Mo 22.01.2024
Die multiplen Krisen des kapitalistischen Systems werden von immer mehr Menschen auf der ganzen Welt wahrgenommen. Auf vielen Ebenen wächst der Widerstand gegen Unterdrückung und Ausbeutung, aber auch generell wird die Situation immer schwieriger unter Kontrolle zu halten.
Weltweit wächst deshalb auch die staatliche Repression. Die Herrschenden in den Chefetagen und Regierungsbänken stehen dabei aber vor einem Dilemma: Zu viel Repression sorgt für Instabilität, welche schlecht für das Geschäft der Kapitalist*innen ist. Die Krisen engen ihre Spielräume aber immer mehr ein, und so sind sie gezwungen, Maßnahmen zu treffen, die nur kurzfristig für Ruhe und Stabilität sorgen, aber mittel- und langfristig zu mehr Instabilität führen.
Repression made in Austria
In Österreich gab es nach Ausbruch des Gazakrieges massive Repressionen, als unter dem Deckmantel des Antisemitismus Anti-Kriegs-Proteste verboten wurden. Antisemitismus ist ein reales Problem in Österreich, welches bis zum Ausbruch des Krieges in Gaza von staatlichen Stellen meist ignoriert wurde - und nun als Vorwand genutzt wird, um meist von Migrant*innen getragene Proteste zu verbieten oder zu delegitimieren. Diese Repressionen sind ein Novum in Österreich und Vorboten einer härteren Gangart gegen zukünftige Protestbewegungen.
Auch die Klimabewegung wird härter angegangen. In Wien wurde ein angemeldeter und erlaubter Demozug der Letzten Generation (LG) unter dem Motto “Hört auf den Klimarat” nach wenigen Minuten von der Polizei gestoppt. Die fadenscheinige Begründung war eine “bedrohliche Stimmung” der Teilnehmenden - mehrheitlich junge Studierende und die “Omas gegen Rechts”.
§ 278a StGB - Mafiaparagraph
Ende 2023 wurde gegen einige Mitglieder der LG § 278a StGB angewandt und Ermittlungen wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung eingeleitet. Das ist nicht nur absurd, sondern sehr gefährlich - noch heute kann der Mafiaparagraph, trotz Reform, auch auf andere Organisationen wie zum Beispiel den ÖGB angewandt werden! Schon 2008 versuchte die Staatsanwaltschaft, § 278a auf den Verein gegen Tierfabriken (VGT) anzuwenden. Das erzeugte Widerstand in der Öffentlichkeit und große Solidaritätsbekundungen und endete mit einem Freispruch der Angeklagten 2012.
Auch im Oktober 2023 trug SOS Balkanroute einen juristischen Sieg gegen die SLAPP-Klage des ÖVP-nahen Internationalen Zentrums für die Entwicklung der Migrationspolitik (ICMPD) davon. Der Sieg gelang auch dank der Kampagne gegen die Klage, die von über 50 nationalen und internationalen Organisationen unterstützt wurde. So wurde gezeigt, dass man sich gegen Repression wehren kann.
Ein Angriff auf ein*e ist ein Angriff auf alle
Die Politik bereitet durch öffentlichen Diskurs, wo Aktivisti*innen als Terroristen oder -sympathisant*innen betitelt werden, den Boden für die Kriminalisierung von Protesten. Die Polizei fühlt sich davon ermächtigt, hart durchzugreifen. Die Justiz ist hingegen noch zögerlicher und setzt derzeit noch mehr auf Stabilität.
Für die Arbeiter*innenklasse in Österreich bedeutet das, jetzt schon entschlossen gegen Angriffe des Staates aufzutreten. In Britannien wurde letztes Jahr das Streikrecht eingeschränkt. Mit Rückblick auf die vergangenen KV-Verhandlungen, wo Kapitalist*innen sich offen gegen Streiks gestellt und mit Klagen gedroht haben, kann uns so etwas auch in Österreich drohen. Einen Vorgeschmack gab es von Seiten der Firma ZKW. Diese hat zunächst einen Stellenabbau von 600 Mitarbeiter*innen angekündigt und dann per richterlicher einstweiliger Verfügung einen geplanten Streik verbieten lassen. Brisant dabei ist auch, dass das Gericht nur die Arbeitgeberseite anhören ließ, nicht aber Betriebsrat oder Gewerkschaftsseite.
Wir brauchen starke, kämpferische Gewerkschaften, die gegen jede Repression vorgehen, denn Repression, die heute Klimaaktivist*innen trifft, kann morgen schon Gewerkschafter*innen und Betriebsrät*innen treffen!
Wenn wir uns in Betrieben und in Schulen organisieren, können wir es schaffen, die Gewerkschaften dazu zu bringen, den dringend notwendigen kollektiven Kampf gegen Repression zu unterstützen.