Ein Jahr Genozid - Gibt es noch Hoffnung?

VORWÄRTS-Schwerpunkt mit sozialistische Analysen und Perspektiven zur Situation in Nahost
ISA-Redaktion

Über 42.000 Ermordete. 95.000 Verletzte. 10.000 unter den Trümmern Verschwundene. Von 2,1 Millionen Einwohner*innen wurden 1,9 Millionen durch die Bomben aus ihren Wohnungen vertrieben - Wohnungen, die selbst davor meist nur notdürftige Unterkünfte in permanenten Flüchtlingslagern waren. Mehr als 2 Millionen Menschen fehlt es an Schutz, Nahrung, Wasser, Zugang zu sanitären Einrichtungen und medizinischer Versorgung sowie zu Elektrizität und Treibstoff. Das sind die Schätzungen der UN - andere Schätzungen gehen von 186.000 Toten durch die Folgen des Krieges aus. Die Zahlen übersteigen das Vorstellungsvermögen von dem Grauen, das sich seit einem Jahr in Gaza ereignet. Auch die Bilder, die uns täglich über Social Media erreichen, können nur einen kleinen Ausschnitt dieser Hölle sichtbar machen. Alle Städte in Schutt und Asche. Die schlimmste Zerstörung eines Gebiets seit dem Zweiten Weltkrieg. Mehr Verwüstung als bei den damaligen Bombardements von Dresden, Hamburg und London zusammen. Wer kann angesichts dieses Horrors allen Erntes noch Anderen absprechen, das einen Genozid zu nennen?

Als Rechtfertigung seines Vernichtungsfeldzuges in Gaza (und immer stärker auch in der Westbank und dem Libanon) nutzt das reaktionäre Netanjahu-Regime auf zynische Weise das brutale Massaker der Hamas am 7. Oktober.  Die massenhafte Ermordung von Zivilist*innen, sowie die Vergewaltigung und Verschleppung von Hunderten, war kein Akt des Freiheitskampfes gegen das israelische Besatzungsregime. Es war ein reaktionäres Massaker, mit dem die Hamas-Führung ihre Machtposition festigen wollte. Diese war durch zwei Entwicklungen gefährdet: erstens die intensivierte Gewalt seitens des israelischen Militärs und der rechtsextremen Siedler in den Monaten zuvor - 2023 war bereits vor dem 7. Oktober das tödlichste Jahr für Palästinenser*innen. Das erhöhte den Druck auf die Hamas-Führung, sich durch eine Antwort weiterhin als Verteidigerin der Palästinenser*innen zu präsentieren.  Zweitens drohte die Hamas durch die bis dahin fortschreitende  “Normalisierung” der Beziehungen Israels zu den Golfstaaten im Rahmen der “Abraham Accords” an diplomatischer Bedeutung zu verlieren. Tatsächlich dient der 7. Oktober jetzt dem israelischen Regime (und den extremsten Strömungen darin) als Vorwand für eine nachhaltige Verschiebung des Kräfteverhältnissen  - also für einen noch brutaleren und unterdrückerischen Status quo - zu nutzen. Am deutlichsten zeigt sich das durch den Einmarsch im Libanon.

Angesichts des Horrors waren sozialistische Perspektiven für ein Ende von imperialistischer Unterdrückung und Krieg nie so wichtig wie jetzt. In diesem Vorwärts-Schwerpunkt versuchen wir, einige Grundlinien dafür zu entwerfen sowie Hoffnungsschimmer aufzuzeigen, an denen solche Perspektiven anknüpfen können.

 

Eine Geschichte der Gewalt

Als britisches Mandatsgebiet war Palästina ab den 1920ern bereits Objekt imperialistischer Machtpolitik - schon die Balfour-Deklaration von 1917 zeigte deutlich, dass der britische Imperialismus sich von der jüdischen Ansiedlung weniger eine “nationale Heimstätte” für verfolgte Jüden*innen versprach, sondern eine langfristige Sicherung seiner Kontrolle über die Region und insbesondere den Suezkanal. Die Gründung des israelischen Staates 1948 ging mit der massenhaften Ermordung und Vertreibung der ansässigen palästinensischen Bevölkerung einher - der “Nakba” (“Katastrophe”). Es war der Gipfel des imperialistischen Zynismus: Jüd*innen hatten in den Jahren zuvor versucht, dem faschistischen Holocaust und den antisemitischen Mordkampagnen in der stalinistischen Sowjetunion zu entkommen und waren von Ländern wie Britannien und den USA massenhaft abgewiesen worden. Nun nutzten diese Staaten die Sehnsucht der Überlebenden, angesichts dieser Erfahrungen einen eigenen Staat zu haben, um in der Nachkriegsordnung einen Vorposten ihrer Macht im Nahen Osten zu schaffen - und ließen das palästinensische Volk den Preis dafür bezahlen. Währenddessen blieben in Österreich und Deutschland die Mörder ungeschoren und wurden  im Zuge des Marshallplans sogar neue Geschäftspartner.

Von Anfang an war somit der israelische Staat als imperialistischer Vorposten auf der Unterdrückung der Palästinenser*innen aufgebaut und kann in dieser Rolle nicht auf sie verzichten. Die herrschende Klasse in Israel ist in vielerlei Hinsicht von dieser Unterdrückung abhängig: Auf der ökonomischen Ebene sind die entrechteten palästinensischen Arbeiter*innen, die etwa nur zum Arbeiten aus dem Gazastreifen gelassen werden oder im Westjordanland israelischem Militärrecht unterliegen, eine wichtige Quelle von Extraprofiten für das israelische (und internationale) Kapital. Rein ökonomisch betrachtet kostet das enorm aufwändige Besatzungs- und Belagerungsregime jedoch weit mehr, als es einbringt. Für die herrschende Klasse stellt es deshalb vor allem eine politische Notwendigkeit dar: die Enteignungen und Vertreibungen der Nakba rückgängig zu machen, ist nicht vereinbar mit ihrem Zionismus, der von einem “Nationalismus der Unterdrückten” zu einem “Nationalismus der Unterdrücker” wurde (siehe S.18). Je mehr durch den anhaltenden palästinensischen Widerstand klar wurde, dass die Folgen der Nakba nicht einfach verschwinden werden, desto mehr verschanzte sich die israelische herrschende Klasse ideologisch hinter einem immer aggressiveren Nationalismus und militärisch durch massive Aufrüstung. Außerdem: Je aggressiver der US-Imperialismus in den letzten Jahrzehnten vor allem im Nahen und Mittleren Osten wurde, desto mehr wurde die “nationale Einheit” für die von ihm ökonomisch, militärisch und politisch abhängige herrschende Klasse in Israel notwendig, und das heißt insbesondere: die Intensivierung der Unterdrückung der Palästinenser*innen. Dadurch ist dieser Prozess sogar umgeschlagen: der israelische Staat geht nun bereits seit mehr als einem Jahrzehnt so brutal vor, dass es seitens der USA immer wieder zu (halbherzigen) Beschwichtigungsversuchen kommt.

Netanyahus “neue Ordnung”

Für das Netanyahu-Regime war der 7. Oktober vor allem ein Signal dafür, dass sich seine schon seit Jahren steigende Aggressivität nicht mehr unter “normalen” Bedingungen fortsetzen lässt. Die Zerstörung Gazas sollte den Weg für eine noch brutalere Neuordnung der Verhältnisse ebnen. Das erklärt, warum das Abschlachten auch nach der Ermordung Sinwars, des “Drahtziehers” des 7. Oktober, ungebremst weitergeht. Die Umstände seines Todes (Zufall, keine Geiseln als “Schutzschilder”) zeigten die ganze Verlogenheit der Propaganda von Netanyahu & Co: es ging nie um Gerechtigkeit, sondern um brutale imperialistische Machtpolitik. Dies betrifft nicht nur die palästinensischen Gebiete, wie die Bodeninvasion im Libanon zeigt. Bereits die Ermordung von Hisbollah-Chef Nasrallah trug den vielsagenden Operationsnamen “Neue Ordnung”. Bereits während der letzten Monate forderte die Rechte in Israel die Ausweitung des Krieges in den Norden. Da sich das ganze Land ohnehin im Kriegsmodus befände, könnte man dies nützen, um den regional-imperialistischen Rivalen Iran und seine Verbündeten vor Ort - die Hisbollah und das Assad-Regime - entscheidend zu schwächen und die eigene Dominanz in der Region zu festigen. Dafür ist der israelische Imperialismus wieder bereit, über die Leichen unzähliger Zivilist*innen zu gehen: Wieder bombardiert er Wohnviertel, Krankenhäuser und sogar die Fluchtrouten jener Hunderttausenden Menschen, die versuchen, sich in den Norden oder gar nach Syrien in “Sicherheit” zu bringen.

Widerstand gegen die israelische Invasion ist absolut notwendig. Unter diesen Umständen wäre es keineswegs verwunderlich, wenn Teile der libanesischen Bevölkerung die Hisbollah als Schutzschild gegen die kriegerische Invasion sehen. Doch die Hisbollah agiert nicht im Interesse der Palästinenser*innen oder Libanes*innen - sondern vor allem als verlängerter Arm des regionalimperialistischen iranischen Regimes, z.B. indem sie im syrischen Bürger*innenkrieg das Assad-Regime unterstützt. Die Machthaber im Iran plustern sich zwar gerne rhetorisch gegen Israel auf, haben aber kein echtes Interesse an palästinensischer Befreiung und wollen eine offene Konfrontation jedoch so gut es geht vermeiden: Zum einen würde dies die Zerstörung der iranischen Atomanlagen bedeuten, die Peseschkian gerade als Verhandlungsmasse für einen neuen Atomdeal benötigt. Zum anderen steht das verhasste Regime nach den Erschütterungen der “Frau, Leben, Freiheit”-Bewegung selbst auf tönernen Füßen und es ist fraglich, wieviel Unterstützung es in der Bevölkerung für so einen Krieg zusammentrommeln könnte.

Nachdem all die Gewalt und Zerstörung in Gaza Netanyahu innenpolitisch nicht wie erhofft langfristig gestärkt hatte - ganz im Gegenteil hat seine Politik, die Zerstörung Gazas über das Leben der Geiseln zu stellen, die israelischen Massen noch mehr gegen ihn aufgebracht - versucht er im Libanon nun noch einmal, durch Krieg nationale Einheit zu stiften, um sein politisches Überleben zu sichern. Die Bewegung gegen ihn mobilisierte in den letzten Monaten regelmäßig Hunderttausende auf den Straßen und gipfelte vorerst im Generalstreik am 2.9. Ihre zentrale Forderung ist die eines Geiseldeals - an ihrer Spitze stehen die Angehörigen der Geiseln und auch einige heimgekehrte Geiseln. Aber nur eine Minderheit in der Bewegung zieht die notwendige Schlussfolgerung, gegen den gesamten Krieg und jede Form der Unterdrückung der Palästinenser*innen zu kämpfen. Ohne die konsequente Forderung nach vollständiger nationaler Selbstbestimmung und das Recht auf Rückkehr für Palästinenser*innen wird die Bewegung nicht zu einem Ende der jahrzehntelangen ethnischen Säuberung beitragen.

Mit der Eröffnung der nächsten Front im Libanon konnte Netanyahu deshalb die Bewegung vorerst wieder ausbremsen: Das offizielle Geiselkomittee sagte die nächste geplante Großdemo ab - nur einige Familien riefen dazu auf, weiter zu demonstrieren. Wieder macht sich die gefährliche Illusion breit, die eigene Sicherheit sei nur durch Krieg aufrechtzuerhalten - obwohl ganz offensichtlich genau das Gegenteil der Fall ist. Ohne einem Bruch der israelischen Arbeiter*innenklasse nicht nur mit Netanjahu sondern der gesamten Logik des Besatzungsregimes wird es keine Sicherheit geben. Diese Stimmen sind aktuell eine kleine Minderheit. Vor allem aber der Widerstand in Palästina und der Region sowie die internationale Solidaritätsbewegung werden eine zentrale Rolle dabei spielen, die Unterstützung für Krieg und Besatzung zu schwächen und stattdessen die Perspektive eines gemeinsamen Kampfes gegen alle reaktionären Kräfte in der Region zu eröffnen.

Historische Lehren und Perspektiven für Widerstand

Eine historische Lehre dafür war die Erste Intifada 1987: Sie war ein Massenaufstand, der mit einem Generalstreik arabischer Israelis gegen die Tötung von Palästinenser*innen in Gaza begann. Schnell breitete sich die Bewegung nach Gaza und ins Westjordanland aus. Es entstanden demokratische Strukturen, welche die Streiks, Versorgung und Erste Hilfe, sowie die bewaffnete Selbstverteidigung gegen Militär und Siedler organisierten. Der Aufstand entfaltete eine solche Zugkraft, dass sich Teile der israelischen Arbeiter*innenklasse anschlossen. Insbesondere kam es zu gemeinsamen Demonstrationen israelischer und palästinensischer Frauen.

Im Zuge des arabischen Frühlings 2011-2013 stürzten die Massen reaktionäre Regimes im gesamten Maghreb und Nahen Osten. Davon inspiriert kam es auch in den palästinensischen Gebieten zu Massenprotesten und Streiks, die vom israelischen Regime, aber auch von Hamas und Fatah niedergeschlagen werden mussten. Dennoch erreichte die Rebellion auch Israel selbst, wo auf Großdemos gerufen wurde, welcher Herrscher als nächster dran sein sollte: “Ben Ali, Mubarak, Bibi Netanyahu!”

10 Jahre später, am 18. Mai 2021, erschütterte ein historischer palästinensischer Generalstreik die palästinensischen Gebiete: Millionen beteiligten sich am “Würdestreik” gegen die Misshandlung und Tötung von Palästinenser*innen in Gaza. Wieder streikten auch Palästinenser*innen mit israelischer Staatsbürgerschaft: “Mehr als 20% [andere gehen sogar von 40 % aus, Anm. der Red.] der Beschäftigten des israelischen Gesundheitsbereichs sind Palästinenser*innen”, sagte eine Aiah Odeh, eine der Streikenden: “Meine Mutter ist Pflegerin. Durch den Streik zeigt sie, dass wir nicht einfach nur Zivilist*innen sind, die man jederzeit attackieren kann”, denn: “Israels Wirtschaft ist von uns abhängig”.

Der Libanon sah bei der “Zedernrevolution” 2005/6, während des arabischen Frühlings und 2019 Massenrevolten gegen Armut und Unterdrückung. Diese standen in Solidarität mit den Palästinenser*innen, richteten sich jedoch auch gegen die Hisbollah als Teil der Herrschenden Klasse, und 2019 wurde sogar eine von ihr gestützte Regierung gestürzt. Solche Bewegungen können die falschen Freunde Palästinas entlarven - insbesondere im Iran, wo der Geist der revolutionären “Frau, Leben, Freiheit”-Bewegung noch sehr präsent ist. Ein solch revolutionärer Sturz des Mullah-Regimes könnte die Basis für echte Solidarität mit den Palästinenser*innen legen, der “Sicherheits”-Propaganda von Netanyahu & Co den Boden entziehen und eine gemeinsame revolutionäre Perspektive als Gegenpol zu Imperialismus und reaktionären Regimen aufzeigen.

Nicht zuletzt kann auch die weltweite Solidaritätsbewegung eine enorme Rolle spielen: Die Massenproteste und Uni-Besetzungen haben schon stark dazu beigetragen, den mörderischen Charakter des Netanyahu-Regimes vor der Weltöffentlichkeit aufzuzeigen. Dies ist besonders wichtig in Ländern wie den USA, Deutschland und Österreich, deren Regierungen die aktivsten Mittäter am Massenmord sind - effektiver Widerstand kann hier dazu führen, diese Unterstützung zu untergraben und gleichzeitig eine wichtige Rolle im Widerstand gegen Rassismus hier spielen. Eine besondere Rolle haben auch hier die Kampfmethoden der Arbeiter*innenklasse: So kam es bereits in mehreren Ländern zu Streiks, die Waffenlieferungen an Israel blockierten. Solche Streiks und gezielte Boykotts können massiven Druck aufbauen und zum Sturz des Regimes beitragen, wie auch der internationale Kampf gegen die Apartheid in Südafrika gezeigt hat.

All diese Perspektiven für Widerstand und Befreiung sind hier und heute da, auch wenn sie vom Lärm der Bomben und vom Dröhnen der Medienpropaganda verdeckt werden. Erst am 4. Oktober kam es in Tulkarm im Westjordanland zu einem stadtweiten Generalstreik gegen israelische Angriffe. Als revolutionäre Sozialist*innen müssen wir diese Ansatzpunkte stärken, zusammentragen und ausbauen, um den Kampf gegen imperalistisches Morden und gegen jede Unterdrückung führen zu können - für ein Leben in Frieden, Wohlstand und Sicherheit der Existenz für alle Menschen in der Region.

 

Solidarität aufbauen!

Nur ein Ende der Besatzung und Belagerung der palästinensischen Gebiete und ein Rückzug der israelischen Truppen aus dem Libanon wird Frieden bringen, alles andere ist nur ein Scheinfrieden auf Kosten der palästinensischen/libanesischen Bevölkerung, der die Spirale der Gewalt nicht unterbrechen wird (siehe Seite 18). Jede Friedensbewegung muss verstehen, dass die Ursache der Gewalt in der Unterdrückung der Palästinenser*innen liegt.

Im Kampf für einen solchen Waffenstillstand und ein nationales Selbstbestimmungsrecht für die Palästinenser*innen können wir uns weder auf die einen oder anderen imperialistischen Kräfte (Westen oder Iran/Russland) stützen. Nur Druck von unten und von den (verschiedenen) Herrschenden unabhängige Selbstorganisierung und kann einen Ausweg zeigen.

Wie können wir eine Bewegung gegen Krieg, Besatzung und Rassismus aufbauen?

Die Solidarität mit den Menschen in Gaza und dem Libanon ist tatsächlich viel größer als es scheint. Das drückte sich z.B. auch in den deutlich sinkenden Aktienkursen von Unternehmen, die das israelische Regime unterstützen , Starbucks (bis zu 25 % seit Ende 2023) und McDonalds aus. Gerade junge, migrantisierte oder feministisch politisierte Menschen macht die Situation im Mittleren Osten sehr betroffen, doch nur eine Minderheit nimmt an den Protesten teil. Das liegt vor allem auch an der Repression und Einschüchterungskampagne des Establishments.

Es muss uns gelingen, diese eigentlich sehr große Solidarität zu mobilisieren. Es braucht (Mitmach-)Angebote, wo sich Menschen am Aufbau einer Protestbewegung beteiligen können, Orte, wo über Forderungen diskutiert und Aktionen geplant werden können, sowie gemeinsame Ziele, wie Großdemonstrationen u.ä., auf die hin mobilisiert werden kann. Lokale Aktionsgruppen (in verschiedenen Städten, an Schulen, Unis, Arbeitsplätzen usw.), zu denen offen eingeladen wird, könnten solche breiten Kampagnen organisieren.

Auch Gruppen wie "teachers/careworkers4palestine" können aufzeigen, wie prekär die Situation für Erzieher*innen und medizinisches Personal in Gaza ist. Aktionen am Arbeitsplatz können helfen, die Solidarität mehr in die Gesellschaft zu tragen. In Schulen könnten Aktionsgruppen Schulstreiks vorbereiten. Denn dort sind viele Schüler*innen (und Lehrer*innen) mit Rassismus und Repression gegen jegliche Palästina-Solidarität konfrontiert. So müssen wir auch die Gewerkschaften auffordern, uns gegen diese Repression zu verteidigen und selbst für eine Ende des Krieges und der Besatzung einzustehen.

Schon die verschiedenen Aktionen auf den Unis hatten eine große Dynamik erzeugt. Sie haben auch gezeigt, dass wir von den offiziellen Vertretungen (wie ÖH und Rektorat) außer Repression nichts erwarten können. Umso wichtiger ist deshalb die Selbstorganisierung unter Studierenden und Lehrkräften für kommende Protestcamps, Mobilisierung und den Kampf gegen Repressionen. Auch hier müssen wir zuallererst versuchen, die Unterstützung dafür - z.B. durch Veranstaltungen, Diskussionen und Flyeraktionen -  zu erhöhen und mehr Menschen für den Kampf zu gewinnen. Denn individuelle (scheinbar radikale) Aktionen werden den Widerstand nicht verbreitern, sondern eher isolieren. 

Widerstand gegen Rechts heißt auch Solidarität mit den Menschen in Gaza/Libanon!

Die Logik der Entmenschlichung der palästinensischen Bevölkerung und die Verunglimpfung jeder Solidarität mit ihr ist Teil einer jahrzehntealten Offensive von antimuslimischen Rassismus, die die Diskriminierung von migrantisierten Menschen rechtfertigen soll und damit auch eine Grundlage des Rechtsrucks darstellt. 

So darf auch eine Widerstandsbewegung gegen Rechts das nicht ignorieren. Linke Kräfte, die dazu schweigen oder sogar die pro-israelische Erzählung der Bürgerlichen mittragen, wie KPÖ oder die Organisator*innen der Donnerstagsdemo, sind somit in ihrem “Antirassismus” nicht glaubwürdig. Wenn wir die Ausgrenzung von migrantisierten Menschen durchbrechen wollen, müssen wir uns jetzt wo es konkret wird - in der Frage von Gaza - klar positionieren.  Eine Verbindung der Proteste kann nicht nur ein klares Zeichen gegen den unmenschlichen Kurs des Establishments im Bezug auf Gaza setzen, sondern auch migrantisierten Menschen einen größeren Raum im Kampf gegen Rassismus geben.

 

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