Van-Der-Bellende Hunde beißen nicht: Warum wir im Kampf gegen Rechts nicht kritiklos bürgerliche PolitikerInnen unterstützen dürfen

Flo Klabacher

Als ernsthafte AntifaschistInnen muss es natürlich unser Ziel sein, den Aufstieg der FPÖ zu stoppen. Klar ist, dass ein Präsident Hofer der FPÖ weiteren Auftrieb geben und ihren Aufstieg beschleunigen würde. Weder ein Präsident Hofer noch ein Kanzler Strache, noch beides gleichzeitig wären gleichbedeutend mit der Machtergreifung eines neuen Faschismus. Aber jede dieser Tatsachen würde bedeuten, dass gewaltbereite Neonazis im Windschatten ihrer Hetze noch weiter in die Offensive kommen und es immer mehr und schlimmere Gewalteskalationen gegen Flüchtlinge, MigrantInnen und AntifaschistInnen geben würde, dass neofaschistische Organisationen wie die Identitären noch freier agieren könnten und dass demokratische Rechte und soziale Errungenschaften noch schneller abgebaut werden würden Also wär's natürlich angenehmer, wenn das nicht passiert. 

Aber das kann kein Anlass sein, unabhängige Positionen aufzugeben und uns unkritisch hinter bürgerliche PolitikerInnen zu stellen, die mit schuld am Aufstieg der FPÖ sind. Alle etablierten Parteien, auch SPÖ und Grüne machen Politik für Banken, Konzerne & ihre Superreichen BesitzerInnen. Alle akzeptieren sie die kapitalistische Logik, dass Einsparungen notwendig sind, um die Wirtschaft am laufen zu halten, also: Damit UnternehmerInnen noch mehr Kohle scheffeln können. Die FPÖ vertritt diese Logik auch und am vehementesten, nur schafft sie es bisher, das mit einer sozialen Rhetorik zu kaschieren. Das ist einer der wichtigsten Gründe, warum die FPÖ so stark werden konnte: Sie wird von vielen – natürlich völlig zu unrecht – als Protestpartei gesehen. Ein Wahlsieg von Van Der Bellen würde den Aufstieg der FPÖ – verzögern. Das würde uns mehr Zeit verschaffen, um eine wirkliche Alternative zur Kürzungspolitik aller Parlamentsparteien aufzubauen. Mit einer Liste oder Partei, die konsequent gegen alle Angriffe auf den Lebensstandard von ArbeiterInnen, Arbeitslosen, Jugendlichen, StudentInnen, alleinerziehenden Müttern und älteren Menschen mit niedrigen Pensionen – und zwar egal, welcher Herkunft, Hautfarbe, Muttersprache, Religion oder Sexualität – kämpft, könnten wir viele der ProtestwählerInnen, die bei dieser Wahl noch Hofer wählen werden, auf unsere Seite ziehen. Van Der Bellen steht dafür nicht. Er biedert sich auf ekelerregende Weise ans ÖVP/Gries-Klientel an, vermeidet jede Konfrontation mit Hofer, hält seinen Wahlkampf unpolitisch, grenzt sich von aktiven AntifaschistInnen ab – kurz: Er macht das, was er immer schon gemacht hat. Abgehobene, bürgerliche Politik. Man höre sich nur ein paar Stellen aus seiner Ö1-“Konfrontation“ mit Hofer an.

In vielen Betrieben der Gemeinde Linz war am 28. März 2012 ein Streik gegen Kürzungen der Lohnerhöhung der Beschäftigten geplant. Der wurde von der Bürokratie der GDG (jetzt „younion“) im letzten Moment und gegen den Willen der Belegschaft abgesagt. Die Maßnahme, gegen die gestreikt werden sollte, wurde von der schwarz-grünen Regierungskoalition in Oberösterreich beschlossen. Ganze Stationen – wie die Gynäkologie im AKH Linz (jetzt KUK Med Campus III) gibt’s heute nicht mehr, sie sind der Spitalsreform zum Opfer gefallen. Danke Die Grünen! Und mit genau dieser Art von Politik wird Van Der Bellen völlig zu Recht identifiziert.

Hier sind drei Zitate, die (neben all den Verbrechen, die von seiner Partei in diversen Regierungen verbrochen wurden und werden) ganz gut erklären, warum Van Der Bellen für eine Körperöffnung hinten unten zu halten ist:

"Als Ökonom bin ich natürlich ein Anhänger des Freihandels. Bei TTIP gibt es verschiedene Probleme, die sich lösen lassen.“ - 2015

“Ich war immer schon für Studiengebühren, konnte mich aber innerparteilich bei den Grünen nicht durchsetzen.” - 2013

“Gegen eine klassische Vermögenssteuer habe ich meine Bedenken, vor allem aus steuertechnischen Gründen.” - 2011

Unkritische Van-Der-Bellen-UnterstützerInnen sollten sich mal überlegen, dass viele, die aus einem falschen Protest-Verständnis heraus FPÖ wählen (was wir nicht verteidigen oder rechtfertigen), Van Der Bellen aus den richtigen Gründen hassen. Wenn wir uns unkritisch hinter ihn stellen, isolieren wir uns von vielen, die von Kürzungspolitik betroffen sind. Die werden uns nicht ernst nehmen, wenn wir Loblieder auf Van Der Bellen singen. Und wenn er Präsident wird, werden wir sehr schnell damit konfrontiert sein, dass er Politik im Interesse von Banken & Konzernen macht! Wer ihn jetzt unkritisch unterstützt, muss nachher auch damit leben, mit ihm in einen Topf geworfen zu werden. Jedenfalls wird Van Der Bellen kein Bollwerk gegen die FPÖ sein. Im Gegenteil, er und seine Partei werden weiterhin Politik machen, die den Nährboden für rechte Hetze aufbereitet! Also muss unser Zugang sein: Am 22. Mai ein Kreuzerl gegen Hofer machen und ab sofort und auch nach der Wahl, egal, wie sie ausgeht, eine Alternative zur Kürzungspolitik der etablierten Parteien aufbauen. Gute Gelegenheit dafür: Die Aufbruch-Aktionskonferenz am 3. & 4. Juni in Wien.

 

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