USA - China: Neuer Kalter Krieg?

Der Konflikt zwischen USA und China füllt die Spalten der Weltpresse und ist brandgefährlich.
Christine Franz, Franz Neuhold, Jan Millonig, Karma Melt, Manuel Schwaiger, Serafina Reisinger

Der Konflikt zwischen den USA und China sorgt weltweit für Schlagzeilen. Zwischen den beiden Staaten kommt es zu einem technologischen Wettrüsten und zum Kampf um wirtschaftliche Vorherrschaft, Märkte und Ressourcen. Spätestens 2018 begannen die USA mit einem Handelskrieg, in dem sich beide Seiten mit Strafzöllen überhäuften. Auf chinesischer Seite waren etwa Exportgüter im Wert von 200 Billionen $ betroffen. Seit 2020 gilt der Handelskonflikt zwar offiziell als beigelegt, tatsächlich werden immer noch 2/3 der chinesischen Exporte in die USA strafverzollt, China musste auch höheren Importen aus den USA zustimmen. Auf anderen Feldern geht der Konflikt ohnehin offen weiter. Chinesische Hightech-Firmen stehen im Westen zunehmend unter Beschuss. TikTok wäre in den USA beinahe verboten worden und Huawei wurde beim Export von 5G stark eingeschränkt. Alle wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Biden-Regierung haben die Eindämmung der chinesischen Wirtschaft als zentrales Ziel. Der US-Außenminister Antony Blinken meinte beim Treffen mit dem chinesischen Diplomaten Yang Jiechi, dass die Handlungen Chinas die globale Stabilität bedrohen würden. China forderte bei diesem Treffen die Aufhebung der Strafzölle, die unter Trump verhängt wurden. Insgesamt macht es bei der China-Politik der USA keinen Unterschied, ob Biden oder Trump im Weißen Haus sitzt.

Der Konflikt dreht sich um die Frage, wer die neue Supermacht ist – und das vor dem Hintergrund einer Wirtschaftskrise. Der Kapitalismus steckt in einer strukturellen Krise. Da mit fortschreitender Entwicklung immer weniger profitable Anlagemöglichkeiten bestehen, bildet sich ein Überangebot von Kapital, während das Wirtschaftswachstum abnimmt. Dadurch wird der Streit um geopolitische Einflusssphären immer größer und wo der Kuchen kleiner wird, streitet man sich mehr um die Teile. Eines der wichtigsten geopolitischen Projekte von China, um seinen weltweiten Einfluss aufzubauen, ist „One belt one road“ (aka. „Neue Seidenstraße“). Hierbei werden über 120 Projekte gebündelt, die die Interessen und Ziele Chinas zusammenfassen. Es handelt sich v.a. um den Aufbau internationaler Handels- und Infrastruktur-Netze. Dieses Projekt sorgt für große Beunruhigung in den USA.

Etliche andere Länder pflegen enge Beziehungen und Handelsabkommen zu beiden Staaten und sind nicht einem der beiden Blöcke klar zuordenbar. Sie versuchen dazwischen zu balancieren bzw. es sich mit keinem der beiden zu verscherzen. Deutschland z.B. möchte weiterhin seine dominante Rolle in der EU behalten und hat starke ökonomische Beziehungen sowohl zu den USA als auch zu China. In eine schwierigere Position kommen ökonomisch schwächere, Schwellenländer oder neokoloniale Staaten. Hier versucht China etwa über Freihandelsabkommen wie den RCEP oder durch den massenhaften Export von Corona-Impfstoffen seinen Zugriff zu verstärken. Russland ist ein weiterer Faktor. Es ist eine Nuklearmacht, grenzt an China und steht im Konflikt mit den USA, u.a. in Syrien und im Mittleren Osten.

Auf die ökonomische und geostrategische Ebene folgt die militärische. Während die USA ihre militärische Präsenz rund um China kontinuierlich verstärken, verdoppelten sich die chinesischen Militärausgaben zwischen 2010 und 2020. Das Wettrüsten wurde besonders im südchinesischen Meer sichtbar.

All diese Ebenen haben Parallelen mit dem Kalten Krieg des 20. Jahrhunderts. Der Unterschied ist, dass sowohl China als auch die USA imperialistisch sind, die Sowjetunion damals aber weder imperialistisch noch kapitalistisch war. Die Sowjetunion und die USA waren zwei klar voneinander getrennte Blöcke, die ihre Verbündeten unter Kontrolle hatten. China und die USA sind auch auf wirtschaftlicher Ebene viel mehr voneinander abhängig: 2017 verbuchten die USA mit China ein Handelsdefizit von 375 Milliarden $. 2019 kamen 18% der amerikanischen Importe aus China und 6 % der chinesischen Einfuhren waren aus den USA. Der chinesische Staat ist einer der größten Gläubiger der USA: Er hält Staatsanleihen in der Höhe von 1 Billion $, das sind circa 4 % der gesamten US Staatsschulden.

Aus marxistischer Sicht handelt es sich bei dem bestehenden Konflikt nicht um einen zweier unterschiedlicher Gesellschaftssysteme, sondern um einen imperialistischen Konflikt zweier kapitalistischer Supermächte. Um die andere Seite zu überbieten, sind sowohl der chinesische als auch der US-Imperialismus bereit, massenhaft Ressourcen im Militär zu verschwenden, umweltschädigende und oft für die lokale Bevölkerung sozial desaströse Großprojekte durchzusetzen und die eigene Arbeiter*innenklasse ebenso auszubeuten wie die Bevölkerung abhängiger Staaten.

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