Fr 09.03.2007
Dieser Artikel erschien zuerst in Socialismo Revolucionario, der Zeitung der gleichnamigen venezolanischen Sektion des CWI (Komitee für eine ArbeiterInneninternationale, der die SLP als Sektion in Österreich angehört). Er handelt von einer ArbeiterInnendemonstration, die Anfang Februar in Caracas stattfand und für die Verstaatlichung einiger Schlüsselindustrien eintrat.
Zwischen 5.000 und 6.000 Beschäftigte von Firmen wie CANTV, Electricidad de Caracas und SIDOR nahmen an einer Demonstration Anfang Februar teil, um der Nationalversammlung und dem venezolanischen Vizepräsidenten zu signalisieren, dass die ArbeiterInnen im ganzen Land von den ArbeitgeberInnen weiterhin abscheulich behandelt werden. Das ist ein Widerspruch, den wir im sich in Venezuela entwickelnden revolutionären Prozess sehen.
ArbeiterInnen skandierten auf der Demonstration Sprüche wie: „Für Sozialismus, nieder mit dem Kapitalismus!“ sowie Slogans gegen Korruption und die Bürokratie. Entscheidend war dabei, dass auf der Demo FabrikarbeiterInnen mit klaren Prinzipien zusammen kamen. Sie wissen aus eigener Erfahrung, dass die ArbeitgeberInnen nicht für die Verbesserung der Lebensbedingungen der ArbeiterInnenklasse sorgen werden: Es braucht Massenproteste wie diesen und eine Eskalation von Klassenkämpfen, die zu Verstaatlichungen der Industrie unter der Kontrolle der Beschäftigten aufrufen.
Die ArbeiterInnen protestierten gegen die „Stagnation“. So stellt sich zur Zeit der Grad der Verstaatlichungsmaßnahmen dar, bei denen der Besitz nur in die Hand des Staates übergeht, ohne jegliche demokratische Beteiligung oder Kontrolle durch die ArbeiterInnenklasse.
Die Februar-Demonstration ging vom Plaza Morelos zur Nationalversammlung und dem Sitz des Vizepräsidenten, eine Strecke von gut 3,5 km. Eine Delegation wurde gewählt, um einen Forderungskatalog an den Vizepräsidenten zu übergeben. Neben Forderungen wurden darin auch Fälle von Missbrauch gegenüber ArbeitnehmerInnenrechten aufgelistet. Die Delegation bestand unter anderen aus Orlando Chirino und Stalin Perez vom Flügel C-Cura in der UNT, dem größten Gewerkschaftsdachverband Venezuelas, und Agustin Prieto von der Telekommunikationsfirma CANTV sowie Siguaraya und Angel Navas, zwei Parlamentsabgeordneten. Einige DemoteilnehmerInnen fragten sich, warum keinen durchschnittlichen ArbeiterInnen erlaubt wurde, Teil dieser Delegation zu sein?
Nach dem Gespräch mit der Kommission der Nationalversammlung sprach Orlando Chirino zu der Menge, um die Ergebnisse dieses Treffens mitzuteilen. Er berichtete von einem vereinbarten weiteren Treffen mit dem Arbeitsminister. Orlando Chirino sagte auch, dass die Delegation weitere Verstaatlichungen von Firmen wie CANTV, Electricidad de Caracas und SIDOR forderte. Beschäftigte von SIDOR fordern die Verstaatlichung aufgrund des Ausmaßes an Ausbeutung, dem sie sich dort gegenüber sehen. So sind 70 Prozent der ArbeiterInnenschaft dort über Subunternehmen angestellt, die sich an kein einziges Arbeitsgesetz halten.
Das Resultat des Treffens der Delegation im Büro des Vizepräsidenten erfüllte nicht die Erwartungen der protestierenden ArbeiterInnen, weil nur Vereinbarungen über weitere Treffen mit Ministern dabei heraus kamen, ohne irgendwelche konkreten Ergebnisse.
ArbeiterInnen müssen in die Offensive gehen
Die GewerkschaftsführerInnen benutzen und mobilisieren die Massen teilweise, um ihre persönlichen Interessen zu bedienen. Die ArbeiterInnen müssen mit dieser opportunistischen Politik brechen und in die Offensive gehen. Als die ProduzentInnen des gesellschaftlichen Reichtums, muss die ArbeiterInnenklasse in Venezuela die Gesellschaft in die Hand nehmen.
Die Situation in Venezuela verlangt danach, den Klassenkampf sowie den Kampf um die Demokratisierung der Gewerkschaften zu entwickeln. Dies war die Einstellung vieler Mitglieder der Delegation auf dem Weg zur Nationalversammlung. Dennoch glauben wir nicht wie einige daran, dass dieser Kampf gewonnen wird, wenn Forderungen nach Gesetzen aufgestellt werden, die sich an den Interessen der Mittelschicht und der Reichen in Venezuela orientieren.
Drei Anhänger von Socialismo Revolucionario, Mario, Olifrank und Jose, nahmen an dem Protest im Februar teil, um den ArbeiterInnen ihre Unterstützung zukommen zu lassen. Sie verkauften dort die gleichnamige Zeitung und hatten wichtige Diskussionen mit ArbeiterInnen von Inveval, einer Firma, die vom Staat als deren neuer Teilhaber teilverstaatlicht wurde, und von BIV, einem staatlichen Finanzdienstleister.
Wir müssen heute mehr denn je für die Weiterentwicklung des Kampfes um ArbeiterInnenrechte in Venezuela sorgen. Socialismo Revolucionario startete diesbezüglich eine Kampagne. Der Kampf für ArbeitnehmerInnenrechte muss wesentlicher Teil des Kampfes der venezolanischen ArbeiterInnenklasse sein. Dieses ist nur ein Bestandteil zum Aufbau einer Partei und politischen Führung der ArbeiterInnenklasse.