Di 01.07.1997
Die Gründung der Sozialistischen Offensive Vorwärts im Mai 1996 fiel mitten in eine Zeit, in der sich in Österreich eine neue politische Dynamik entwickelte. Sparpaket, StudentInnenstreik, EU und Wiener Wahlen, Maastricht II, NATO-Diskussion... - wie reagierte die österreichische Linke, welche Chancen wurden verpaßt und wie könnte die Zukunft aussehen?
Die SOV war in verschiedene Prozesse, Aktionen und Bündnisse unmittelbar eingebunden. Die (vorläufige) Bilanz zu diesen Ansätzen einer “Einheit der Linken” fällt leider ernüchternd aus.
Eine lockere Diskussionsrunde, bei der KPÖ, GLB, SOAL (Sozialistische Alternative), Vertreter der türkischen ÖDP und SOV im Frühjahr 1996 in Gespräche traten, zerfiel mit dem Beginn des Sommers ‘96. Am Volksstimmefest gab es noch ein letztes Aufflackern in Form einer Podiumsdiskussion - das war`s dann. Mit ein Grund dürfte die Entwicklung der österreichischen Vertreter-Innen der ÖDP sein: Einzelne Mitglieder gingen zur KPÖ, der Rest wurde (zumindest im Rahmen der ÖDP für längere Zeit) inaktiv. Mit der SOAL versuchte die SOV über einen längeren Zeitraum enger zusammen zu arbeiten. Für beide Gruppen gibt es eine gewisse historische Tradition die sie verbindet - den Bezug zur "Vierten Internationale", Antistalinismus... Weiters steht für SOV und SOAL die (zumindest rhetorisch) erklärte Erkenntnis im Raum, daß die heutige Situation neue und engere Formen der Zusammenarbeit und Aktion notwendig machen. Doch auch mit der SOAL kamen die "neuen Formen" nicht über ein paar unverbindliche Diskussionen hinaus, die zunächst im Sande verliefen. Rund ein Jahr später - im Mai 1997 - bereitete die SOAL schlußendlich mit einem in ihrer Zeitung "Die Linke" veröffentlichten Artikel diesem Diskussionsprozeß auch ein mehr oder minder formales Ende.
Gemeinsame Kandidatur mit der KPÖ
Die gemeinsame Kandidatur von SOV und KPÖ (das von uns angestrebte linksbündnis war nicht zustandegekommen) zum EU-Parlament im Herbst 1996 hat in der Linken einigen Staub aufgewirbelt und zu heftigen Diskussionen geführt. Das - und nicht das Erreichen von 0,43% - war mit ein Zweck dieser Kandidatur. Die SOV bilanziert diesen Schritt für sich positiv: Wir haben unsere Organisation bekannt gemacht, neue Mitglieder gewonnen und politisch viel gelernt. Unser Vorschlag dieses Projekt als einen exemplarischen Ansatzpunkt für die Diskussion um linke Zusammenarbeit zu nehmen, ist leider nicht angenommen worden. Von Seiten anderer linker Organisationen ernteten wir für unsere offene Bilanz und den Versuch diese Wahlen gemeinsam mit anderen linken Organisationen zu analysieren, bestenfalls Ignoranz. Aber rückblickend war dieser Wahlkampf auch für die KPÖ-Führung mehr eine Pflichtübung als der Versuch einen Stein ins Rollen zu bringen. Denn unsere heutige Zusammenarbeit mit der KPÖ gestaltet sich im Wesentlichen so wie vorher - dort wo sie gut war, funktioniert sie auch jetzt, wo sie es nicht war, ist es jetzt auch nicht anders. Politisch hat sich für die KPÖ auch nicht viel verändert. Statt "International gegen Sozialabbau", dominieren nationalistisch gefärbte Slogans wie "Der Euro ist das Problem" und die KPÖ möchte auf ihren Plakaten mit "rot-weiß-roten Turnschuhen" in eine lichtvolle Zukunft gehen. Bemerkenswert (für das was die KPÖ vielleicht gerne wäre) war auch die unkritische Befürwortung der Regierungsbeteiligung der KPF in Frankreich in der Volksstimme. Wir halten die Beteiligung an einer Maastricht unterstützenden Regierung für kein erstrebenswertes Fernziel der österreichischen Linken.
Initiative für eine sozialistische Politik
Breites mediales Echo fand die "Initiative für eine sozialistische Politik in der SPÖ" - ein loser Zusammenschluß von SPÖ-"Altlinken". Wir haben die Gründung dieser Initiative begrüßt und unterstützt, denn Ansatzpunkte gegen den rechten Kurs der Parteiführung mobil zu machen, gäbe es genug: Sparpakete, AusländerInnenpolitik, EU,... Es ist offensichtlich, daß die Initative bis jetzt nur Aktionen gesetzt hat, die der Parteiführung nicht wirklich "weh tun": Infotische auf Parteitagen, Diskussionsveranstaltungen,... Wir denken, um etwas in dieser Partei zu bewegen, sind knallharte Konfrontationen nötig, die man nur durchhalten kann, wenn man sich auf breitere Schichten als einige FunktionärInnen der mittleren und unteren Ebene stützt. Doch nach Ansatzpunkten in diese Richtung suchten wir bis jetzt bei der "Initiative" vergeblich.
Gewerkschaftlicher Bereich
Dieser Bereich unterscheidet sich in seiner Entwicklung signifikant von allen anderen. Der steigende Druck in den Betrieben trifft dort auf oft versteinerte SPÖ-Strukturen. Auf der Wahl-Ebene nützt das der FPÖ. Auf betrieblicher Ebene ergeben sich daraus aber gute Chancen für kämpferische oppositionelle Listen, aber auch linkere Ansätze von FSGlerInnen, die ständig die Auswirkungen der SPÖ-Politik ausbaden müssen. Wenn hier Bereiche einmal "aufgebrochen" sind, ist die Zusammenarbeit meist sehr konkret und an praktischen Aktionen orientiert. Auch auf der Ebene der politischen Fraktionen (GE/UG, GLB, aber auch bei einzelnen Fachgewerkschaften/ Sektionen/ Jugendorganisationen), gibt es hier die verhältnismäßig größte Offenheit puncto Zusammenarbeit.
Vor allem gemessen an dem, was angesichts der stärksten rechtsextremen Partei Europas an "linker Polarisierung" in Österreich notwendig wäre, befindet sich die Linke insgesamt in einer verheerend schwachen Situation. Um so wichtiger wäre es, auf der einen Seite einen unkomplizierten "Minimalkatalog" zu erarbeiten, der versucht anhand der wichtigsten Fragen (z.B. Sozialabbau, Nato,...) "unverwechselbare" linke Positionen zu entwickeln. Solange sich ein großer Teil der traditionellen Linken z.B. aber an Neutralitätsaktionen, die mit einem solchen linken Profil nichts zu tun haben, festklammert sehen wir allerdings schwarz. Der zweite Grundsatz ist für uns, daß die Linke überall dort wo sie dazu in der Lage ist (bei Wahlen, Betriebsschließungen ...) vor Ort in das politische Geschehen eingreifen muß. Politische Positionen in Gemeinderäten, Betrieben,... sollen als „gesamtlinke“ Mandate verstanden werden, sich dementsprechend vernetzen und koordinieren. Es gilt so gemeinsam eine neue politische Kultur zu erarbeiten, die sich an den aktuellen Problemen von ArbeitnehmerInnen und Jugendlichen orientiert.
Die SOV strebt die Gründung einer neuen sozialistischen Partei an und versteht ihre Arbeit als Beitrag zu diesem Prozeß. Wir unterstützen alle Ansätze, die eine konkrete Zusammenarbeit von Linken zum Ziel haben. Aktuell wäre diesbezüglich z.B. eine Koordinierung von Aktionen wie Euromarsch, Frauenvolksbegehren, Anti-Sozialabbaubewegung.