Di 03.06.2008
Im Windschatten der Euro versuchen Konzerne ihre Profite in die Höhe zu treiben, Innenminister den Polizeistaat auszubauen und RassistInnen am Stammtisch billige Punkte einzufahren.
Seit Wochen schon trommeln die bekannten “Sportartikelhersteller” Kellys, Gösser und McDonalds, dass echtes Euro-Fieber nur mit ihren Produkten aufkommen könnte. Fußball ist in den letzten 20 Jahren ein Megageschäft geworden, der Weltverband FIFA macht mehr Umsatz als die größten Konzerne der Welt.
In Österreich versuchen die Handelskonzerne, die Sonntagsöffnung im Namen der Euro 2008 durchzupeitschen. Die Gewerkschaft argumentiert zwar dagegen, unternimmt aber letztlich nichts Wirkungsvolles.
Mitsprache der Fans?
Wenn die Fans, Mitsprache bei ihren Vereinen einfördern, werden sie von den Managern bestenfalls verhöhnt. Uli Hoeneß, mehrfacher Manager des Jahres in der deutschen Bundesliga, ließ mit den berühmten Worten “Was glauben wir eigentlich, wer wir sind” die Bayern-Fans wissen, dass sie nicht allzu viel zählen. In England kostet ein Matchbesuch für eine vierköpfige Familie mittlerweile EUR 250,–; mehr als sechs mal so viel wie ein Kinobesuch. Vor 20 Jahren war Fußball noch günstiger als Kino (siehe auch Interview mit John Reid). In Deutschland werden gerade die Beginnzeiten “fernsehfreundlich” – wegen der Werbeeinnahmen – neu festgesetzt. Zweitligaspiele sollen nun sonntags um 12.30 Uhr Mittag angepfiffen werden. Ein Affront für jene Fans, die ihre Mannschaften im Stadion anfeuern wollen. Bei der Euro wird den Fans verboten, Stadien mit Trikots, die Werbeaufschriften von Konkurrenten der offiziellen Sponsoren tragen, zu betreten.
Fußball: Ein Spiel für Reiche?
Traditionell ist Fußball ein Sport der ArbeiterInnenklasse, in England wird er auch als “Ballett der ArbeiterInnenklasse” bezeichnet. Die SpielerInnen kommen auch noch immer vor allem aus diesem Millieu, bei den StadienbesucherInnen ist jedoch ein Wandel feststellbar. “Wenn ich den Rasen betrete, sehe ich auf der Tribüne Typen in schwarzen Anzügen, als ob sie zur Beerdigung kommen.”, meinte der französische Star Didier Deschamps anlässlich eines Großereignisses. Er hat nicht ganz unrecht. Bei diesen Eintrittspreisen können sich nur Besserverdiener die Karten leisten, dem “gemeinen Volk” bleibt zunehmend nur der Fernsehschirm. In den offiziellen Fanzonen werden die Fans abgezockt und dem Konzernterror ausgesetzt. Hier könnte eine ArbeiterInnen-Fanzone – organisiert von den Gewerkschaften – mit normalen Getränke- und Essenspreisen, die für Fans aller Nationalitäten offen ist, für Abhilfe sorgen.
Fest der Völker oder dumpfer Rassismus
Fußball ist internationaler geworden, in vielen Ligen spielen Stars aus den verschiedensten Ländern. Auch in den Nationalteams finden sich zunehmend Spieler, deren Eltern Einwanderer waren. Diese Entwicklung dämpft den offenen Rassismus in vielen Stadien, dennoch gibt es im Windschatten des Fußball auch immer wieder negative Beispiele. Der Brigittenauer Bezirksvorsteher-Stellvertreter Gerhard Haslinger (FPÖ) schreibt allen Ernstes in der Bezirkszeitung: “Gelebter Patriotismus ist gefordert und wer nicht mit 100 Prozent zu seiner Nationalmannschaft steht, kann schon aus dem eigenen Volk mit Konsequenzen rechnen. ... Eine herrliche Zeit! Man darf ungestraft zeigen, dass man auf seine Nation stolz ist und man darf öffentlich sein Land lieben. ... Die gepredigte Vielfalt weicht der Nation, das Miteinander zerfällt zu Gegnern.” So viel Stumpfsinn richtet sich wohl von selbst. Die überwiegende Mehrheit der Fußballinteressierten freut sich auf spannende Spiele, tolle Tricks und geniale Tore. Ohne Hass auf vermeintliche Gegner lässt es sich auch gleich viel besser jubeln. Allein schon deshalb sollten Fußballfans selbst dafür sorgen, dass rassistische Provokateure aus ihren Kurven geworfen werden.
Gewalt gegen Frauen
Im Zuge von Welt- und Europameisterschaften im Männerfußball konnte in einer Studie in England nachgewiesen werden, dass zu diesen Zeiten, die Gewalt an Frauen um 30% zunimmt. Zwar versucht die österreichische Bundesregierung mit ihrer Kampagne gegen Männer-Gewalt da gegenzusteuern. Mehr Fördergelder – oder bloß die Höhe derFördergelder aus der Vor-Blau-Schwarz-Ära – für Fraueninitiativen, Frauenhäuser oder Selbsthilfegruppen gibt es aber natürlich nicht. Und die Polizei ist sowieso mit was ganz anderem beschäftigt.
Polizeistaat gegen Hooligans
Eine kleine Minderheit von Fans dominieren mit gewalttätigen Auseinandersetzungen oder rassistischen Aktionen die Medienberichterstattung. Dies wird von den Innenministern in allen Ländern dazu missbraucht, immer schärfere Polizeistaatsmethoden auf den Fußballplätzen anzuwenden. Videoüberwachung, namentlich ausgestellte Eintrittskarten, Präventivhaft, Grenzkontrollen trotz Schengen-Abkommen, Hooligan-Dateien, ... all das führt zum gläsernen Fußballfan. Im Fußball ist heute vieles möglich, was unter “normalen Umständen” niemals geduldet würde. In Deutschland, Italien und England werden diese Maßnahmen aber bereits gegen Linke eingesetzt, die mit Fußball gar nichts zu tun haben. Hier droht die Einführung des Überwachungsstaates durch die Hintertüre. Die polizeiliche Repression und nicht selten Provokation fördert letztlich die Gewalt, wie beim Wiener Derby im Frühjahr 2007 gut zu sehen war. Martialische Robo-Cops marschierten in die Rapid-Kurve, worauf dort die Bänke aus der Verankerung gerissen wurden und den Polizisten um die Ohren flogen.
Die SLP fordert:
- Für eine vereinsübergreifende, bundesweite Faninitiative, die die Fan-Interessen gegen die Geschäftermacher im Fußball vertritt.
- EUR 10,– Eintritt sind genug.
- Nein zur Polizeirepression in und um die Stadien. Nein zu Hooligan-Dateien, Präventivhaft und ähnlichen Maßnahmen.
- Selbstverwaltete Fan-OrdnerInnen-Dienste, die gegen Gewalt und rassistische Provokation in den Fankurven vorgehen. Nur die Fanklubs selbst können Stadionverbote aussprechen und auch durchsetzen.
- Eine Intiative von FußballspielerInnen und Fans aus unterschiedlichen Herkunftsländern, die an Schulen und Berufsschulen eine antirassistische Kampagne durchführen.