Mi 05.10.2005
Die steirischen Landtagswahlen 2005 waren in mehrerlei Hinsicht bemerkenswert. Die Regierungsparteien ÖVP und BZÖ erlitten ebenso wie die FPÖ herbe Niederlagen. Die offen rechtsextreme FPÖ flog aus dem Landtag, das ebenfalls rechtsextreme BZÖ befindet sich fast unterhalb der Wahrnehmungsgrenze. Die SPÖ wurde stärkste Partei und hat damit der ÖVP nach Salzburg das nächste Bundesland abgenommen. Dies ist weder auf eine ernsthafte Alternative des SPÖ-Spitzenkandidaten Voves bzw. des SPÖ-Programms, noch auf eine Mobilisierung von Beschäftigten gegen die herrschende Politik zurückzuführen. Die SPÖ wurde in erster Linie nicht als positive Alternative, sondern vor allem als kleineres Übel gesehen. Sie hat zwangsläufig aus dem Debakel der skandalgeschüttelten ÖVP profitiert. Die Niederlage der ÖVP hat langfristige Auswirkungen. Das bedeutendste Resultat ist jedoch das Abschneiden der KP-Steiermark. Mit über 6,3 % bzw. knapp 45.000 WählerInnen wurde die KP-Steiermark unter ihrer Führungsfigur Kaltenegger drittstärkste Partei. Sie ließ Grüne, FPÖ, BZÖ und Liste Hirschmann klar hinter sich. Nach den Bundestagswahlen in Deutschland, bei der die Linkspartei 8,7 % erringen konnte, ist das KP-Steiermark-Ergebnis der nächste Anstoß für Diskussionen zur Notwendigkeit einer Linkspartei in Österreich. Die AktivistInnen der Sozialistischen LinksPartei (SLP) arbeiten seit Mitte der 90er Jahre am Aufbau einer eigenständigen sozialistischen Kraft. Wir sehen unsere Argumente für eine neue ArbeiterInnen-Partei (statt einer Anbindung an SPÖ oder Grüne) durch die aktuellen Entwicklungen bestätigt. Wir möchten neben einer Einschätzung der österreichischen Innenpolitik und der Rolle der KPÖ unsere Vorschläge für die Entstehung eines Ansatzes hin zu einer echten Linkspartei umreißen. Wir freuen uns über konstruktive Beiträge und Kritik von anderen Organisationen, AktivistInnen und Interessierten.
Historischer Umbruch & Ablehnung der herrschenden Politik
Die Niederlage der ÖVP hat gewaltige Ausmaße. Sie bringt mit sich, dass zum ersten mal eine Pattsituation zwischen den zwei großen Parteien SPÖ und ÖVP auf Länderebene (4:4) und eine Mehrheit der SPÖ im Bundesrat entsteht. Dies wird zwar leider keinen Schwenk hin zu einer Politik gegen Sozialabbau mit sich bringen. Nichts desto trotz ist dadurch die wachsende Krise der bürgerlichen Parteienlandschaft erneut bestätigt worden. Keine 3 Jahre nach Schüssels überraschendem Sieg bei den Neuwahlen 2002 steht die traditionellste Partei der Besitzenden und Herrschenden in Österreich vor einem Scherbenhaufen. Die Machtübernahme der SPÖ in der Steiermark wird keine Änderung der Politik zugunsten der ArbeitnehmerInnen und Arbeitslosen bringen. In Salzburg hat die SPÖ-Landesregierung die Stadt Salzburg angewiesen, den halben Euro Essenszuschuss für Kinder aus Familien, die Sozialhilfe empfangen, zu streichen. In Wien führt die SPÖ mit einer absoluten Mandatsmehrheit die Privatisierung des Sozialbereichs und öffentlicher Dienstleistungen durch. Viele SPÖ-WählerInnen, die gewisse Hoffnungen auf Veränderung in die Wahl gesetzt haben, werden sich in nicht allzu ferner Zukunft enttäuscht sehen.
Das steirische Wahlergebnis lässt in Verbindung mit den Vorleistungen der Bundes-SPÖ speziell in den letzten Monaten (gehorsame Zustimmung zu wesentlichen Gesetzesvorlagen der Schüssel-Regierung) die Wahrscheinlichkeit einer neuen Großen Koalition (SPÖ-ÖVP) wachsen. Aus Sicht der Unternehmen und Kapital-Vertreter, die eine „arbeitsfähige“ Regierung wünschen, die Angriffe auf ArbeitnehmerInnen und Sozialleistungen fortführen soll, wird der Wiedereintritt der SPÖ in die Bundesregierung im Vergleich zum gegenwärtigen ÖVP-BZÖ-FPÖ-Chaos immer verlockender.
Ursachen & Auswirkungen des Wahlergebnisses
- Die
Abwahl der ÖVP hat natürlich auch bundespolitische Gründe.
Die ÖVP versucht wie schon nach den letzten Wahlen, dies
herunterzuspielen. Die Auswirkungen der Kürzungen bei Bildung,
Gesundheit und Wohnen auf Bundesebene führen auch in der
Steiermark zur Ablehnung der ÖVP. Hinzu kamen die hausgemachten
Skandale um Estag, Hirschmann und Herberstein, die die Abgehobenheit
und Korruption der herrschenden Politik weiter deutlich gemacht
haben. Die Stimmung: „Die da oben richten sich’s auf unsere
Kosten“ war ein wesentlicher Grund für die Abwahl der ÖVP.
Die Versuche der steirischen ÖVP, Verantwortung für die
Skandale auf andere (v.a. Hirschmann) abzuwälzen, hat nicht
funktioniert. Wir meinen, dass der Denkzettel für die ÖVP
nicht in einer „Medienkampagne“ zu suchen ist, sondern in ihrer
jahrzehntelangen Politik im Interesse der Unternehmen und
Superreichen, die unausweichlich Korruption und Abgehobenheit mit
sich bringt.
- Dass
die SPÖ heute die größte Fraktion im steirischen
Landtag ist, ist nicht auf die Politik der SPÖ zurückzuführen.
Die Voves-SPÖ zeigte im Wahlkampf wenig eigenes Profil. Sie hat
weder ein Alternativkonzept zum Neoliberalismus präsentiert
noch Menschen zur aktiven Umgestaltung der herrschenden Verhältnisse
aufgefordert. Die SPÖ wurde als kleineres Übel gewählt
bzw. als Partei, die sich weniger unbeliebt machen konnte.
Tatsächlich war und ist die SPÖ auf Bundes- wie auf
Landesebene für viele Probleme in der Steiermark
verantwortlich. Die Privatisierung und Zerschlagung der
Verstaatlichten Industrie unter SPÖ-Führung in den 80er
und 90er Jahren hat für einzelne Regionen in der Steiermark zu
hoher Arbeitslosigkeit geführt. Aufgrund der steirischen
Landesverfassung war die SPÖ an der bisherigen Landesregierung
beteiligt. Sie hatte bei den diversen Skandalen ebenso wie die ÖVP
ihre Finger im Spiel. Es passt ins Bild, dass Voves nun angekündigt
hat, im Fall Herberstein „einen Schlussstrich“ ziehen zu wollen.
- Der
Absturz der rechtsextremen Parteien FPÖ und BZÖ ist
natürlich sehr erfreulich. Dennoch: Sofort nach der
Parteispaltung hat die SLP gleichzeitig davor
gewarnt, daraus ein Ende des Rechtsextremismus abzuleiten. Der
Wiener Wahlkampf mit der besonders aggressiven Linie der Strache-FPÖ
und dem BZÖ-Spitzenkandidaten Schimanek machen das deutlich.
Ein Neuaufschwung des rechtsextremen Populismus kann auf Grundlage
fortgesetzter Verarmung und Sozialabbau nicht ausgeschlossen werden.
Vor allem dann, wenn es nicht gelingt, eine starke linke Alternative
aufzubauen.
- Die
Stagnation und leichten Verluste der Grünen sind auf ihre immer
größere Verwechselbarkeit mit den „traditionellen“
Parteien zurückzuführen. Die Grünen waren nie eine
linke Partei für ArbeitnehmerInnen. Sie hatte aber früher
zumindest ein linkes und fortschrittliches Image. Dieses ist in den
letzten Jahren durch die Anbiederung an die ÖVP deutlich
geschrumpft.
- Das
Ergebnis der Kommunistischen Partei zeigt, dass die Behauptung „Die
kleineren Parteien haben unter dem Duell der beiden Großparteien
gelitten“ falsch ist. Trotz lächerlicher Panikmache (v.a. von
ÖVP-Seite) kam die KP-Steiermark auf 6,3 %. Der Einzug der KP
in den Landtag drückt den Wunsch vieler Menschen, vor allem aus
der ArbeiterInnenklasse, nach einer echten Alternative zum
ÖVP-SPÖ-Proporz sowie zur angeblichen Alternative FPÖ
aus. Die Politik der KPÖ ist für die gesamte Linke von
großer Bedeutung. Auf jeden Schritt der KP-Steiermark, auf
konkrete Vorschläge, auf Aussagen, auf das Abstimmungsverhalten
im Landtag wird große Aufmerksamkeit fallen.
- Das
Ergebnis hat natürlich bundespolitische Auswirkungen. Die
Bundesregierung hat neuerlich eine schwere Niederlage hinnehmen
müssen. Die ÖVP verlor nach Salzburg nun ein weiteres
Bundesland. Der kleine Koalitionspartner BZÖ ist bereits beim
ersten Wahl-Test vollends gescheitert. Der Druck innerhalb der ÖVP
auf Schüssel wird stärker. Eine Obmanndebatte könnte
bald offen ausbrechen. Der einzige Klebstoff der jetzigen Regierung
ist die Gewissheit, dass bei vorgezogenen Neuwahlen das BZÖ
möglicherweise den Einzug ins Parlament verfehlen könnte
und damit der ÖVP der bisherige Koalitionspartner endgültig
wegfallen würde. Die Instabilität der Bundesregierung hat
durch die steierischen Wahlen weiter zugenommen. In Bezug auf den
Wahltermin ist es wie im Lotto: „Alles ist möglich“.
Rolle der KP-Steiermark – Kritik der SLP
- Der
Wahlerfolg der KP-Steiermark ist ein wichtiges Signal für die
Linke und darüber hinaus für breitere Schichten. Es zeigt,
dass linke Politik nicht „an sich“ ein Minderheitenprogramm ist,
sondern eine ernstzunehmende Alternative sein kann. Gleichzeitig
sehen wir in den Positionen der KP-Steiermark und der Bundes-KPÖ
(die sich in vielen Fragen durchaus unterscheiden) eine Reihe von
Problemen und Schwächen.
- Trotz
Panikmache haben knapp 45.000 Menschen in der Steiermark die KP
gewählt. Das Ergebnis unterscheidet sich von den Ergebnissen
anderer Bundesländer, wo die KPÖ unter 1 % liegt.
Andererseits gibt es Parallelen zu internationalen Entwicklungen,
wie dem guten Abschneiden der Linkspartei in Deutschland.
- Die
KP wurde nicht wegen ihres „Kommunismus“ gewählt. Aber im
Gegensatz zu früher war der Name „Kommunistische Partei“
kein Hindernis mehr. Dies spiegelt eine politische Entwicklung
wider, die von der SLP in den letzten Jahren immer wieder betont
wurde. Die Ablehnung des Establishments, der herrschenden Zustände
und sogar des Kapitalismus als ganzes (oft unter den Begriffen
„Globalisierung“ oder „Turbokapitalismus“) steigt.
Erfahrungen mit den tatsächlichen Auswirkungen des
Neoliberalismus am eigenen Leib und die offen zur Schau gestellte
Abgehobenheit der Herrschenden in Politik & Wirtschaft haben den
Wunsch nach „etwas anderem“ geweckt. Die Tatsache, dass es
derzeit keine große Partei gibt, die die Interessen von
ArbeiterInnen und Arbeitslosen vertritt und mit ihnen gegen den
Sozialkahlschlag kämpft, bricht sich in solchen Ergebnissen
Bahn. Die Skepsis gegenüber dem, was mit der KPÖ in
Verbindung gebracht wird (den sogenannten „Kommunismus“, bzw.
richtigerweise Stalinismus) ist zweifellos noch da. Doch die
Erfahrung mit dem real existierenden Kapitalismus verschiebt die
Blickpunkte.
- Ein
wichtiger Grund für den Erfolg der steirischen KP ist die
Arbeit von Ernest Kaltenegger und die Politik der KP in Graz.
Kaltenegger wirkt angesichts der bürgerlichen
Parteienlandschaft als einziger Politiker ehrlich und um die
Interessen der „einfachen Menschen“ bemüht. Er wirkt nicht
gekünstelt und abgehoben. Er hat seinen Lebensmittelpunkt mit
Menschen wie du und ich. Er bereichert sich nicht aus Steuermitteln.
Er bzw. KP’lerInnen finanziert/en aus seinem/ihrem Einkommen Hilfe
für sozial Schwache. Die KP-Steiermark (in Person von
Kaltenegger) ist seit Jahren im Bereich Wohnen und Mieten in Graz
federführend.
- Die
Politik der KP-Steiermark bietet für eine echte sozialistische
Alternative eine Reihe positiver Anknüpfungspunkte.
Gleichzeitig zeigten sich bereits vor und im Wahlkampf die
Beschränkungen der KP-Politik. Es besteht die Gefahr, dass
diese Schwächen künftig für den Wiederaufbau einer
starken sozialistischen/kommunistischen ArbeiterInnen-Bewegung ein
Hindernis darstellen und das famose Ergebnis vom 2.Oktober letztlich
ungenutzt verstreicht. Die KP-Steiermark steht unter einem großen
Druck. Von vielen Seiten wird gegen sie gehetzt. Diese Angriffe
weisen wir zurück. Weil die Rolle der KP-Steiermark für
die gesamte Linke große Auswirkungen hat und im Sinne einer
fruchtbringenden Auseinandersetzung innerhalb der linken und
ArbeiterInnen-Bewegung umreißen wir kurz einige unserer
Kritikpunkte:
- Die
Politik der KP-Steiermark scheint lediglich auf die Steiermark
reduziert zu sein. Natürlich muss eine ernsthafte
sozialistische/kommunistische Kraft auch in regionalen und lokalen
Fragen die Überlegenheit ihrer Standpunkte beweisen. Angesichts
der weltweiten Entwicklungen und globaler wirtschaftlicher
Verhältnisse ist jedoch selbst in der Lokalpolitik eine
internationale Orientierung unerlässlich.
- Die
Arbeit der KP wird im Slogan „Helfen statt reden“
zusammengefasst. Dieser Slogan drückt bereits den
sozialarbeiterischen Zugang aus. Dieser hat zweifellos seinen Sinn,
um einzelnen Menschen aus schweren Notlagen zu helfen. Kern einer
echten sozialistischen/kommunistischen Politik muss unserer Ansicht
nach sein, Betroffene zur aktiven Mitarbeit zu bewegen.
Einzelbeispiele können sehr gut genutzt werden, um generelle
politische Forderungen zu entwickeln, um die herum Kampagnen und
letztendlich Bewegungen entstehen sollten. Mit einer Mobilisierung
im Rücken kann so eine sozialistische/kommunistische Partei
politisch Verbesserungen durchkämpfen oder Verschlechterungen
abwehren. Lediglich ein besseres Management des gegenwärtigen
Systems wird dafür nicht ausreichen.
- Wir
haben den Eindruck, dass die KP-Steiermark, nicht zuletzt wegen
dieses Konzeptes, die Erfolge auf der Wahlebene nicht gleichermaßen
in den Aufbau einer aktiven und kämpferischen Partei umlegen
kann. Die Gewinnung neuer Mitglieder und AktivistInnen auf allen
Ebenen ist jedoch notwendig, da Verbesserungen eben nicht nur durch
Arbeit in den Gremien sowie Hilfsleistungen von MandatarInnen
erreicht werden können.
- Die
Angriffe der bürgerlichen und rechten Parteien verlangen von
den verantwortlichen KP-Mitgliedern eine gut überlegte
Reaktion. Wir halten es für nötig, hierbei eine Sprache zu
wählen, die nicht „links akademisch“ geprägt ist,
sondern an den Meinungen und Stimmungen unter ArbeiterInnen ansetzt.
Doch der Kern jeder Aussage muss im Sinne der Verbreitung
grundlegender sozialistischer/kommunistischer Standpunkte und Ideen
liegen. Gerade diesbezüglich hat die KP im Wahlkampf eine Reihe
von Rückziehern, z.B. in der Frage der Verstaatlichung bzw.
gesellschaftlichen Besitzes gemacht, anstatt die öffentliche
Aufmerksamkeit voll zu nutzen. Wir sind davon überzeugt, dass
ein betont antikapitalistisches Auftreten kaum jemanden von der Wahl
der KP abgeschreckt hätte.
- Die
KP hat (und dies gilt für die steirische wie für die
Bundes-KP) niemals einen wirklichen Bruch mit den Traditionen,
Methoden und Ideen ihrer stalinistischen Geschichte vollzogen. Einst
Partei in direktem Zusammenhang mit der Moskauer Führung,
bemühte sie sich zwar um eine Distanz zu den Verbrechen des
Stalinismus. Dieser Punkt ist sehr wichtig. Aber in Fragen von
Bündnispolitik (oftmals mit einer Öffnung nach rechts und
weniger zu anderen Linken), des Programmes und der Methoden des
Kampfes zieht sie keine Lehren aus vergangenen Fehlern. Das zeigt
sich in Bezug auf die Notwendigkeit einer grundlegenden
Gesellschaftsveränderung. Hier wurde „das Kind mit dem Bade
ausgeschüttet“. Es sticht ins Auge, dass diesbezüglich
ein sehr schaumgebremstes Programm präsentiert wird. Soziale
Missstände werden aufgegriffen, doch die Antworten bleiben
meist im Rahmen des Kapitalismus stecken. Der Sturz des Kapitalismus
wird nicht als zentrale Aufgabe erklärt, was jedoch zur Lösung
der Probleme der Menschheit nötig ist.
- Viele
frustrierte Ex-FPÖ-WählerInnen wählen nun
KP-Steiermark. Deshalb steigt auch der Druck auf die KP, Fragen zu
„AusländerInnen-Politik“ zu beantworten. Gerade angesichts
eines solchen Drucks ist eine sozialistische antirassistische
Position notwendig. In allen Fällen von Gemeindewohnungen und
Arbeitsplätzen muss man klar machen, dass die Spaltung in In-
und AusländerInnen keinen einzigen Job schafft und dadurch
keine Wohnung leistbarer wird. Um Sozialleistungen gegen Kürzungen
zu verteidigen, ist die beste Voraussetzung, einen gemeinsamen Kampf
von möglichst allen hier lebenden Menschen anzustreben. Wir
unterstellen der KP keinen Rassismus. Wir haben jedoch schon in der
Vergangenheit in diesen Punkten (AusländerInnen in
Gemeindebauten, Bündnisse mit der FPÖ in „Sachfragen“)
sowohl in der Steiermark als auch in Wien problematische bzw.
ungenaue Positionen kritisiert.
- Eine
neue linke Kraft hat die Möglichkeit, rechtsextreme und
faschistische Gruppen auszubremsen. Die FPÖ konnte ihren
Aufstieg in den 1990er Jahren wegen des Fehlens einer linken
Alternative vollziehen. Das Antreten der Linkspartei in Deutschland
konnte die NPD auf der Wahlebene zumindest vorerst zurückdrängen.
Dies ist langfristig aber nur mit einer einerseits klaren
antirassistischen Position und andererseits einem deutlichen
Eintreten gegen die sozialen Probleme möglich. Scheitert eine
neue linke Kraft, kann das rechten Kräften neuerlich Raum für
Stärkung bieten.
Die Bäume der KP-Steiermark werden nicht in den Himmel wachsen. Eine ruhige Position im Landtag wird und kann es nicht geben. Wir glauben nicht, dass die KP so etwas willentlich anstrebt. Doch die Gefahr ist in solch einer Situation immer gegeben, sich eine Art Nische als Opposition zu sichern und darin den wesentlichen Auftrag für seine Politik zu suchen. Die WählerInnen-Basis der KP ist nicht stabil; sie hat viel Vorschußlorbeeren erhalten. Dieser Kredit wird nicht nur der KP-Steiermark gewährt, sondern in einem gewissen Sinn der gesamten linken Bewegung in Österreich. Die KP-Steiermark wird auf der Grundlage zukünftiger Auseinandersetzungen die Verantwortung haben, an Vorschlägen für die Entstehung einer neuen bundesweiten sowie international organisierten Kraft mitzuwirken. Die SLP ist interessiert, bei jedem ernsthaften Ansatz in diese Richtung aktiv dabei zu sein. Doch wie sehen die Perspektiven dafür heute in diesem Land aus? Und wie müsste eine solche „Linkspartei“ oder Plattform o.ä. Politik machen und aufgebaut sein?
Für eine neue Partei für ArbeiterInnen, Arbeitslose und Jugendliche
- Die
deutschen sowie die steirischen Wahlen haben den Wunsch nach einer
neuen linken Kraft ausgedrückt. Weder die Linkspartei noch die
KP-Steiermark haben das Potential für eine Kraft links von
SPÖ/SPD und Grünen voll ausgeschöpft. Aber beide
haben deutliche Zeichen gesetzt. Als Folge wird die Diskussion über
eine neue linke Kraft auch in Österreich zunehmen. Auch wenn es
derzeit noch keinen konkreten Ansatz gibt, halten wir es für
sinnvoll, die wesentlichen Eckpfeiler für eine neue Linkspartei
zu diskutieren. Man muss heute schon in seinen Vorstellungen fit
sein für zukünftige Entwicklungen! Eine solche neue linke
Partei, eine neue Partei für ArbeiterInnen, Arbeitslose und
Jugendliche muss um erfolgreich sein zu können, drei
Bedingungen erfüllen: sie muss aktiv in Kämpfe eingreifen,
diese auch initiieren und anführen. Sie muss in ihren
Strukturen demokratisch sein und Organisationen und
Einzelmitgliedern breite Teilnahme an Diskussionen und
Entscheidungen geben. Und sie braucht ein sozialistisches Programm,
dass Lösungen nicht nur im Rahmen des Kapitalismus sucht,
sondern eine systemüberwindende Perspektive hat.
- Eine
neue Linkspartei wird nicht der bloße Zusammenschluss bereits
bestehender Organisationen sein. Eine neue Qualität erhält
ein solches Projekt durch Bewegungen von ArbeiterInnen, Erwerbslosen
und Jugendlichen. Für die Entstehung der WASG in
Westdeutschland (gewerkschaftlich linker Teil der Wahlplattform
Linkspartei.PDS) waren die Bewegungen gegen Hartz IV und die Agenda
2010 maßgeblich. Die Protest- und Streikbewegungen der Jahre
2003 und vor allem 2004 waren ihrerseits nicht möglich ohne des
breiten Gefühls unter ArbeiterInnen und Arbeitslosen, von der
SPD betrogen worden zu sein. Dieser Bruch vollzog sich auch in den
Reihen der Gewerkschaften. Die SPD führt in Koalition mit den
Grünen die schärfsten neoliberalen Angriffe durch. Sie
handelt im Auftrag der Kapitalisten, die großen vergangenen
Errungenschaften der ArbeiterInnenbewegung zu zerstören. Aus
Sicht der Unternehmen sind diese Angriffe nötig, um
angesichts einer weltweiten strukturellen Krise des Kapitalismus
ihre Profite zu verteidigen. Der kapitalistische Konkurrenzkampf
soll auf dem Rücken der ArbeiterInnen und sozialen Schwachen
ausgetragen werden.
- Die
bisherigen Streiks und Arbeitskämpfe in Österreich haben
noch zu keiner ähnlichen Entwicklung aus den Reihen der
Gewerkschaft geführt. Die Situation in Österreich
unterscheidet sich zu Deutschland nicht nur in der Schärfe der
sozialen Krise und Verarmung (was nicht heißt, dass es in
Österreich nicht schlimm genug wäre). Seit 2000 sind in
Österreich ÖVP und FPÖ bzw. BZÖ an der Macht.
Dies erlaubte der SPÖ, sich in der „Opposition“
zurückzulehnen. Dennoch geht die deutsche Entwicklung nicht
spurlos vorüber. Die Streiks 2003 haben bisher keinen
organisierten Ausfluss gehabt, aber es gibt auch innerhalb des ÖGB
und der Fachgewerkschaften immer häufiger Diskussionen über
die Notwendigkeit des Bruchs mit der SPÖ und die Notwendigkeit
einer neuen Partei für ArbeitnehmerInnen. Eine Initiative aus
den Reihen der Gewerkschaft – eine Konferenz von BetriebsrätInnen
und GewerkschafterInnen, ein Mobilisierung aus diesem Bereich gegen
Angriffe auf die ArbeiterInnenklasse könnte die so wichtige
neue Qualität für den Prozess in Österreich sein.
Denn auch für Österreich gilt: eine solche neue Kraft wird
nicht aus dem blosen Zusammenschluss zwischen existierenden linken
Organisationen entstehen.
- Angesichts
des Erfolges der KP-Steiermark stellt sich die Frage, welche Rolle
die Bundes-KPÖ spielen wird, kann und soll. Wie so oft stellt
sich die KPÖ in Wien als einzige linke Alternative dar, obwohl
sie gleichzeitig von „linker Pluralität“ redet. Die
Kandidatur der SLP und anderer Linker in diversen Bezirken werden
abgetan oder offiziell ignoriert. Die KPÖ machte in den letzten
Jahren eine Rechtsentwicklung durch. Das äußerte sich
auch in einem Schwund an aktiven Mitgliedern, die die KPÖ
verlassen haben oder hinausgeworfen wurden. Das Abschneiden der KPÖ
bei den Wiener Wahlen wird mitentscheiden, ob sie Schritte Richtung
„Linkspartei“ setzen wird und kann. Doch selbst wenn sie
aufgrund der Popularität Kalteneggers jetzt in Wien zulegen
sollte, ist nicht zu erwarten, dass die KPÖ ein Konzept
vorschlagen wird, das einen offenen Zugang beinhaltet, wie wir es im
folgenden Teil entwerfen.
- Für
eine erfolgreiche neue Linkspartei gilt unserer Meinung: Je weniger
von dieser KP, desto besser. Eine neue Linkspartei muss mit den
Traditionen und Methoden der KPÖ brechen. Dasselbe gilt in
einer anderen Größenordnung für die SPÖ. Sie
positionierte sich nach dem 2. Weltkrieg als Retterin
kapitalistischer Verhältnisse, als deklariert
anti-kommunistische (gemeint war hier nicht anti-stalinistisch!) und
als Partei, die dazu da war, die Gewerkschaftsbewegung in enger
Umklammerung zu halten. Linke wurden und werden an den Rand
gedrängt, während sie sich sogar für ehemalige Nazis
öffnete. In all diesen Fragen muss eine neue Linkspartei eine
völlig andere Ausrichtung haben!
- Das
heißt nicht, dass KPÖ und SPÖ, oder besser:
AktivistInnen aus KPÖ und SPÖ, nicht Teil einer solchen
Entwicklung sein können und sein werden. Doch der Erfolg eines
etwaigen Projektes hängt davon ab, wie stark sich andere neue
Kräfte einbringen werden. Aus einer Reihe von Protesten,
Kämpfen und Bewegungen kommen immer wieder frische
AktivistInnen nach, die nicht den Ballast der alten Parteien mit
sich schleppen.
Eine aktive Partei ist nötig
- Ein
wesentlicher Bestandteil einer neuen Linkspartei wird die aktive
Beteiligung ihrer Mitglieder und der Organisationen in sozialen und
politischen Kämpfen sein. Um sich als echte Alternative zu
entwickeln, ist die aktive Teilnahme und Unterstützung genauso
wie das Starten und Führen solcher Kämpfe und Bewegungen
nötig. Nur so können vereinzelte Kämpfe bundesweit
und über Grenzen hinweg zusammengefasst werden. Das
gegenseitige Ausspielen von Menschen in verschiedenen Gebieten,
verschiedener Herkunft, Geschlechts oder Alters kann so durch die
Klammer einer neuen Linkspartei beendet werden.
- Nur
die eigene Teilnahme an Kämpfen ermöglicht es, Erfahrungen
im Umgang mit dem Staat, mit UnternehmerInnen, in Verhandlungen zu
machen. Diese Erfahrungen sind notwendig für die Entwicklung
von Bewusstsein. Das ist eine notwendige Grundlage für
dauerhafte politische Aktivität. Stellvertretungs-Politik führt
im Gegensatz zu Inaktivität.
Demokratische Strukturen sind nötig
- Ein
wesentlicher Bestandteil einer neuen Linkspartei müssen
demokratische Strukturen sein, die neuen AktivistInnen die
Möglichkeit zu Teilnahme und Mitgestaltung geben. Politische
Debatten müssen offen geführt werden.
- Es
braucht klare Prinzipien, an die sich jede/r, die /die in Zukunft im
Namen einer Linkspartei bzw. eines Bündnisses gewählt
wird, halten muss. Um einen Rückfall in Bürokratie und
Korruption zu verhindern, ist die Forderung nach Facharbeiterlohn
für Funktionäre entscheidend. Unserer Meinung nach gibt es
keine Garantie, dass selbst lange Jahre ergebene linke AktivsitInnen
an der Macht nicht dem Druck der Herrschenden nachgeben.
Die Gefahr ist am größten, wenn sich der Lebensstil den
Herrschenden anpasst. Deshalb braucht es eine kompromisslose Haltung
gegen finanzielle Abgehobenheit von linken und
ArbeiterInnen-Kandidaten. Gerade in der Gewerkschaftsbewegung gibt
es dazu große Auseinandersetzungen. Die Abgehobenheit der
gegenwärtigen ÖGB-Führung ist ein großes
Hindernis für erfolgreiche Proteste von ArbeitnehmerInnen. Das
zeigten die vertanen Chancen im Streik 2003 gegen den Pensionsraub.
- Um
einen Auswahl-Prozess von Ideen und Programm im Interesse der
ArbeiterInnenschaft zu ermöglichen, ist eine föderale
Struktur sinnvoll. Diese kann es einzelnen Gruppen und Strömungen,
auch lokalen Initiativen, ermöglichen, sich an dem Projekt zu
beteiligen, ohne von Beginn an ein fertiges Programm akzeptieren zu
müssen.
- Darüber
hinaus ist ein klares Recht auf die Bildung von Strömungen und
Fraktionen nötig, um der Auseinandersetzung von Ideen den
nötigen Raum zu geben. Jede Strömung muss das Recht auf
freie Meinungsäußerung in der Partei haben. Die negativen
Erfahrungen mit den stalinistischen Diktaturen und der mangelnden
Demokratie in den ehemals sozialdemokratischen Parteien sind die
abschreckenden Beispiele.
Ein ganz anderes Programm ist nötig
- Die
wesentlichen Forderungen einer Linkspartei müssen sich an den
Bedürfnissen und Sachzwängen von ArbeitnehmerInnen,
Erwerbslosen und Jugendlichen orientieren. Die Frage der
Finanzierbarkeit notwendiger Dinge wie kostenlose
Gesundheitsbetreuung, freier Bildungszugang, Arbeitszeitverkürzung
(um mehr Zeit zum Leben zu haben) darf nicht an die Maßstäben
bürgerlicher „Wirtschaftsprofessoren“ gekoppelt werden.
- Ein
internationalistischer und anti-rassistischer Zugang muss in jeder
Auseinandersetzung Leitlinie sein. Gerade um der Zunahme von
Spannungen zwischen Menschen verschiedener Herkunft und
ArbeiterInnen verschiedener Länder entgegenzuwirken. Jedes
Konzept, das nationale Sonderwege für möglich hält,
muss zurückgewiesen werden. Solche Ansätze schaffen die
Illusion, es könnte einen funktionierenden Kompromiss zwischen
österreichischen Beschäftigten und österreichischen
Unternehmen geben; und das letztlich auf Kosten von ArbeiterInnen in
anderen Ländern. Daraus kann kein brauchbares Konzept zur
Verteidigung von ArbeiterInnen-Interessen entwickelt werden. Denn
die moderne Wirtschaft kann nicht als Summe nationaler Teile
betrachtet werden. Sie ist eng ineinander verflochten.
- Die
größte Kraft kann eine neue Linkspartei dann entfalten,
wenn ihre AktivistInnen auf Grundlage eines antikapitalistischen und
systemüberwindenden Programms in die Auseinandersetzungen zu
gehen. In den noch bevorstehenden Kämpfen gegen Job- und
Sozialabbau wird klarer werden, dass für die Verteidigung von
Arbeitsplätzen Maßnahmen nötig sind, die an der
Grundlage des Kapitalismus kratzen. Mehr noch: angesichts weltweit
zunehmender Kriegs- und Terrorgefahr kann nur eine international neu
geordnete Wirtschaft, kontrolliert und verwaltet von den
Beschäftigten, den Verfall in die Barbarei aufhalten.
- Wir
werden uns in jedem neuen Projekt entlang dieser Linien für
sozialistische Ideen einsetzen. Doch wir machen ein komplettes
sozialistisches Programm nicht zur Vorbedingung. Wir sehen ein, dass
sich erst im Zuge der Zusammenarbeit mit AktivistInnen aus
verschiedenen Strömungen die brauchbarsten Ideen und Methoden
durchsetzen werden können. Genauso wäre es falsch, von
vorneherein auf sozialistische Ideen zu verzichten, aus Angst,
neue/potentielle Mitglieder zu verschrecken.
Es werden viele Zugänge an einem Projekt Linkspartei, dessen Entwicklung in Österreich vielleicht noch seine Zeit brauchen wird, mitwirken. Um den sozialistischen Standpunkt gegenüber jenen Kräften zu stärken, die Illusionen auf Lösungen im Kapitalismus haben, ist schon heute die Arbeit mit und in der SLP die beste Möglichkeit! Unser Antreten bei den Wahlen in Wien am 23.10. ist ein Schritt in diese Richtung; ebenso wie unsere Arbeit in den Gewerkschaften für einen kämpferischen Kurs von ÖGB und Fachgewerkschaften. Wenn Sie/du mit unseren Ansätzen und Ideen übereinstimmen/übereinstimmst, dann arbeite gemeinsam mit und in der SLP und dem „Komitee für eine ArbeiterInnen-Internationale“ für einen starken sozialistischen Flügel in einer zukünftigen Linkspartei.