Di 25.07.2023
Die politische Krise spitzt sich zu. Teuerung, Klimawandel, Pflegekrise, Sexismus und Rassismus sind tägliche Bedrohungen und die Regierung hat keine Antworten, sondern verschärft die Probleme noch. Im Mangel von Alternativen profitiert nur die FPÖ. Vor diesem Hintergrund ist die Kandidatur von Andreas Babler für den SPÖ-Vorsitz eine Chance, sozialistische Antworten in eine breitere Öffentlichkeit zu tragen und Widerstand von unten aufzubauen. Rasch zeigte sich Begeisterung für seine Kandidatur: über 9.000 sind in nur wenigen Tagen in die SPÖ eingetreten, seine Veranstaltung sind überfüllt. Gleichzeitig birgt ein Scheitern von Babler auch die Gefahr, viele enttäuscht zurückzulassen.
Entscheidend: Klassenkampf und Widerstand von unten
Ein Wahlsieg von Babler würde die politische Sackgasse der Linken nicht automatisch beenden. Die Stärke der Rechten und die Kürzungspolitik der Regierung liegen nicht in erster Linie an fehlender linker Präsenz im Parlament, sondern am Fehlen von Klassenkampf und sozialen Bewegungen. Es liegt nicht nur an der fehlenden linken Alternative, dass die FPÖ wächst, sondern auch daran, dass es in Österreich (im Gegensatz zu z.B. Frankreich) wenig Erfahrung mit Widerstand von unten gibt. In Kombination mit einer Gewerkschaftsführung die auf “unsere Leute zuerst” Logik setzt fördert das rassistische Pseudo-Lösungen. Jede linke politische Alternative muss es sich zur Aufgabe machen, echten Widerstand von unten aufzubauen. Babler muss seinen Slogan der “Politik von unten” ernst nehmen und darf sich nicht auf das Werben innerhalb der SPÖ beschränken sondern sollte die Kampagne von Anfang an nützen, um eine breitere Bewegung aufzubauen (von SPÖ-Mitgliedern und Gewerkschafter*innen, Klimaaktivist*innen, Feminist*innen und Sozialist*innen außerhalb) - z.B. durch Protestkundgebungen gegen Teuerung, Pflegenotstand und Rechtsruck, betriebliche Aktionen für Arbeitszeitverkürzung, Mobilisierungen für eine Vermögenssteuer, Aktivist*innenkonferenzen zur Einbindung usw.
Die Vorsitzwahl darf nur eine Etappe werden
Der Aufbau so einer Bewegung ist auch entscheidend für die Zukunft - unabhängig davon, ob Babler die Wahl gewinnt. Wenn er verliert besteht sonst die Gefahr, dass die große politische Aufmerksamkeit verloren geht oder sich Aktivist*innen in einem hoffnungslosen Versuch die SPÖ gegen einen allmächtigen Apparat zu verändern aufreiben. Aber auch wenn Babler die Wahl gewinnt, kann das nur eine Etappe sein. Wenn er bei einem halbwegs kämpferischen und unangepassten Kurs bleibt, wird er das gesamte Partei-Establishment gegen sich haben (siehe Corbyn). Es bräuchte eine komplette Umgestaltung und Demokratisierung der gesamten Partei, um sie tatsächlich weg von einem bürokratischen Wahlverein zu einer Kampfpartei für Beschäftigte und Jugendliche zu machen. Auch dafür ist der Aufbau einer breiten Bewegung außerhalb entscheidend, die nicht auf Wahlen wartet, sondern täglich den Kampf um notwendige Veränderungen führt. Wir beobachten und unterstützen Bablers Kandidatur da wir sie als möglichen Fortschritt für den Aufbau einer kämpferischen Arbeiter*innenbewegung sehen, und werden uns an jedem Versuch eine solche Bewegung aufzubauen beteiligen. Aber gleichzeitig warnen wir davor, dass sich ohne den Aufbau einer echten Bewegung wenig an der SPÖ und der politischen Situation insgesamt in Österreich ändern wird.
Corbyn:
2015 wurde der Sozialist Jeremy Corbyn zum Vorsitzenden der Labour Party in Britannien gewählt. Sein sehr linkes Programm inspirierte Hunderttausende zum Beitritt. Auch in Umfragen setzte die Partei zu Höhenflügen an. Gleichzeitig war er von Anfang an Angriffen des rechten Parteiapparates ausgesetzt. Er setzte auf Kompromisse statt grundsätzlicher Veränderung - das führte schließlich zu Wahlniederlagen und seinem Rücktritt.
Bilder: Facebook-Seite von Andreas Babler