Di 25.09.2007
Wir trafen uns wie jeden Donnerstag in der SLP-Ortsgruppe. Was wir vorher erlebt hatten war nicht ohne: FPÖ, ÖVP hatten, mit viel Geld, Inseraten in den Tageszeitungen und ihrem Parteiaparten ordentlich zur Demonstration mobilisiert. Dazu kamen noch organisierte Neonazis von BfJ, AfP und NVP, die sich im alltagsrassistischen Mob frei bewegen konnten.
Wie konnte es soweit kommen? Wer überließ den Nazis die Strasse? Und wie kann der Konflikt in der Dammstrasse gelöst werden? Diese Fragen zogen sich durch die Veranstaltung.
AnrainerInnen gehen auf Distanz zur Demonstration
Den Anfang machte eine Gründerin der Bürgerinitiative, die erfreulicherweise den Weg in unsere Ortsgruppe gefunden hatte. Sie betonte ihrer antirassistische Einstellung und distanzierte sich von der Demonstration. Am Beginn der Bürgerinitiative sei, vor allem die Angst vor Lärmbelästigung gestanden.
Die ursprüngliche Bürgerinitiative wandte sich, laut ihrer Aussage, nicht gegen AusländerInnen, Moslems oder gegen ein Gebetshaus an sich, sondern gegen geplante Erweiterung des Gebäudes in der Dammstrasse. Erst später traten ÖVP und FPÖ auf den Plan. Die Homepage der „Bürgerinitiative“ (mit dem bezeichnenden Titel www.moschee-ade.at) wird inzwischen von der FPÖ finanziert.
„Politiker der VP und FP nutzen natürlich jede Chance zur Instrumentalisierung der Bürgerinitiative für ihrer Zwecke“ und weiter unten „dieser unheilvolle Trend wird noch unterstützt durch die eventuelle Teilnahme an der Demonstration durch Herrn Strache“ heißt es in einer Stellungnahme, mit der Sie sich von der Demonstration distanzierte.
Die „BürgerInneninitiative“ hat sich zu einer rassistischen Struktur gewandelt, die ÖVP, FPÖ und Neonazis die Chance gab (und gibt) sich im Bezirk festzusetzten. Daher auch die Wandlung von einer Mitgründerin zu einer Gegnerin der Demonstration.
Rolle der SPÖ
Von der SPÖ hatten sich die GemeinderätInnen Tanja Wehsely und Erich Valentin in der SLP-Ortsgruppe eingefunden. Sie betonten die Bereitschaft zum Dialog und unterstrichen die „Problemlösungskompetenz der SPÖ in Sachen Lärmbelästigung“. Die SPÖ-Wien habe eine klar antifaschistische, antirassistische Haltung und stehe für Religionsfreiheit, meinten Wehsely und Valentin immer wieder, und außerdem: die SPÖ schaue auf die genaue Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen.
Tatsächlich ist die SPÖ mitverantwortlich für die rassistische Grundstimmung in der Gesellschaft. Es gab kaum antifaschistische, antirassistische Aufklärung und Mobilisierung der Mitglieder. Der Großteil der Menschen in der SPÖ wurde nie in die eigentliche politische Arbeit eingebunden, und so entpolitisiert. In den 1990er Jahren forcierte die SPÖ mit Löschnak und Schlögel die rassistische Gesetzgebung und unterstütze später auch das Fremdenrecht von blauschwarz. Die SPÖ ist letztlich mitverantwortlich für eine rassistische Grundstimmung in der Gesellschaft die sich auf der Demonstration gezeigt hat.
Wie weiter in der Dammstrasse?
Phasenweise ging es dann um Themen wie „Baupläne“, „Veranstaltungsgesetz“, die Zuständigkeit der verschiedenen Magistrate und viele andren rechtlichen Details. Dass der Konflikt in der Dammstrasse auch ein politisches Problem (Getthobildung, verfehlte Integrationspolitik, schlechte Sozialstandards) ist, kam aber immer wieder durch. Auf die Frage der SLP, warum die SPÖ als Partei mit absoluter Mehrheit in der Stadt und im Bezirk, nicht schon seit langem den Dialog sucht (das Islamische Zentrum besteht seit zehn Jahren) und versucht eine Lösung zu finden, bekam wir zwar Dinge wie „Es gab eh ein Mediationsverfahren“ und ähnliches zu hören, eine wirkliche Antwort auf diese Frage gab es aber seitens der SPÖ-VertreterInnen aber nicht.
„Die SPÖ hat mit ihrem verspäteten und teilweiße abgehoben Agieren in der Dammstrasse FPÖ, ÖVP und den Nazis einen glatten politischen Elfmeter aufgelegt, den vor allem FPÖ und Neonazis sicher verwerteten“ würde von den SLPlerInen hervorgehoben. Nicht nur dass: gegenüber der rassistischen Demonstration war die SPÖ in Wirklichkeit hilflos.
Es blieb der SLP, der SJ und anderen linken Gruppen überlassen gegen den rassistischen Mob zu mobilisieren.
Wo waren SPÖ, Grüne und KPÖ?
Der 13.9.07 war eine Erfolg für die rechte Szene. Schuld daran sind nicht zuletzt SPÖ, Grüne und – in kleinerem Ausmaß – auch die KPÖ. SPÖ, Grüne und KPÖ geben sich bei vielen Gelegenheiten antifaschistisch. SPÖ und Grüne haben GemeinderätInnen, BezirksrätInnen und Parteiapparate. Die SPÖ ist in der Brigittenau seit 1945 an der Macht. Sie hat immer noch tausende Mitglieder im Bezirk und überlies ÖVP, FPÖ und den Nazis vollkommen die Strasse. Trotz der knappen Zeit hätten sie mit einer aktiven Mobilisierung eine x-fach größer Gegendemonstration zustande gebracht - gemeinsam hätte der Auftritt der Neonazis im Bezirk verhindert werden können.
In der Brigittenau lebt nicht nur ein rassistischer Mob. Die selbsternannte Bürgerinitiative repräsentiert nicht die Bezirksbevölkerung. Ein sehr großer Teil der Demonstration waren Rechte und Nazis aus ganz Österreich. Viele – auch österreichische - AnrainerInnen hatten vor dem Aufmarsch mit Nazibeteiligung Angst. Eine größere Gegendemonstration wäre von vielen AnrainerInnen – vor allem auch MigrantInnen - unterstützt worden. Durch die Passivität hatten die Rechten die Strasse und die – inzwischen tagelange- Medienpräsenz.
Gemeinsam Lösungen finden
Die Probleme in der Dammstrasse selbst können nur von den betroffen BewohnerInnen und den Betreibern des Islamischen Zentrums gemeinsam gelöst werden. Als ersten Schritt schlugen wir einen regelmäßigen Stammtisch vor Ort vor, an dem alle Betroffen und Vertreter des Bezirks teilnehmen. Arbeitslose, ArbeitnehmerInnen, PensionsistInnen und Jugendlichen aus dem Grätzl, Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion sollen sich dort treffen. Begleitmaßnahmen zum Ausbau (Information, Austausch, Lärmdämmung etc.) sollen gemeinsam beraten und – ohne Einschränkung der Religionsfreiheit - durchgesetzt werden. Wehsely und Valentin griffen die Idee als eine Art „Grätzel Jour fix“ auf und versprachen sich für ein solches ein zusetzten. Für ein solches Treffen sprach sich auch die betroffene Kollegin aus.
Klar ist für die SLP: das Recht auf Religionsausübung ist für uns unabdingbar. Dieses Recht verteidigen wir, jedeR muss angstfrei seine/ihre Religion ausüben können. Gleichzeitig nehmen wir die Anliegen der Anrainer ernst. Die Probleme, die rund um den Umbau eines Gebetshauses entstehen können (Lärm, Parkplätze etc.) müssen von den Betroffen vor Ort angegangen werden. Da hilft auch keine SPÖ-StellvetreterInnepolitik a’la “Das macht eh die Gebietsbetreuung“. Mit der Demonstration vom 13.9. hat die rechtsextreme Szene eine Möglichkeit, sich im Bezirk fest zusetzten. Das zu verhindern ist jetzt das oberste Ziel!
Wichtige Themen des Abends waren auch der Umgang mit dem islamischen Fundamentalismus und dem Rechtsextremismus. Das Versagen der SPÖ–Politik, der Sozialabbau in Bund und Land (Verkehrsbetriebe, Parkscheine, Mieten, FSW; Strom und Gas usw) nutzt den Rechtsextremen und reaktionären religiösen Gruppen.
Das Problem ist nicht das Gebetshaus sondern das Fehlen einer linke Alternative die sich der sozialen Probleme von moslemischen und nichtmoslemischen ArbeitnehmerInnen an nimmt.