Mi 28.07.2021
Das Jahr 2021 hat das ohnehin durch das Versagen bei der zweiten Welle angeschlagene Image der Kurz-Regierung weiter verschlechtert. 2021 bis jetzt war geprägt von einer Serie an Skandalen vor allem rund um die ÖVP. Das geht von diversen Korruptionsskandalen, mangelnde Maßnahmen zur Abfederung der sozialen Folgen der Corona-Krise, mangelnder Reaktion auf die Welle an Femizide bis hin zum weiter miserablen Corona-Kurs. Das Abflauen der Pandemie mit dem Ende der Corona-Pandemie in Österreich und dem beginnenden wirtschaftlichen Aufschwung könnte der Regierung eine kurze Atempause verschaffen. Aber selbst wenn es diese gibt wird sie nicht lange andauern. Denn die Probleme die während der Pandemie an die Oberfläche getreten sind sind Symptome einer tiefen Krise des internationalen und österreichischen Kapitalismus.
Obwohl es an der Oberfläche noch ruhig ausschaut gibt es zahlreiche Anzeichen für wachsenden Unmut von unten und das Potential für kämpferische Bewegungen rund um zahlreiche Themen: die Situation im Gesundheits- und Sozialbereich, Frauenunterdrückung, Proteste von Jugendlichen bzw. Proteste die sich an scheinbar willkürlichen Themen entzünden, die das “Fass zum überlaufen” gebracht haben. Genau auf diese Kämpfe müssen Sozialist*innen sich vorbereiten und dabei helfen sie aufzubauen.
Ist Corona besiegt?
Aktuell ist es keineswegs sicher, ob es zu einem weiteren Abflauen der Pandemie in Österreich mit fortschreitender Impfkampagne kommen wird. Aber die Entwicklungen in einigen europäischen Ländern rund um die Delta-Variante zeigen die Gefahr von Mutanten. Es ist wahrscheinlich, dass sich Mutationen entwickeln gegen die, die aktuellen Impfstoffe eingeschränkt wirksam sind. Dementsprechend müssen wir berücksichtigen, dass es nicht unwahrscheinlich ist, dass wir auch im Herbst eventuell mit ein neuer Wellenberg und neuen Einschränkungen konfrontiert sein werden. So eine neue Welle würde wahrscheinlich einerseits die Unzufriedenheit mit der Bundesregierung noch weiter erhöhen und zu neuen Problemen für die Wirtschaft führen. Eine neue Lockdown-Situation würde die Situation weiter zuspitzen sowohl demoralisierende Stimmung (Depression, Frust, Verzweiflung, Überlastung) würden zunehmen, aber auch die Möglichkeit für explosive Entwicklungen und Verzweiflungskämpfe, z.B. im Gesundheits- und Sozialbereich. Corona wird wahrscheinlich als weltweites Problem bestehen bleiben (wenn auch nicht unbedingt auf dem aktuellen Level) und nur durch ein koordiniertes und geplantes Vorgehen inkl. gerecht verteilter Ressourcen dauerhaft unter Kontrolle gehalten werden können. Dazu sind sozalistische Umbrüche nötig. Die profitorientierte Funktionsweise des Kapitalismus behindert genau dies.
Wirtschaftskrise ist nicht vorbei
In den bürgerlichen Medien wird aktuell viel über den bevorstehenden Aufschwung geschrieben. Zuletzt wurde auch betont, dass die Zahlen sogar noch besser sind als erwartet. Ein gewisser Aufschwung nach einem so tiefen Fall bei einer kompletten Öffnung der Wirtschaft ist keine Überraschung.
Ein Aufschwung in der Wirtschaft wird auch bei vielen Beschäftigten die Frage aufwerfen wo ihr Anteil davon ist. Denn ganz egal in welcher Branche: Arbeiter*innen haben uns durch die Krise gebracht. Für fast alle Beschäftigten hat die Corona-Pandemie eine besondere Kraftanstrengung bedeutet, am stärksten natürlich bei “Systemerhalter*innen” an der vordersten Front, aber auch darüber hinaus durch ein erhöhtes Infektionsrisiko und erschwerte Arbeitsbedingungen oder Zusatzbelastungen im Homeoffice. Beschäftigte haben ein Jahr lang besonders gelitten um den Laden am Laufen zu halten während gerade große Unternehmen nicht nur großzügige Regierungshilfen erhalten haben sondern auch weiter Profite auf dem Rücken der Beschäftigten gemacht haben. Dementsprechend wäre es Aufgabe der Gewerkschaften den Aufschwung und das Ende der akuten Corona-Pandemie zu nützen um klare Verbesserungen zu erkämpfen. Da die Gewerkschaftsführung sich leider während der Pandemie noch stärker als bisher größtenteils auf eine staatstragende Rolle beschränkt hat, wird es Aufgabe von kämpferischen Betriebsräten und aktiven Beschäftigten sein den Druck von unten aufzubauen.
Dabei sollte allerdings klar sein, dass der wirtschaftliche Aufschwung sehr wahrscheinlich begrenzt bleiben wird. Die unterschiedlichen Schwächen der österreichischen Wirtschaft (Export- und Tourismusabhängig) bzw. der Weltwirtschaft bleiben bestehen. Auch ein Aufschwung wird ungleich verteilt sein. Während in der Industrie die Auftragslage wieder hervorragend ist, werden andere Bereiche (Tourismus, Handel, Gastronomie) weiterhin größere Probleme haben.
Außerdem stehen wir sehr wahrscheinlich vor einer Welle an Firmenpleiten. Da es durch die Staatshilfen während der Pandemie sogar weniger Insolvenzen als im Vorjahr gab, wird es hier einen starken Nachholeffekt geben va auch weil die Krise ja nicht nur eine Corona-Krise ist sondern bereits vor Corona die Zeichen auf Krise standen und es zu einem “normalen” kapitalistischen Konzentrationsprozess kommt. Auch auf internationaler Ebene können wir nicht von einer stabilen Wirtschaftsentwicklung ausgehen. Corona war nur der Auslöser aber nicht die Ursache für die Krise. Schon vor der Pandemie gab es zahlreiche Anzeichen für einen bevorstehenden wirtschaftlichen Einbruch und durch die Pandemie wurden die alten Schwächen der Weltwirtschaft nicht überwunden. Obwohl man den Zeitpunkt für neue Zusammenbrüche nicht genau vorhersehen kann, sollten die Arbeiter*innenbewegung nicht von einem ähnlich langem Aufschwung wie nach der Krise 2007 /2008 ausgehen. Darüber hinaus wird auch dieser Aufschwung enorm ungleich verteilt werden, was soziale Spannungen noch weiter erhöhen wird.
Ein weiterer zentraler Faktor ist das enorm hohe Level an Staatsinterventionen, großteils zur Absicherung der Profite von Konzernen, das mehrere Auswirkungen haben wird: Für Beschäftigte werfen die Staatsinterventionen z.B. die Frage auf warum für die AUA 400 Millionen locker gemacht werden es aber keine nennenswerten Investitionen in den Gesundheits-, Sozial oder Bildungsbereich gibt. Andererseits erhöhen die Staatsschulden auch den Druck für Kürzungspolitik. Gerade “klassische” Austerittätspolitik” droht genau jene zu treffen, die schon während der Corona-Krise gelitten haben. Das hat enorme Sprengkraft und das Potential für politische Auseinandersetzungen.
Politische Krise und das Ende der Ära Kurz
Wir haben schon in der Vergangenheit betont, dass das System Kurz auf Sand gebaut ist. Mit der Welle an Skandalen und dem Versagen im Umgang mit der Corona-Pandemie (um die Profitinteressen des österreichischen Kapitals zu schützen) verschwindet das Image von Kurz’ "neuer Politik". Das Kurz-Regime wird immer stärker in die Ecke gedrängt, aber gerade aus dieser Position kann die Kurz ÖVP noch gefährlich sein, zb durch eine Verstärkung von rechtem Populismus (Beispiele sind die Islamlandkarte oder die Staatsbürgerschaftsdiskussion). Gleichzeitig kann es aber auch leichter sein einer Regierung in der Defensive Zugeständnisse abzutrotzen, zb rund um Verbesserungen im Gesundheits- und Sozialbereich.
Wir können die weitere Entwicklung nicht genau vorhersehen. Es ist möglich, dass Kurz durch stabilere Kräfte in der ÖVP abgesetzt wird, Kurz die Flucht nach vorne in Neuwahlen sucht oder sich die aktuelle Regierung noch eine Zeit lang über Wasser hält. Im Falle von Neuwahlen bzw. einem Ende von Kurz spricht einiges dafür, dass große Teile der Herrschenden nach dem Experimenten mit Kurz, den Grünen und der FPÖ sich wieder eine stabilere Variante wünschen und z.B. auf eine große Koalition setzen (z.B. hat sich Biden in den USA für die Herrschenden bislang sehr bewährt). Ganz egal wie sich die Situation genau entwickeln wird, wir können davon ausgehen, dass es keiner Regierung gelingen wird mittel- oder langfristig zur Stabilität vergangener Perioden zurückzukehren.
Die größte Stärke der Regierung bleibt die Schwäche der Opposition. An erster Stelle trifft das auf die Gewerkschaften zu die während der Pandemie weitgehend auf aktiven Widerstand verzichtet haben und ihre Rolle eher als Co-Manager der Regierung der Pandemie in den Betrieben gesehen haben. Darüber hinaus hat aber auch die gesamte parlamentarische Opposition keine echte Alternative zu bieten. Und auch in der außerparlamentarischen Bewegung gibt es zwar immer wieder ein Aufflackern von wichtigem Widerstand, wie die BLM Demos, die Proteste und Streiks gegen die Schließung von Sozialeinrichtungen, eine beginnende feministischen Bewegung aber keinen klaren Kristallisationspunkt für breiten Widerstand der Arbeiter*innenklasse und Jugend.
Dieser Mangel an einer Alternative stärkt nicht nur die Regierung sondern erhöht auch die Gefahr, dass sich ein größerer Teil des Unmut in rechte Bahnen lenkt. Gerade durch Kickl als Parteichef wird die FPÖ versuchen genau das zu tun. Gleichzeitig ist der Rechtsextremismus aber auch durch die Corona-Krise geschwächt. Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung hat Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie befürwortet und der Kurs der FPÖ hat ihr hier unter Teilen der Arbeiter*innenklasse geschadet. Es ist auch fraglich wie stark rechte Kräfte tatsächlich aus der sehr wirren Zusammensetzung der Corona-Demos rekrutieren können. Auch die Linksentwicklung unter jungen Menschen und das wachsende Bewusstsein für Rassismus, Seximus und soziale Ungleichheit sind ein wichtiges Hindernis für den Wachstum der FPÖ. Vor allem aber drückt auch die Stabilisierung der FPÖ bei Wahlumfragen keinen wirklich dynamischen Prozess mit einer Perspektive zu realer Veränderung aus, sondern sammelt viel mehr eine relativ passive Unterstützung von demoralisieren Schichten der Bevölkerung. Zusätzlich kann ein neues Erstarken einer noch rechteren FPÖ genauso wie Naziübergriffe zu einer Gegenreaktion kommen.
Es brodelt unter der Oberfläche
Trotzdem sollte sich Sozialist*innen und die breitere Linke von der oberflächlichen Passivität nicht demotivieren lassen, denn unter der Oberfläche brodelt es. Vor allem in einigen Schichten der Arbeiter*innenklasse entwickelt sich das Potential für kämpferische Bewegungen.
Jugend ohne Zukunft: Gerade unter Jugendlichen konnten wir im letzten Jahren einen breiten Trend nach links beobachten. Eine Antisystem-Stimmung nimmt genauso zu wie antirassistische, antisexistische und antikapitalistische Positionen unter Jugendlichen. Diese Politisierung drückt sich aber noch nicht in anhaltender politischer Aktivität bzw Organisierung aus. Unter jungen Menschen gibt es eine enorme Entfremdung vom ganzen System, die wenigsten Jugendlichen können eine lebenswerte Zukunft erwarten und sind konfrontiert mit einer Welt geprägt von permanenten Krisen - die Corona-Krise hat all das nochmal verstärkt und Jugendliche besonders hart getroffen. Ereignisse wie die FfF Bewegung, BLM aber auch die Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und Polizei am Karlsplatz sowie zahlreiche Jugendstudien zeigen eine gärende Rebellion. Rund um Themen wie Rassismus, Benachteiligung von Jugendlichen, Bildung und ähnlichem kann es jederzeit zu Explosionen kommen, wenn ein Thema von Jugendlichen wirklich aufgegriffen wird.
Frauenunterdrückung: Gerade unter jungen Menschen aber auch darüber hinaus hat sich in den letzten Jahren ein wachsendes Bewusstsein für das Ausmaß von Frauenunterdrückung entwickelt. #Metoo hat diesen Prozess weltweit verstärkt. Die Corona-Pandemie hat den Widerspruch in der Situation von Frauen enorm zugespitzt zum Ausdruck gebracht. Einerseits halten Frauen durch unbezahlte Hausarbeit, systemrelevante aber mies bezahlte Jobs den Laden am Laufen, andererseits sind sie am stärksten von den sozialen Folgen der Krise aber auch von einer Zunahme an Gewalt betroffen. Während der Pandemie wurde diese Entwicklung auch immer stärker in die politische und mediale Debatte gerückt. Die schockierende Serie an Femiziden 2021 hat noch dramatischer gezeigt wie katastrophal die Situation von Frauen in Österreich ist, hat zu wütenden Protesten geführt und bei vielen den Wunsch geweckt aktiv gegen Frauenunterdrückung zu werden. Österreich hat eine besonders konservative und rückschrittliche herrschende Klasse und konservative Vorstellungen sind tief in der Bevölkerung verankert. Auch die soziale Situation von Frauen wird sich weiter verschärfen. Der Aufbau einer kämpferischen feministischen Bewegung die soziale Fragen in den Vordergrund stellt und darauf abzielt vor allem junge Frauen und Frauen aus der Arbeiter*innenklasse zu mobilisieren wird eine wichtige Rolle beim Wiederaufbau der gesamten Arbeiter*innenbewegung spielen. Auch in diesem Jahr waren die Pride-Mobilisierungen groß und - besonders im Fall von Linz - enorm jugendlich. Vor allem Schüler*innen waren auf der Straße, die Zusammensetzung der Paraden ist zunehmend jünger als bei anderen Demonstrationen. Die Proteste und die positive Resonanz auf unsere ROSA-Interventionen nach dem Motto “Protest statt Kommerz” zeigen die zunehmende Politisierung an der Frage von der Unterdrückung von LGBTQI+ Personen, was sich einreiht in die zunehmende Radikalisierung an den Fragen von spezifischer Unterdrückung, was antikapitalistische und sozialistische Antworten unsererseits erfordert.
Applaus ist nicht genug: im Gesundheits- und Sozialbereich brodelt es schon seit Jahren. Der Beginn der Pandemie wurde von den Unternehmen und der Gewerkschaftsführung auch genutzt um eine der kämpferischen Streik Bewegungen der letzten Jahre im privaten Gesundheits- und Sozialbereich abzudrehen. Obwohl die Pandemie bei vielen Kollegen*innen in den ersten Monaten schlichtweg keine Energie für Widerstand übrig gelassen hat, ändert sich das langsam. Spätestens seit Anfang 2021 gibt es ein steigendes Level an Organisierung und kleineren Auseinandersetzungen. Es ist klar: würde die Gewerkschaft ein Angebot fürWiderstand setzen würde dieses breit angenommen werden. Da das leider jenseits von Social Media Kampagnen kaum passiert bleibt nur die Organisierung von unten, um einerseits selbst Widerstand zu organisieren und andererseits den Druck auf die Gewerkschaftsführung zu erhöhen. Die Proteste rund um den Corona-Bonus der Bundesregierung haben gezeigt, welche Rolle dieser Druck von unten spielen kann. Die Initiative Sozial aber nicht blöd hat schon einige Monate davor eine Kampagne für einen Corona-Bonus und mehr Personal gestartet mit dem Ziel, die Gewerkschaftsführung unter Druck zu setzen und dadurch dabei geholfen, dem allgemeinen Druck von unten einen Ausdruck zu geben. Auch die Streiks gegen die Schließung des Notquartieres Gudrunstraße haben eine wichtige Vorbildfunktion gehabtund auch Proteste gegen die Schließung der Geflüchtetenunterkunft Haus Erdberg ausgelöst. Es wird zentral sein diese Proteste auszubauen und miteinander zu verbinden. Die Kämpfe im Gesundheits- und Sozialbereich können auch eine wichtige Vorbildfunktion für andere Branchen haben. Es ist wahrscheinlich, dass Entwicklungen sich gegenseitig beeinflussen und vorantreiben, die Debatte rund um den Corona-Bonus könnte durchaus der Anstoß für eine breitere Diskussion unter Beschäftigten und Betriebsräten sein, die, den Druck weiter erhöht und auch zu Kämpfen führt.
Betriebe und Gewerkschaften: Insgesamt brodelt es in vielen Betrieben und der Unmut steigt. Da sich die Gewerkschaft weitgehend passiv verhält wird auch hier wenig an Widerstand zu erwarten sein. Aber auch hier kann der Druck von unten dazu führen, dass es im Zuge von Lohnverhandlungen oder Stellenabbau zu Mobilisierungen kommt, die der Gewerkschaftsführung auch außer Kontrolle geraten können. Die zentrale Aufgabe vor der Sozialist*innen und aktive Beschäftigte in diesem Zusammenhang deshalb steht ist der Aufbau von Organisierung in den Betrieben und die Vernetzung dieser Organisierung. Durch diese Organisierung kann auch Druck von unten aufgebaut werden damit die Gewerkschaftsführung dazu gezwungen ist in die Offensive zu gehen.
Insgesamt kann diese Gemengelage aber bedeuten, dass ein erfolgreiches Beispiel für Widerstand viele andere motiviert. Zum Beispiel hat der Streik gegen die Schließung des Notquartiers Gudrunstraße auch andere im Gesundheits- und Sozialbereich motiviert und unter anderem die Proteste gegen die Schließung der Geflüchtetenunterkunft in Erdberg angestoßen. Das gleiche könnten wir auch auf anderen Ebenen beobachten. Bzw. auch dass scheinbar willkürlich wirkende Ereignisse breite Bewegungen auslösen.
Aufgabe für die Arbeiter*innenbewegung und Linke
Die “Linke” und die Arbeiter*innenbewegung ist in diesem Zusammenhang in einer schwierigen Lage. Obwohl das Potential für Widerstand groß ist sind die Kräfte von Sozialist*innen und der organisierten Linken in der Gesellschaft und Arbeiter*innenbewegung sehr gering. Umso wichtiger sind die richtigen Schwerpunkte.
Die größte akute politische Aufgabe ist dabei zu helfen aus dem allgemeinen Unmut über die Regierung und der aktuellen Situation tatsächlichen Widerstand und eine Alternative zu formen. Dabei muss es darum gehen zu versuchen, in den Bereichen der Gesellschaft in denen sich Widerstand und Protest entwickelt, diese Organisierung zu unterstützen aber vor allem auch versuchen, sie mit anderen Bewegungen zu verbinden und zu verallgemeinern sowie Programm und Methode zu entwickeln die Erfolge bringen können. Leider ist das “der Linken” im Verlauf der Pandemie fast gar nicht gelungen. Einige der zentralen Themen wurden von den größten Kräften weitgehend ignoriert, z.B. haben nur wenige Organisationen wie die SLP während der Pandemie versucht, die Organisierung im Gesundheits- und Sozialbereich voranzubringen und waren sogar bei den Kämpfen (Gudi, Erdberg) weitgehend abwesend.
Wir halten es für einen Fehler wenn “Linke”sich angesichts ihrer eigenen Schwäche nur auf kleine unmittelbare lokale Verbesserungen (z.B. neue Radwege) beschränken. Für uns als Sozialist*innen ist klar: die Frage ist, wie konkrete Organisierung dazu beitragen kann die Basis für den Wiederaufbau der Arbeiter*innenbewegung und den Kampf um ein alternatives System zu legen. Ein Beispiel dafür sind die Kämpfe und Organisierung im Sozial- und Gesundheitsbereich bei der linke, kämpferische Betriebsrät*innen, Aktivist*innen und Initiativen, darunter zentral auch die SLP, seit Jahren eine enorm wichtige Rolle dabei spielen die kämpferischten Arbeitskämpfe aufzubauen.
Angesichts der tiefen weltweiten kapitalistischen Krise ist es deshalb umso entscheidender, dass wir alle Kämpfe mit einer systemüberwindenden Perspektive verbinden. Denn uns muss klar sein: in einer Periode der kapitalistischen Krise wird es kaum nennenswerte langfristige Verbesserungen geben. In jedem konkreten Kampf müssen wir das Verständnis der Arbeiter*innenklasse und Jugend stärken, dass nur eine Organisierung, die sich das Ende dieses Systems zum Ziel setzt, einen Ausweg bietet..
Deshalb konzentrieren wir als SLP unsere Arbeit z.B. aktuell auf den Aufbau der sozialistisch feministischen Initiative ROSA und die Arbeit im Gesundheits- und Sozialbereich. Der Kampf gegen Frauenunterdrückung entlarvt ein System das Ungleichheit in jeder Pore trägt. Bei allen Aspekten im Kampf gegen Frauenunterdrückung wird deutlich, dass innerhalb des Kapitalismus keine langfristige Lösung möglich ist. Eng damit verbunden ist auch der Gesundheits- und Sozialbereich, der sich an einem besonderen Schnittpunkt der kapitalistischen Krise befindet: immer mehr Menschen sich aufgrund der Entwicklung unserer Gesellschaft auf Hilfe angewiesen und die gesellschaftliche Position und Anerkennung steigt, gleichzeitig sind die Herrschenden immer weniger dazu bereit diesen Bereich zu finanzieren, dieser grundlegende Widerspruch ist die Basis für eine weltweite Politisierung der Branche. Schon in den letzten Jahren war der Gesundheits- und Sozialbereich der kämpferische Sektor, wenn sich diese Entwicklung fortsetzt und es gelingt eine kämpferische Bewegung von unten aufzubauen, wird das auch andere Bereiche mitziehen.
Welche Rolle spielen Wahlen?
In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage welche Rolle Wahlen spielen. Unmittelbar bevor stehen die Wahlen in Oberösterreich und perspektivisch können wir vorgezogene Naitonalratswahlen nicht ausschließen. Obwohl die nächsten Nationalratswahlen sicher viel politische Aufmerksamkeit erzeugen werden, ist es unwahrscheinlich, dass sich der Unmut und die Politisierung vor allem in Wahlen ausdrückt. Wahrscheinlich werden die nächsten Wahlen für die meisten Menschen nicht das primäre Mittel sein um ihren Widerstand auszudrücken bzw. ein Thema rund um das sich Menschen organisieren. Ohne größere soziale Bewegungen und Klassenkämpfe werden linke Wahllisten bei Wahlen keinen flächendeckenden Durchbruch erzielen, dass zeigen nicht nur internationale sondern auch österreichische Erfahrungen.
Natürlich kann es trotzdem Sinn machen die Wahlen als politisches Mittel zu nutzen, aber dafür müssen sich Wahlprojekte das Ziel setzen den Wahlkampf als Katalysator für soziale Bewegungen und Klassenkämpfe zu nützen. In den letzten Jahren hat es kein Wahlprojekt gegeben, dass das versucht hat bzw. dem das gelungen ist.
Es wäre natürlich ein Fortschritt wenn z.B. für bevorstehende Nationalratswahlen die relevantesten linken Kräfte: KPÖ, KPÖ Steiermark, Links usw. den Aufruf für einen gemeinsamen linken Wahlantritt starten und sich explizit zum Ziel setzen dafür Aktive aus unterschiedlichen sozialen Kämpfen zu gewinnen, sowie den Wahlkampf zu nützen um diese aufzubauen. An solchen Projekten würden wir uns auch als SLP beteiligen und wir fordern die zentralen Akteur*innen auf, in diese Richtung aktiv zu werden.
Solange es kein derartiges Projekt gibt schließen wir zwar als SLP keine Wahlantritte aus, wenn wir denken, dass sie dabei helfen ein Kristallisationspunkt für soziale Bewegungen zu sein und Menschen für sozialistische Ideen zu gewinnen. Aber wir konzentrieren uns auf das was unserer Meinung nach in der aktuellen SItuation am wichtigsten ist: Die Unterstützung von konkreten Auseinandersetzungen die das Potential haben breite Kämpfe anzustoßen.
Für eine Sozialistische Alternative
Der Kapitalismus steht vor seiner tiefsten internationalen Krise seit Jahrzehnten, die auch vor Österreich nicht halt machen wird. Die Pandemie aber auch die laufende Klimakatastrophe machen deutlich, dass es auf Basis der Profitwirtschaft keinen Ausweg aus diesem krisenhaften System gibt. Alle Versuche durch kleinere Reformen dieses System zu zähmen sind langfristig zum Scheitern verurteilt. Umso wichtiger ist es schon jetzt damit zu beginnen, alle Kämpfe gegen Angriffe von Bundesregierung oder Bossen zu nutzen sich zu organisieren und sie mit einem Kampf um eine sozialistische Systemalternative zu verbinden. Nur so können wir einen tatsächlichen Ausweg aus dem Chaos des Kapitalismus finden. Die SLP als Teil der Internationalen Sozialistischen Alternative setzt sich zum Ziel, eine Organisation aufzubauen die genau dazu in der Lage ist.