Di 04.11.2003
Setzt sich die Regierung bei den ÖBB mit dem Kahlschlag durch, gibt es bald Missstände wie bei den englischen Bahnen: Zugsunglücke, Ausfälle, unsichere Jobs bei mieser Bezahlung für die EisenbahnerInnen und schlechte Verbindungen für die KundInnen. Nach Pensionsraub und Voest-Privatisierung ist mit dem ÖBB-Kahlschlag ein weiter Angriff auf die Rechte von ArbeitnehmerInnen geplant. Weltweit versuchen Unternehmen und Regierungen, die Kosten für die kapitalistische Wirtschaftskrise auf alle ArbeitnehmerInnen und Arbeitslose abzuwälzen. Die Regierung bereitet die ÖBB-Privatisierung vor. Mehr noch, es sollen auch Betriebs- bzw. Personal-VertreterInnen und die Gewerkschaften geschwächt werden, um künftig Sozialraub noch leichter durchzubringen. Es geht um unser aller Zukunft.
Volle Solidarität mit den EisenbahnerInnen
Regierung und Medien hetzen gegen die angeblichen Privilegien der EisenbahnerInnen und schweigen tunlichst über die wirklichen Privilegien von Gorbach, Kukacka, Grasser, Schüssel und Rüdiger vorm Walde. Schon beim Arbeitskampf der AUA-KollegInnen ist die ÖGB-Führung dieser Hetze nicht offensiv genug begegnet. Das muss sich ändern. Mit allen Gewerkschaftspublikationen sowie durch Flugblätter, Veranstaltungen und Kundgebungen muss die Gewerkschaft die Interessen und Rechte der ArbeitnehmerInnen verteidigen. Wir müssen die Öffentlichkeit direkt informieren und gemeinsam, EisenbahnerInnen und andere Beschäftigte, auch auf die Strasse gehen. Der Streik gegen den Pensionsraub am 3. Juni hat seine volle Wirkung nicht entfalten können, weil wir alle auf unterschiedlichen Dienststellen verstreut in Kleingruppen waren. Es gab keine gemeinsame große Demonstration, mit der allen Betroffenen das Gefühl von Stärke und Einheit hätte gegeben werden können. Der Rückzug der ÖGB-Spitze nach dem 3. Juni war ein Fehler. Die ÖGB-Führung hat kein echtes Gegenkonzept zum Sozialraub. Deswegen überlebte die Regierung diese Proteste. Das darf diesmal nicht geschehen.
Regierung ist geschwächt
Der Überstundenboykott war eine zu schwache Maßnahme. Einzelne KollegInnen wurden dadurch isoliert. Der 12-stündige Warnstreik ist ein deutlicheres Mittel. Allein wird er aber wahrscheinlich noch nicht reichen, um die Regierung dazu zu bringen, ihre Angriffe zurückzunehmen. Die Regierung würde dann zusammenbrechen, wenn sie sich entschlossenem Widerstand von Beschäftigten und Gewerkschaft gegenüber sieht. Eine Fortsetzung und Ausweitung eures Streiks wird nötig und richtig sein. Spätestens zum 11. November muss es einen weiteren großen Streik geben. Falls das nichts nutzt, führt an ausdauernden Streiks kein Weg vorbei.
Wie Streiks ausweiten
Die Beschäftigten bei ÖBB, AUA, im Öffentlichen Dienst, bei Post und Postbus sind betroffen. Daher ist ein bundesweiter Streik gegen die Zerschlagung des Öffentlichen Dienstes und Verkehrs notwendig. Die EisenbahnerInnen, aber auch Menschen in anderen Bereichen, haben immer wieder gezeigt, dass sie zu streiken bereit sind. Der Widerstand muss vom ÖGB gebündelt werden, um effektiv zu streiken. Die Regierung hat die Gewerkschaft lange mit sinnlosen Verhandlungen hingehalten. Dennoch können die Angriffe noch zurückgeschlagen werden. An allen Arbeitsplätzen müssen Diskussionen stattfinden, wo alle KollegInnen mitreden können und Forderungen sowie die nächsten Schritte entwickelt werden. Die GDE-Führung ist mit der Durchführung eines solchen Streiks allein auf jeden Fall überfordert. Vorbereitungen auf längere Auseinandersetzungen mit der Regierung sind nötig. Wir schlagen daher auch die Wahl von Streikkomitees und die Erstellung von Flugblättern und Streikzeitungen durch die Belegschaft vor, um andere ArbeitnehmerInnen zu informieren und gemeinsame Aktionen vorzubereiten. Vor größeren Dienststellen könnten jeweils Protestkundgebungen abgehalten werden, um mit PassantInnen ins Gespräch zu kommen.
Neue Alternative für ArbeiterInnen aufbauen
Auch wenn SPÖ und Grüne letztlich ebenso für Sozialabbau und Privatisierung stehen (SPÖ-Politik in den 90er, Grüne-ÖVP-Regierung in OÖ), würde ein erfolgreicher Streik auch für jede künftige Regierung eine deutliche Warnung bleiben. Darüber hinaus wird es immer dringender werden, gemeinsam eine neue Partei für ArbeiterInnen und Jugendliche aufzubauen. Aufgrund der fortgesetzten schlechten Wirtschaftslage ist damit zu rechnen, dass die Angriffe von Unternehmens- und Regierungsseite weiter zunehmen werden. Diese neue Zeit erfordert eine kämpferische Gewerkschaftspolitik. Das ist auch das Ziel der überfraktionellen “Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften”. Über 60 Gewerkschafts-AktivistInnen, darunter KollegInnen von AUA, ÖBB, LehrerInnen, Postbus und GPA, nahmen kürzlich an der Gründungsveranstaltung teil. Ziel ist es, KollegInnen über Branchen- und Fraktionsgrenzen hinweg zusammenzubringen, um politische Alternativen zu den Angriffen zu erarbeiten und gemeinsam Aktionen durchzuführen.
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