Sa 29.09.2001
Der „Socialist“ (Schwesterzeitung von Vorwärts in England und Wales) hat jene, die die Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon begangen haben, geradeheraus verurteilt. Wir beschrieben ihre Methoden als die von „Kleingruppen, die Massenterrorismus anwenden“. Gleichzeitig haben wir George Bush oder Tony Blair keinerlei Unterstützung gegeben, die einen „Krieg gegen den Terrorismus“, aber Staatsterror gegen wehrlose und unschuldige Menschen in der neokolonialen Welt unterstützen.
Aber unsere Herangehensweise wird nicht von allen, selbst unter sozialistischen Gruppen unterstützt. Manche sind zweideutig oder weigern sich, diese Angriffe zu „verurteilen“. Ihre Haltung ist zutiefst falsch und riskiert, die Mehrheit der Arbeiterklasse zu entfremden und sie in die Arme von Blair und Bush und ihrer „Kriegs“vorbereitungen zu treiben. Obendrein schlägt sie seit langem vertretener prinzipieller Opposition der SozialistInnen gegen diese Methoden ins Gesicht.
Historisch hat der Marxismus terroristische Methoden immer abgelehnt. 1938 fasste Leo Trotzki die Haltung des Bolschewismus in der Erklärung zusammen: „Alle MarxistInnen in Russland begannen im historischen Kampf gegen den Terrorismus“. Trotzki wies darauf hin, dass unter der Tausend Jahre alten zaristischen Diktatur in Russland „die erste Reaktion der Jugend Rache war, Ermordung von Ministern, und wir [die SozialistInnen und MarxistInnen, die Bolschewiki] ihnen sagten: „Nicht dies [terroristische Methoden] ist unsere Rache, nicht die Ermordung von Ministers, sondern die Ermordung des Zarismus, der Ordnung der Tyrannei“. Und dies war in einem Land, wo der Aufstieg der Arbeiterbewegung und ihrer Parteien — Bolschewiki und Menschewiki — auf zwei große Parteien traf, die Narodnaja Wolja (Volkswille), und die Sozialrevolutionäre, die ihre Taktik auf den Terror stützten. Diese Methoden konnten nur so lange Einfluss auf eine Schicht von jungen Leuten, einzelnen ArbeiterInnen und BäuerInnen haben, so lange sich die organisierte Arbeiterbewegung nicht entwickelte und nicht voll auf der politischen Bühne erschienen war.
Die russische Revolution von 1905, bei der die Massen, besonders die Arbeiterklasse, die Bühne betraten, stieß diese Methoden in den Hintergrund. Aber die Niederlage der Revolution 1907 sah einen erneuten Anstieg terroristischer Methoden. Dies war eine Reaktion auf Mord, Folter und Einsperren durch die zaristische Staatsmaschine. Sogar dann lehnten die Bolschewiki terroristische Methoden unversöhnlich ab. Trotzki bezeichnete individuellen Terrorismus als „Liberale mit Bomben“. Dies wirkt für uns heute seltsam. Aber ein Liberaler glaubt, dass sich eine grundlegende Änderung durch Teilmaßnahmen erreichen lässt. Die Ersetzung eines Ministers oder meinetwegen einer Regierung reiche aus, um Änderungen herbeizuführen. Ähnlich glauben Terroristen, dass durch die Ermordung oder das In-die-Luft-Sprengen eines einzelnen Vertreters, oder auch einer Gruppe, des Imperialismus oder Kapitalismus dieses System „destabilisiert“ oder sogar besiegt werden kann.
Aber die Kapitalisten werden immer ausreichend Ersatz für die durch die Taten der Terroristen Entfernten finden. Deshalb stellen SozialistInnen und MarxistInnen diesen Methoden Massenaktion gegenüber — Massenversammlungen, Demonstrationen und Streiks, einschließlich dem Generalstreik —, um die Bosse zu besiegen und den Kapitalismus abzuschaffen. Folglich soll die Tätigkeit von SozialistInnen und MarxistInnen und der Arbeiterbewegung allgemein den Angehörigen der Arbeiterklasse helfen, sich ihre ungeheure potenzielle Macht bewusst zu machen. Sie sind potenziell die stärkste Kraft in der Gesellschaft und MarxistInnen betonen, dass Massenaktion der Schlüssel zur sozialen und politischen Veränderung ist.
Unabhängig von seinen Absichten senkt der Terrorist tatsächlich das Bewusstsein der Arbeiterklasse bezüglich ihrer eigenen Stärke und Kampffähigkeit. Sie verstärken die Idee, dass die Arbeiterklasse angesichts der Macht von Imperialismus und Kapitalismus ohnmächtig sei. Sie müssen auf den „großen Befreier“ warten, kleine Verschwörergruppen, die für sie im Befreiungskampf handeln. In der Vergangenheit wurden die Guerillabasen außerhalb des Landes, im Rest der arabischen Welt und international als die künftigen Befreier des palästinensischen Volks gesehen. Jedoch die Niederlage der achtziger Jahre im Libanon und die Evakuierung der palästinensischen Kämpfer nach der israelischen Besetzung dieses Landes, machte diese Öffnung zunichte.
Dies führte zu einem Gefühl unter den PalästinenserInnen auf der West Bank, in Gaza und innerhalb Israels selbst, dass „wir selbst etwas tun müssen“. Des führte wiederum zur ersten Intifada und der neueren und blutigen zweiten Intifada. Diese Bewegung ist wesentlich eine Massenbewegung mit einem bewaffneten Flügel. Es stimmt, dass Gruppen wie Hamas und islamischer Dschihad fälschlich zu den Methoden des „Selbstmordattentats“ gegen israelische Kräfte gegriffen haben. Wenn dies in Israel angewandt wurde, hat es einfache Israelis getroffen. Wir verstehen, dass diese Methoden das Ergebnis des schrecklichen Leidens der PalästinenserInnen und auch der Versperrung der anderen legitimen Kampf- und Protestmittel durch den israelischen Staat sind. Es war jedoch kontraproduktiv, sowohl was die zunehmenden Morde [an PalästinenserInnen] und Leiden der palästinensischen Massen betrifft, als auch durch den Vorwand, den es der israelischen herrschenden Klasse zur Durchführung weiterer Unterdrückung gibt.
In der Vergangenheit schienen die Terroristen oft als Helden, obwohl ihre Methoden falsch waren. Sie waren bereit, ihre Leben für die Beseitigung einzelner Vertreter des Kapitalismus — des Generals, des Ministers, des Polizeichefs etc. — zu opfern, ohne die Unschuldigen zu töten. Der „moderne Terrorismus“ hat einen anderen Charakter — obwohl er letztlich der sozialen, nationalen, religiösen oder ethnischen Unterdrückung entspringt und von ihr genährt wird. Schon in den siebziger und achtziger Jahren, als der Terrorismus prominent war, verübten die, die zu Terrorismus griffen, ihn oft wahllos. Die Autobombe, das Plazieren von Bomben in Gebäuden, das Selbstmordattentat führten oft zum Tod nicht nur der „Unterdrücker“ und ihrer Staatskräfte, der Symbole ihrer Herrschaft, sondern auch Unschuldiger.
MarxistInnen kritisierten den Terrorismus, weil er zum Erreichen des angegebenen Ziels, der Schwächung des „Feindes“, im Fall der US-Angriffe des US-Imperialismus, kontraproduktiv ist. Im Gegenteil wird er ständig zur Stärkung der Herrschaft des Kapitals, der Verstärkung seiner Staatsmacht und damit seiner Fähigkeit zum „Staatsterrorismus“ genutzt. Die Kapitalisten haben die Ausrede, bürgerliche und demokratische Freiheiten anzugreifen und zu beeinträchtigen. Vor allem treiben diese Methoden tendenziell die Arbeiterklasse politisch in die Arme der Bosse und ihrer Vertreter. Das zeigen die Versuche der Bush-Regierung mit dem durch das Blutvergießen erzeugten Deckmantel bürgerliche Freiheiten anzugreifen — legale ZuwanderInnen unbefristet festzuhalten, vergrößerte Befugnisse zur Telefonüberwachung etc., die Militarisierung der US-Gesellschaft, bewaffnete Wachen in Flugzeugen, die Anwesenheit der Armee auf den Straßen, die Einberufung von Reservisten etc.
Dass es beträchtlichen und wachsenden Widerstand gegen die Versuche durch die Bush-Regierung gibt, diese Maßnahmen hastig durch den Kongress zu bringen, bezeugt die Entschlossenheit des amerikanischen Volks, nicht in Panik ausgesprochen antidemokratische Maßnahmen unter dem Deckmantel des „Kampfs gegen den Terrorismus“ zu akzeptieren. Aber Bush genießt die höchste Zustimmung eines Präsidenten in der Geschichte, 92% im Vergleich zu 50% vor dem 11. September. Die Angriffe haben das scheinbar Unmögliche bewirkt: Bush — einen „als menschliches Wesen ausstaffierten Konzern“ — populär zu machen, zumindest vorübergehend.
Obendrein hat es der US-Kapitalismus geschafft, in einer Reihe von konzentrischen Kreisen Regimes und Kräfte in seine „Koalition“ zu bringen, die bis vor kurzem dem US-Imperialismus gegenüber feindlich waren, z. B. Iran, Hisbollah im Libanon, etc. Dies ist ein Anzeichen für das Ausmaß und den Charakter der Wirkung der Terroranschläge in den USA. Sie hatten eine andere Größenordnung als alles, was wir in der Vergangenheit gesehen haben. In Nordirland starben zum Beispiel in 30 Jahren Bürgerkrieg etwa halb so viele wie bei den Anschlägen in den USA an einem Tag. Bei einer US-Firma verloren 1.500 Kinder ein Elternteil. Daher ist es eine Untertreibung, dies als „individuellen Terrorismus“ gegen ein bestimmtes Ziel zu beschreiben. Dies waren die Taten einer kleinen Verschwörergruppe, angeblich bin Ladens Al-Qaeda-Organisation oder mit ihnen verbundene Gruppen, die einen Akt von Massenterror beging, nicht nur gegen die 7.000, die getötet wurden, sondern gegen die US-Bevölkerung insgesamt. Danach ist die Masse der Bevölkerung terrorisiert und in Angst, dass es sich wiederholen könnte; oder dass sogar „Bioterroristen“ tätig werden könnten.
In einer Phase verurteilte Trotzki zwar „individuellen Terrorismus“, sprach aber von „Massenterrorismus“ durch die Arbeiterklasse. Dies kann man auf keine Weise mit den Methoden der Gruppe gleichsetzen, die das WTC und das Pentagon „bombardierte“. Trotzki beschrieb die notwendigen Maßnahmen des demokratischen Arbeiterstaats in Russland 1917-23, der notwendige Verteidigungsmaßnahmen zum Schutz der Revolution gegen den „Weißen Terror“ der enteigneten Großgrundbesitzer, Kapitalisten und ihrer kapitalistischen Unterstützer im Ausland ergriff. MarxistInnen heute würden solche Ausdrücke nicht verwenden, genauso wenig wie wir Marx „Diktatur des Proletariats“ verwenden würden, weil es den Sozialismus in der Vorstellung der ArbeiterInnen mit einer Diktatur wie dem Stalinismus verbinden kann. Marx’ Idee kann besser und populärer mit der Forderung nach Sozialismus und Arbeiterdemokratie erklärt werden.
Unglaublicherweise gibt es ein paar SozialistInnen, die sich weigern, die terroristischen Gräueltaten in den USA zu „verurteilen“. Eine solche Organisation ist die Socialist Workers Party in Britannien [in Deutschland Linksruck, in Österreich Linkswende — d. Übers.]. Ein Rundbrief an Mitglieder der Socialist Alliance von führenden SWP-Mitgliedern, John Rees und Rob Hoveman, als Antwort auf eine Erklärung von einem Mitglied der Socialist Alliance, das die Attentate verurteilte, erklärte: „Wir glauben nicht, dass die Verwendung des Wortes „verurteilen“ im Zusammenhang mit den tragischen Ereignissen in den USA angemessen ist. Wir unterstützen Attentate auf Angehörige der Arbeiterklasse klar nicht und es sollte selbstverständlich sein, dass wir die Strategie des individuellen Terrorismus ablehnen. Wir würden es vorziehen, unsere Haltung so darzustellen. Aber die Sprache der „Verurteilung“ wird von SozialistInnen und nationalen Befreiungsbewegungen immer von den Medien und der herrschenden Klasse verlangt. Aus diesem Grund wäre es besser gewesen, sie zu vermeiden … Man muss hier Linien ziehen — wir glauben, dass die Socialist Alliance Teil der uneingeschränkten und prinzipienfesten Opposition gegen den US- und westlichen Imperialismus und den weiteren Massenmord sein sollten, den Bush und Blair der Welt anzutun beabsichtigen“.
Es ist Unsinn im Quadrat zu argumentieren, dass die Verurteilung der terroristischen Anschläge auf New York und Washington Blair und Bush stärken würde. Im Gegenteil kann es aufgebrachte ArbeiterInnen in die Arme der Kapitalisten treiben, das zu unterlassen. Das hier entwickelte verworrene Denken geht genau in die Falle, die Rees und Hoveman vermeiden möchten, die Unterstützung für die Kapitalisten zu stärken. Der „Socialist“ hat es völlig klar gemacht, dass unsere Kritik an den Taten in den USA einen völlig anderen Inhalt und Charakter hat als die heuchlerischen Reden von Bush und Blair, wenn sie den „Terrorismus“ angreifen. Sie und ihre Vorgänger haben Massenterrorismus gegen das irakische Volk und die SerbInnen betrieben. Als Israel 1982 im Libanon eingefallen ist, wobei 17.000 Leute starben, waren sie Komplizen und haben geschwiegen. Obendrein sagen Blair und Bush kein Wort über die 30.000, die durch die Mörderbanden der nicaraguanischen Contras abgeschlachtet wurden, die vom US-Imperialismus unterstützt und finanziert wurden. Sie haben auch keinen Kommentar zu den etwa 120.000 in Algerien getöteten — von denen viele Opfer des Staatsterror der algerischen Regierung waren.
Wir verurteilen vorbehaltlos den organisierten, systematischen Staatsterrorismus der Kapitalisten. Aber dies entlässt uns als SozialistInnen und MarxistInnen nicht aus der Pflicht, die Aktionen terroristischer Gruppen zu kritisieren und unversöhnliche Opposition gegen sie zu zeigen, die der herrschenden Klasse in die Hände spielen. Dies hat die Socialist Party in England und Wales, und besonders unsere Schwesterpartei in Nordirland ständig gemacht, in Spanien gegenüber den Aktionen der ETA, in Lateinamerika in den siebziger Jahren und in vielen anderen Situationen. Leider haben die SWP und andere angeblich „marxistische“ Organisationen dies nicht gemacht. Es gibt daher eine gewisse Konsequenz in ihrer gegenwärtigen Haltung. In der Tat waren sie manchmal unkritische Cheerleader für die Methoden und Politiken terroristischer Gruppen.
Wir anerkennen, dass die terroristischen Methoden einer Gruppe aus einem unterdrückten Volk andere Ursachen und Ursprünge und Absichten als die der herrschenden Klasse haben. Selbst ein kapitalistischer Autor wie Daniel Warner vom International Studies Institute in Genf kann in der „International Herald Tribune“ schreiben: „Terrorismus hat Ursachen. Wachsende Ungleichheit des Reichtums und Mangel an politischem Zugang führt zu Frustration, die möglicherweise zu Aggression, Gewalt und Terrorismus führt. Je größer das Ausmaß der Frustration, desto größer das Ausmaß der Gewalt. Je höher das Niveau der Unterdrückung, desto höher das Niveau der Reaktion. Aber was ist Terrorismus? Es ist die Tätigkeit der Enteigneten, der Stimmlosen bei einer radikal asymmetrischen Machtverteilung“.
Mit anderen Worten, wir müssen in der sozialen, nationalen und religiösen Lage nach den Ursachen des Terrorismus suchen. Es stimmt, dass die Ursprünge der Al-Qaeda-Organisation, die soziale Basis, auf der sie erwuchs und auch die an den Entführungen und Morden in den USA beteiligten anders als bei anderen terroristischen Organisation ist. Bin Laden selbst stammt aus einer reichen saudischen Familie, die ursprünglich aus dem Süden des Landes an der Grenze zu Jemen kam. Asir war der letzte Teil der Region, die von der saudischen Königsfamilie erobert wurde und kam erst in den frühen dreißiger Jahren unter ihre Kontrolle. Dieses Gebiet blieb in den nächsten 50 Jahren wildes rückständiges Gebiet unbändiger Stämme. Asir ist direkt im Norden von Jemen, wo Osama bin Laden und seine Familie herkommt. Andere, Teile des Al-Qaeda-Netzwerks, die als Entführer benannt wurden, kamen aus Mittelschichtfamilien und sogar aus der Elite in Ägypten und anderen arabischen Ländern. Obendrein gab das saudische Regime sowohl bin Laden als auch dem Taliban-Regime in Afghanistan Unterstützung und Hilfe, und zeugte dadurch „ein Baby, das sich in ein Monster verwandelt hat“ [Robert Fisk, The Independent, 26. September].
Es war der Chef des saudischen Geheimdienstes, Prinz Turki bin Faisal al-Saud, der bin Laden und die Taliban förderte als Versuch, ein Gegengewicht gegen die schiitischen Stämme in Afghanistan zu schaffen, die von Iran unterstützt wurden. Obendrein ist die besondere Form des Islam von bin Laden und den Saudis, der Wahhabismus, eine „reine“ Form des Islam, die zum ersten Mal im 18. Jahrhundert von Abdul Wahhab gepredigt wurde. Sie behandelt alle, die ihren Lehren nicht anhängen, einschließlich anderer MoslemInnen, als Abgefallene oder Ungläubige und daher als KandidatInnen für die Vernichtung. Aber jetzt hat sich bin Laden gegen seine saudischen Herren gewandt, neben anderen Gründen wegen der Kapitulation der saudischen Monarchie vor dem US-Imperialismus durch ihre Stationierung von Truppen auf ihrem Boden, der auch die zwei heiligen Stätten des Islam, Medina und Mekka, enthält.
Es ist nichts Radikales oder Antikapitalistisches an den aufklärungsfeindlichen religiösen Ideen von bin Laden oder der Al-Qaeda-Organisation. Kapitalistische Kommentatoren sind verwirrt, warum gebildete, technisch qualifizierte Menschen Selbstmordattentate begehen können. Sie scheinen so einen Kontrast zu vielen der verarmten palästinensischen Jugendlichen zu bilden, die sich selbst bei Attentaten auf Israel in die Luft gesprengt haben und wenig formale Bildung haben. Die Selbstmordsoldaten der Tamil Tigers [auf Sri Lanka] kamen hauptsächlich aus den unterdrücktesten tamilischen Schichten. Selbst Hisbollah-Attentäter, die anscheinend im Koran besser bewandert sind, waren älter und durch Jahre Gefängnis gestählt. Im Fall der US-Entführer „enthielt unser Profil von Selbstmordattentätern nie Piloten, hochqualifizierte Leute“ [International Herald Tribune, 17 September].
Aber dies ist nicht das erste Mal in der Geschichte, dass Selbstmordattentäter, von denen manche einen privilegierten Hintergrund hatten, sich selbst getötet haben um „dem Feind“ Schläge zu versetzen. Im 19. Jahrhundert war das oft die bevorzugte Methode der KämpferInnen gegen nationale Unterdrückung. Es gibt natürlich auch das Beispiel der Kamikaze-Selbstmordbomber aus Japan.
Die Ursachen, die unmittelbaren Auslöser für solche Methoden können seltsam sein, aber die Wurzeln sind letztlich die objektiven Bedingungen eines Landes oder einer Region. Alle Schichten in der arabischen Welt fühlen die Generationen alte Unterdrückung durch den Imperialismus, auch die Mittelschicht, die obere Mittelschicht und sogar Leute mit einem kapitalistischen Hintergrund. Die barbarische Behandlung der palästinensischen Massen durch die israelische herrschende Klasse, die das Bush-Regime, das Israel in der Größenordnung von 3 Milliarden Dollar im Jahr unterstützt, durch Schweigen praktisch duldet, hat die arabische öffentliche Meinung im Vorfeld des 11. September ungeheuer entflammt. In der Tat hat im Juni dieses Jahres der saudische Thronerbe Kronprinz Abdullah gewarnt, dass die US-Haltung des Sich-Raushaltens Israel zur Zerschlagung der Intifada der PalästinenserInnen ermutige. Er sagte einen Besuch im Weißen Haus ab. Ägypten und Jordanien warnten die USA vor einem Ausbruch der Volkswut in der ganzen arabischen Welt.
Trotz dem anscheinend privilegierten Hintergrund und Lebensstil der Entführer musste sich diese Stimmung in der arabischen Welt einfach auf sie übertragen, wie auf arabische Intellektuelle insgesamt. Daher sind die Aktionen der Entführer trotz des rechten aufklärungsfeindlichen Programms von bin Laden letztlich im Gefühl der intensiven Unterdrückung des arabischen Volks insgesamt begründet. Folglich kann der „Krieg gegen den Terrorismus“ des US-Imperialismus langfristig keinen Erfolg haben, da die Bedingungen, die den Terrorismus hervorbringen, bleiben. Dass diese Methoden verwendet werden, ist auch eine Widerspiegelung der Schwäche des Marxismus und der organisierten Arbeiterbewegung. Dies liegt teilweise an der dramatischen Rechtsverschiebung der Ex-Sozialdemokraten, die an der Spitze der Ex-Arbeiterorganisationen stehen.
Es ist notwendig, die Ursachen des Terrorismus zu verstehen. Aber dies bedeutet in keiner Weise, dass SozialistInnen und MarxistInnen einen Hauch von Verantwortung für die Methoden übernehmen sollten, die sie verwenden, die letztlich den Kapitalisten in die Hände spielen. Obendrein verstärkt dies nicht für eine Minute die Stellung von Bush und Blair bei der Vorbereitung ihres Krieges gegen den Terrorismus, wie die Führer der SWP irrig argumentieren. Im Gegenteil wird es gerade die Stellung des Imperialismus und seiner Kriegsvorbereitungen stärken, wenn wir uns nicht von denen distanzieren, die die Anschläge auf das World Trade Center und Pentagon begangen haben. Sie möchten die Gegner jedes Krieges als entweder Pazifisten, Liberale mit umflorten Augen, Idealisten oder heimliche Sympathisanten der Terroristen darstellen.
Eine Weigerung, diese Aktionen der Leute, die die Anschläge verübten, zu verurteilen, wird ihnen direkt in die Hände spielen. Es könnte SozialistInnen daran hindern, an ArbeiterInnen heranzukommen, mit ihnen zu diskutieren und sie hoffentlich zu überzeugen, die über das entsetzt sind, was in New York und Washington passierte. Sie fürchten, dass sie die nächsten Opfer einer terroristischen Gräueltat sein könnten. Viele von einen sind keine blutdürstigen „Kriegstreiber“, aber werden dann Argumenten für einen „Krieg gegen den Terrorismus“ folgen, wenn ihnen keine gangbare Alternative präsentiert wird.
Die Socialist Party und ihre UnterstützerInnen sind nicht PazifistInnen. Wir werden die Rechte der Arbeiterklasse (Streikrecht, Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit etc.) gegen Angriffe verteidigen, egal aus welcher Ecke sie kommen — mit allen legitimen politischen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen. Wenn die Kapitalisten versuchen, sie uns mit Gewalt wegzunehmen — wie sie es in Chile machten, mit der Unterstützung von Kissinger, wie wir uns erinnern müssen — wären wir bereit, zur Verteidigung solcher Rechte zu kämpfen.
Der weltweite „Krieg gegen den Terrorismus“ von Bush, Blair, etc. wird zweifellos versuchen, alle GegnerInnen des Kapitalismus, die Antiglobalisierungs- antikapitalistischen AktivistInnen — auch als „Terroristen“ darzustellen. Berlusconi, der rechte Ministerpräsident von Italien, hat letzte Woche genau das gemacht, indem er die DemonstrantInnen in Genua mit den USA-Terroristen gleichsetzte. Sie werden versuchen, terroristische Methoden mit dem Recht der Arbeiterorganisationen auf Selbstverteidigung gegen Angriffe der Kapitalisten gleichzusetzen, einschließlich staatlicher Angriffe, neofaschistischer und rechtsextremer Angriffe, etc. Zweideutigkeit bei der Verurteilung terroristischer Methoden wird den Kapitalisten in die Hände spielen, egal wie gut die Absichten sind. Die Socialist Party, der „Socialist“, und ihre UnterstützerInnen werden diese falschen Methoden derjenigen, die die Gräueltaten von New York begingen, bekämpfen und ihnen die Ideen des Massenkampfs, der Ausbildung, Propaganda und Agitation entgegenstellen, um die Welt von Kapitalismus und Terrorismus zu befreien durch einen Kampf für den Sozialismus und die Errichtung des Sozialismus.