Mo 24.04.2006
usammen mit der Gewerkschaft der Krankenhausbeschäftigten des Algodanal in Caracas organisierte die venezolanische Sektion des Komitees für eine Arbeiterinternationale (kurz CWI), in dem auch die SAV Mitglied ist, eine vielversprechende Veranstaltung zu den Studierenden-Unruhen und Arbeiterprotesten in Frankreich. (Vgl. hierzu auch die entsprechenden Texte auf der Website der SAV). Nur zwei Tage nach dem Treffen in Caracas wurde das Gesetz aufgrund der enormen Mobilisierung von ArbeiterInnen und Jugendlichen in zahlreichen französischen Städten zurück genommen.
Über 100 ArbeiterInnen nahmen an dem Treffen in der Hauptstadt Venezuelas teil. Unter ihnen auch Mitglieder der SINTRASALUD, Gewerkschaft der Krankenhausbeschäftigten, zwei lokale Radiostationen sowie RepräsentantInnen der momentan in Arbeitskämpfen befindlichen ArbeiterInnen von Race, einem Pharmaproduzenten. Letztere nahmen dann auch gleich die Gelegenheit wahr, um ihr Anliegen für eine neue Gewerkschaft vorzutragen. Sie berichteten von ihrem illegitimen Rauswurf durch die Geschäftsleitung und ihrem Kampf für die Anerkennung ihrer Gewerkschaft sowie für die Wiedereinstellung ihrer entlassenen Gewerkschaftsführung. Dazu kamen auch zwei OrganisatorInnen aus der Community Petare, einem Stadtbezirk von Caracas. Außerdem waren unterschiedlichste Leute aus den Missiones (von der Chávez-Regierung unterstützte Projekte zur Armutsbekämpfung) anwesend.
Die politische Einleitung zu diesem Treffen hielt Karl Debbaut vom CWI. Er hob die wichtigsten Aspekte im Kampf der französischen Arbeiterklasse hervor. Unter anderem sprach er die Verteidigung grundlegender gewerkschaftlicher Rechte und den Kampf gegen Neoliberalismus sowie gegen die steigende Armut an. Karl machte klar, dass die Armut in Europa wesentlich verbreiteter ist, als mensch sich das in Lateinamerika gemeinhin vorstellt. Eine solche Politik hat ihre Wurzeln in den am meisten entwickelten Ländern des Kapitalismus. Auch brachte der Referent klar zum Ausdruck, welch undemokratischer Natur das parlamentarische System in Westeuropa ist. Denn wenn die gewählten Politiker einem Gesetz zustimmen, das von 73% der französischen Bevölkerung abgelehnt wird, sollte mensch sich schon fragen, von was für einer Art Demokratie dabei noch die Rede sein kann!
Die DiskussionsteilnehmerInnen machten einen überaus interessierten Eindruck während der Einleitung, der dann auch eine lebhafte Debatte folgte. Viele Redebeiträge beschäftigten sich mit der Frage, wie momentan der Stellenwert sozialistischer Ideen in Frankreich und Europa einzuschätzen ist. Andere TeilnehmerInnen waren mehr daran interessiert zu erfahren, welche Methoden konkret in den Auseinandersetzungen in Frankreich angewandt wurden. Auch die tiefere Bedeutung des CPE (Gesetz über die Ersteinstellung) stand zur Diskussion.
Zweifellos war diese Veranstaltung eine neue und besondere Erfahrung. Üblicher Weise haben wir in Lateinamerika nämlich eher das Bild einer privilegierten Arbeiterklasse im Kopf, wenn wir an die KollegInnen in Europa denken. Auch einen direkten Kampf gegen das kapitalistische System hatten wir bis dato in Europa für unmöglich gehalten. Das Treffen machte aber auch deutlich, dass Bedarf nach einer Internationalisierung der Kämpfe gegen Neoliberalismus und Kapitalismus besteht.
Wir konnten eine sehr positive Bilanz ziehen nach diesem Treffen von ArbeiterInnen, die alle aus recht unterschiedlichen Kulturkreisen stammen und doch so viel gemeinsam haben. Eine Lehre muss daher sein, dass wir nichts anderes tun sollten, als voneinander zu lernen.