Sa 01.03.1997
In den letzten Jahren wurde unter Leitung der SPÖ der Boden für die Privatisierung der österreichischen Verstaatlichten vorbereitet und diese durchgezogen. Unterstützt wurde die SPÖ bei diesem Vorhaben durch die Gewerkschaftsbürokratie, die die Beschäftigten in den betroffenen Betrieben ruhig hielt und durch die Bürgerlichen mit ihren Sprachrohren, der österreichischen Zeitungs- und Medienlandschaft.
Die Medienhetze ging soweit, daß große Teile der österreichischen Bevölkerung tatsächlich glaubten, daß Privatisierung die beste Lösung, sowohl für die Beschäftigten als auch für die Bevölkerung sei. Belegt wurde das alles durch „objektive“ Gutachten, die eine ständige Umstrukturierung der Verstaatlichten zur Folge hatten. Die anwachsenden Verluste der Verstaatlichten wurden zum Steckenpferd für die Privatisierungstreiber. Woher die Verluste kamen und warum viele österreichische Banken sich an den Zinszahlungen aus der Verstaatlichten eine goldene Nase verdienten, diese Frage stellte damals keiner. In der VOEST-Linz wurden z.B. noch kurz vor der Privatisierung die modernsten und teuersten Filteranlagen eingebaut, um das dem nachfolgenden Besitzer zu ersparen.
Daß die Privatisierung vor allem Arbeitsplatzvernichtung und Lohndruck erzeugte, zeigte sich jüngst wieder am Beispiel der VA-Bergtechnik. Das hochtechnologisierte Bergbaumaschinenwerk in Zeltweg wurde erst vor einem halben Jahr um unglaubliche 1.000,-- Schilling an den finnischen Tamrock Konzern verkauft.1981 arbeiteten noch 3000 Menschen in der VA-Bergtechnik. 1990 wurde der Betrieb in VA-Eisenbahnsysteme und VA-Bergtechnik geteilt. Damals arbeiteten noch 1400 in der VA-Bergtechnik.
Dabei wurde zwar angeblich die Übernahme der Schulden von rund einer halben Milliarde Schilling durch den finnischen Konzern vereinbart, wobei die ÖIAG noch eine Milliarde für Lagerkosten an die VA-Bergtechnik zahlte. Außerdem scheinen die österreichischen Verhandler wie auch die Gewerkschaftsvertreter auf eine Beschäftigungsgarantie „vergessen“ zu haben.
So soll der vor der Privatisierung auf 635 Mitarbeiter geschrumpfte Betrieb in der steirischen Krisenregion Aichfeld-Murboden jetzt für die Auftragsflaute im Bergbaumaschinenbau herhalten, nachdem der Umsatz im letzten Jahr um 20% zurückgegangen ist.
Durch eine Verlagerung und engere Zusammenarbeit mit dem finnischen Mutterkonzern soll es in den Bereichen EDV, Planung und Finanzwesen zu Kündigungen kommen. Die vorerst von der Konzernleitung angestrebten 300 Kündigungen im Produktionsbereich konnten in Verhandlungen zwischen dem Gesamtbetriebsrat und der Konzernleitung durch die Einführung von dreimonatiger Kurzarbeit vermieden werden. Weiters erreichte die Belegschaftsvertretung bei diesen Verhandlungen die Zusage der Firmenleitung, daß es einen Sozialplan für die über 50-jährigen Mitarbeiter geben wird. Auch hat die Firmenleitung zugesagt, daß es zu keinen „golden handshakes“, das heißt, daß den Mitarbeitern der freiwillige Abgang vom Betrieb durch finanzielle Zuwendungen schmackhaft gemacht werden soll, kommen wird. Die Offensive der Unternehmer geht in allen Lebensbereichen weiter, daher steht auch diese Lösung auf wackeligen Beinen.
Über die derzeitige Situation und bestmögliche Verteidigungsstrategien führte Vorwärts ein Gespräch mit dem Betriebsrat der VA-Bergtechnik Sepp Kampl der als Vertreter der Oppositionsliste ÜLZ (=Überparteiliche Liste Zeltweg) im Arbeiterbetriebsrat sitzt.
Vorwärts: Kollege Kampl, wie ist die Stimmung im Betrieb?
Kampl: Die Kollegen haben keine Illusionen mehr. Durch die Privatisierung wird der Druck in Richtung Arbeitsplatzabbau weitergehen. Ich kann nur einen guten Sozialplan ausverhandeln.
V: Was erwartest du vom ÖGB ?
K: Die ganze Privatisierung ist eine Suppe, die uns der ÖGB mit eingebrockt hat und die wir jetzt auslöffeln dürfen. Die ÖGB-Spitze hätte die Verstaatlichte verteidigen müssen. Bewegungen von unten hat es ja gegeben. 1986 die Großdemonstration aller Vöstler. 1989 haben wir in der Bergtechnik die Maschinen besetzt. Damals schrieb das Profil : „Kommunistisch dominierter Betriebsrat verhindert Sanierung der Verstaatlichten“. Damals hatten wir eine Chance, den Privatisierungsspieß umzudrehen.
V: OK, das sehen wir natürlich genauso, aber was erwartest du vom ÖGB heute?
K: Ich werde in der nächsten Sitzung der ÖGB-Landesexekutive Steiermark, dem Kollegen Verzetnitsch ein Zitat von Otto Bauer vorhalten. Bauer meinte sinngemäß: „Solange sich die Sozialdemokratie und die Gewerkschaftsbewegung nicht die Eigentumsfrage stellen, werden die Gewerkschaft und die Sozialdemokratie immer wieder untergehen.“ Auch wenn wir als Marxisten keine Otto Bauer-Fans sind, muß man die Sozialdemokratie mit dem Verrat ihrer Ideale konfrontieren. Außerdem werde ich vom ÖGB verlangen, daß er einen Kampf um die Wiederverstaatlichung von der VA-Bergtechnik führt. Wobei das mehr eine Vergesellschaftung sein müßte, als eine Verstaatlichte im alten Sinn. Dieser Kampf müßte mit dem Kampf um Erhalt der Arbeitsplätze seitens der Betriebsräte verbunden werden.
V: Wie wäre es mit einer gemeinsamen Kampagne der Linken, um den ÖGB unter Druck zu setzen?
K: Auch wenn wir heute eher schwach sind, einen Versuch wäre es sicher wert.