Warum die Ablehung gegenüber der EU in der ArbeiterInnenklasse steigt und Nationalismus keine Alternative ist

“Die ArbeiterInnenklasse wird niemals von Rechten vertreten werden."
Herbert W.

Eine europäische Wirtschaftsgemeinschaft besteht seit mittlerweile über 50 Jahren. War sie anfänglich nur eine Gemeinschaft weniger Staaten und beschränkte sich die wirtschaftliche Zusammenarbeit auf Kohle und Stahl (EGKS) und später auf Kernenergie (EURATOM), so wurde sie bald größer und umfasst mittlerweile 25 Staaten mit 455 Mio Einwohnern, die das wirtschaftliche und politische Überleben der kapitalistischen Machtträger gewährleisten sollen. (Plus 30 Mi0 der nächsten Beitrittskandidaten Rumänien, Bulgarien und Kroatien.)

Ist ein kapitalistischer europäischer Gesamtstaat überhaupt realistisch?

Diese Frage ist wohl eindeutig mit NEIN zu beantworten. Die Profit- und Machtgier der einzelnen Mitgliedsstaaten verhindert dies. Die Mächtigen haben selbst zu viel Angst vor Machtverlust. Zum Beispiel scheiterte schon 1954 eine Erweiterung der Zusammenarbeit am Veto Frankreichs zur Wiederbewaffnung Deutschlands. Es gibt praktisch kaum “europäische” Einigungen in den vielen Bereichen, die debattiert werden. Herausragendes aktuelles Beispiel ist der klägliche Versuch einer gesamteuropäischen Verfassung. Lobbyismus spielt eine große Rolle. Beispielsweise setzt sich die Frächterlobby gegen die Interessen der Tourismuslobby durch.

Einigkeit herrscht nur in dem Punkt

Nämlich auf wessen Kosten die kapitalistische Krisen beseitigt werden sollen: auf Kosten der ArbeiterInnenklasse. Mit der Osterweiterung hat die EU – wie schon früher mit der Aufnahme von Spanien, Portugal, Irland und Griechenland – weitere 35 Mio. billige Arbeitskräfte requiriert, und demnächst kommen noch weitere 15 Mio dazu, auf die schon jetzt zugegriffen wird. (Die Zahlen entsprechen in etwa der Hälfte der Einwohner.) Ziel ist es natürlich nicht, den “armen” neuen EU-Bürgern Arbeit zu geben und ihnen ein besseres Leben zu ermöglichen, wie das gerne vorgegaukelt wird. In Wahrheit werden die neuen Mitgliedsstaaten im Rahmen des EU-Projekts nie das Niveau von “Kerneuropa” erreichen. Trotzdem kann der Unterschied immer geringer werden. Jedoch nicht, weil das Niveau im Osten steigen wird, sondern weil das Niveau in den “alten” EU-Staaten sinken wird. Der Konkurrenzkampf, dem die ArbeiterInnen im kapitalistischen System seit dessen Bestehen permanent ausgesetzt sind, wird durch die Drohungen der Unternehmen, in Länder mit niedrigem Lohnniveau abzuwandern, noch verschärft. Die Folge davon ist, dass die Löhne gedrückt werden, weitere Angriffe auf ArbeiterInnenrechte wie Arbeitszeitverlängerung, Aufhebung des Kündigungsschutzes, Nichtbezahlung von Krankenständen – um nur einige davon zu nennen – zu erwarten sind. Zusätzlich wird Anpassung nach unten durch Steuerverschiebungen – Reiche zahlen weniger – dafür wird bei den ArbeiterInnen mehr geholt – sowie weiteren massiven Sozialabbau vorangetrieben.

Verstärkte Ablehnung

All das führt zu verstärkter Ablehnung bzw. Gleichgültigkeit gegenüber der EU. Diese Stimmung zeigt sich in nur 45 % Wahlbeteiligung (in Polen nur 20 %) bei der letzten EU-Wahl, sowie der Ablehnung der EU-Verfassung. Rechte Gruppen nützen diese Ablehnung, wie die Existenzängste der ArbeiterInnen aufgrund des wirtschaftlichen Chaos’, in dem wir uns befinden, um zu polarisieren und rassistische Stimmung zu machen. Sie starten immer wieder Initiativen, die scheinbar die Verbesserung der Situation der ArbeiterInnen zum Ziel haben. Jedoch würden solche Forderungen nicht durchgesetzt werden, sondern sie werden zur Stimmungsmache verwendet um die Rechten zu stärken.

Die ArbeiterInnenklasse wird niemals von Rechten vertreten werden.

Jedoch kann eine starke ArbeiterInnenbewegung mit Gewerkschaften, die nicht als Handlanger des Kapitals fungieren, die einzelnen Regierungen zur Auflehnung gegen Brüssel zwingen. Deshalb muss die ArbeiterInnenklasse gestärkt werden, müssen “echte” ArbeiterInnenvertretungen entstehen, damit ein eventueller künftiger Zusammenbruch der EU – wer kann das auschließen (?) – nicht dazu führt, dass von einem ins nächste kapitalistische System gewechselt wird. Und es darf KEINE – auch nicht punktuelle – Unterstützung von rechten Initiativen geben, selbst wenn sie in Worten ebenfalls “EU-Kritik” formulieren.

VENCEREMOS!

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