitjobs andererseits steigt die Anzahl der "working poor" - also jener Menschen die trotz Job arm sind. Gleichzeitig wird ihr Zugang zum Gesundheitswesen verschlechtert.
Krank durch Kürzungen
Wirtschaft und Regierung bejubeln den Rückgang bei den Krankenstandstagen. Gleichzeitig gehen rund 60% der Beschäftigten krank zur Arbeit. Dass verkürzt laut einer britischen Studie nachweislich die Lebenszeit. Aber wahrscheinlich freut sich die Regierung darüber noch, weil dann ja kürzer Pension "kassiert" wird.
Die Kürzungen im Gesundheitswesen, die es bereits gegeben hat, sind von einem sozialen und medizinischen Standpunkt aus Irrsinn. Statt die Vorsorgemedizin zu stärken werden Symptome behandelt. Die Einführung bzw. Erhöhung von Selbstbehalten schließt Menschen mit niedrigem Einkommen systematisch von gewissen Leistungen aus.
Die jüngsten Vorschläge zur "Gesundheitsreform" gehen in dieselbe Richtung: ÄrztInnen sollen "wirtschaftlicher" arbeiten - d.h. dann wohl je weniger Zeit mit PatientInnen und je billiger die Therapie desto "wirtschaftlicher". Durch die Einführung einer PatientInnen-Quittung soll uns ein schlechtes Gewissen gemacht und weitere Leistungsstreichungen vorbereitet werden. Die ÄrztInnen-Dichte soll reduziert werden und die Privatisierung bzw. Schließung des Wiener Hanusch-Spitals wird vorbereitet.
JedeR hat optimale medizinische Versorgung verdient
Gesundheit - so sollte man meinen - ist ein menschliches Grundrecht. Die Realität sieht anders aus. Wer Geld hat, kann sich die bestmögliche Versorgung kaufen - wer keines hat, hat Pech. Als Argument für "Sparmaßnahmen" im Gesundheitswesen wird oft gesagt, es werde nun zu teuer weil die Menschen älter werden und es medizinischen Fortschritt gibt. Hinzu kommen allerdings noch die Einnahmenausfälle bei den Krankenkassen durch z.B. die Schulden der Unternehmen bei den Kassen (ca. 1 Milliarde Euro) und die steigenden Gewinne der Pharmaindustrie. Es ist also nicht zuwenig Geld da. Aber Gusenbauer & Molterer bitten lieber uns alle zur Kasse als ihren Regierungsfreund, den Wirtschaftsminister Bartenstein, selbst Teilhaber an einem Pharmakonzern.
ÖGB: Widerstand statt Zustimmung nötig
Wieder einmal hat die ÖGB-Spitze Verschlechterungen für ArbeitnehmerInnen zugestimmt indem sie die jüngste "Gesundheitsreform" mitentworfen hat. Durch Kürzungen im "Verwaltungsapparat der Krankenkassen" sind Beschäftigte direkt betroffen - durch die Verschlechterungen bei der medizinischen Versorgung ebenfalls.
Auch wenn es der Ärztekammer v.a. um die Sicherung ihrer eigenen Einkommen geht ist es doch erschreckend, dass sich diese wehren, der ÖGB aber still bleibt. Aber in den Krankenkassen und den Gewerkschaften gibt es immer mehr KollegInnen, die die "Reform" nicht einfach hinnehmen wollen. Das ist gut so. Statt den UnternehmensvertreterInnen ein Veto in den Krankenkassen zu ermöglichen, sollten GewerkschafterInnen lieber die Idee der Ärztekammer aufgreifen, und Kampfmaßnahmen und Streiks während der Euro für eine bessere medizinische Versorgung organisieren.