Fr 15.10.2004
Nicht der Kampf gegen die weiteren Pensionskürzungen durch die “Harmonisierung” oder offensive Forderungen für die Herbstlohnrunden standen in den letzten Wochen auf der Agenda des ÖGB – sondern die gescheiterte Fusion der Gewerkschaft der Metaller (GMT) und der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA).
Die GPA und GMT stellen die beiden mitgliederstärksten Fachgewerkschaften des ÖGB dar. Sie haben vor mittlerweile drei Jahren den Entschluss gefasst sich mit den Gewerkschaften Agrar, Nahrung, Genuss (ANG), der Gewerkschaft Druck, Journalismus, Papier (DJP) und der Gewerkschaft der Chemiearbeiter (GdCH) zur “Neuen Gewerkschaft – G5” zusammenzuschließen. Das vermeintlich neue Hauptquartier in der Schlachthausgasse wird gerade errichtet.
Warum scheiterte die Fusion?
Die offizielle Begründung für das “auf Eis legen”der Fusion von Seiten des ÖGB lautete, dass für die GMT die geschäftlichen Tätigkeiten der GPA (50% an der Shopping Mall im Gasometer sowie eigene Wohnbauvereinigung) ein Problem darstellen und dies ein Hindernis für eine Fusion sei. Nun hat der Vorsitzende der GMT Rudolf Nürnberger schon recht, wenn er die Frage aufwirft in wie weit eine Gewerkschaft “Kapitalist” sein soll und muss, allerdings ist dies in Hinblick auf die Beteiligungen und Besitzstände des ÖGB (BAWAG/ PSK, 20% an den Casinos Austria, Mehrheitsbeteiligung bei den Österreichischen Lotterien, 20% der Nationalbank,...-siehe Vorwärts 139) mehr als fadenscheinig.
Die geplante Fusion war von Anfang an ein unsinniges Projekt, das lediglich dazu dienen sollte, die Machtverhältnisse im ÖGB zu verändern. GPA-Chef Salmutter und GMT-Vorsitzender Nürnberger wollten mit diesem Akt den ÖGB-Präsidenten Verzetnitsch schwächen und haben sich es jetzt – vermutlich aufgrund des Druckes der mittleren Funktionärsebene - allerdings anders überlegt. So wirklich traurig über das Scheitern des Zusammenschlusses scheinen beide nicht zu sein.
Umstruktierung des ÖGB
Die SLP tritt nicht grundsätzlich gegen eine Umstrukturierung des ÖGB ein. Zu überlegen wäre beispielsweise, ob es nicht Sinn macht, überall ArbeiterInnen und Angestellte einer Branche in derselben Gewerkschaft zu organisieren und das Prinzip “ein Betrieb, eine Gewerkschaft” umzusetzen. Noch wichtiger wären allerdings Fragen der gewerkschaftlichen Organisierung von prekär Beschäftigten, aber auch der aktiven Einbindung von MigrantInnen. Die geplante und geplatzte Organisationsreform ging allerdings an all diesen Punkten – ebenso wie an der Gewerkschaftsbasis – völlig vorbei.
Heißer Herbst muss her!
Mit der Gesundheitsreform, der Pensionsharmonisierung, der Debatte um die Arbeitszeitverlängerung, dem Teilverkauf des Postbusses und einem weiterem Personalabbau bei der Post gäbe es genügend Angriffe von Seiten der Regierung und den Arbeitgebern, die zu bekämpfen wären. Doch in diesen wichtigen Fragen scheint der Gewerkschaftsführung jede Strategie zu fehlen. Der ÖGB wird seine echten strukturellen Probleme – vor allem die sinkenden Mitgliederzahlen – nicht durch Fusionen von oben, sondern nur durch die aktive Einbindung und Mobilisierung der Mitgliedschaft überwinden können.