Widerstand statt Dampfablassen

Albert Kropf

Stell dir vor es ist Streik und keiner geht hin (weil keiner was davon weiß)!

Ende April fand in Wien eine Protest-Informations-Veranstaltung der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) in der Stadthalle mit rund 1.000 LehrerInnen statt. Grund war die zuvor von der Regierung präsentierte Schulreform, in der wieder viele Verschlechterungen und Belastungen für LehrerInnen und SchülerInnen schlummern. Grundsätzlich ist es ja gut, dass Gewerkschaften endlich beginnen, Widerstand gegen die Spar- und Kürzungspolitik zu organisieren. Das Problem ist nur, es wird kein Widerstand organisiert. Ich bin selbst Landeslehrer in Wien und weder ich noch sonst jemand aus meinem KollegInnenkreis wusste von dieser Veranstaltung. Ganz zu schweigen davon, dass wir eingeladen, informiert oder gar „mobilisiert“ worden wären.
Ein Einzelfall? Nein. Anderes Thema, ähnliche Vorgehensweise: für Freitag, 12. Mai wird am Nachmittag zu einer „großen“ Demonstration im Gesundheitsbereich aufgerufen. Auch hier: die Mobilisierung läuft unter der Wahrnehmungsgrenze eines Teils der Betroffenen, von der Öffentlichkeit überhaupt zu schweigen.
Zufall? Nein, dabei handelt es sich nicht um Zufälle. Die Gewerkschaftsführung scheut sich nach wie vor davor, die Menschen gegen die unsoziale Politik in Europa, Bund, Land und Gemeinden zu organisieren. Sie gerät aber immer mehr unter Druck und so wird eben organisiert „Dampf“ abgelassen, um wieder auf den Verhandlungstisch mit Politik und Wirtschaft zurückkehren zu können. Denn dem abstrakten „Wohl“ Österreichs fühlen sie sich in Wirklichkeit mehr verpflichtet als ihren Mitgliedern.
Diese Politik hat aber selbst mittelfristig keine Perspektive mehr. Viele KollegInnen quer durch alle Fachgewerkschaften drehen der Gewerkschaft ihren Rücken zu. Selbst mir fällt es zunehmend schwer, KollegInnen von der Notwendigkeit einer ÖGB-Mitgliedschaft zu überzeugen. Für uns Betroffene heißt das, dass wir nicht nur die Gewerkschaftsführung zu Protesten zwingen müssen, sondern auch die Organisation kontrollieren müssen. Je stärker und überzeugter wir dabei sind, desto größer sind unsere Chancen auf eine bessere Zukunft!

 

 

 

Erscheint in Zeitungsausgabe: