Di 24.09.2013
Die aktuelle wirtschaftliche Krise hatte einen desaströsen Effekt auf die Lebensbedingungen für ArbeiterInnen, Jugend und Arme in den USA. Seit 2007 haben Millionen ihre Häuser, ihre Jobs und ihre Gesundheitsversorgung verloren. Gleichzeitig wird bei bereits dürftigen öffentlichen Budgets gespart. Die herrschende Klasse versucht ständig, ArbeiterInnen zu überzeugen, dass alles nicht so schlimm sei. Jedes Monat berichten die Medien über sich angeblich verbessernde Wirtschaftsdaten, aber diese Ankündigungen bleiben ohne Substanz. Sie berichten, dass die Arbeitslosenrate von 10 % 2009 auf 7,5 % zurückgegangen ist, aber der Anteil von Menschen in Beschäftigung an der Gesamtbevölkerung im arbeitsfähigen Alter sinkt. Er liegt nun bei 63,4 %, so niedrig wie zuletzt 1978.
Die Krise hat eine Veränderung im Bewusstsein bewirkt. Unter ArbeitnehmerInnen gab es in Fragen wie der Ehe für Homosexuelle, das Recht auf Abtreibung, bis hin zum Mindestlohn einen Linksruck. Das steht in Kontrast zu Demokraten und Republikanern, die sich in diesen Fragen weiter nach rechts bewegt haben. Die Präsidentschaft von Barack Obama sollte Budgetkürzungen, Attacken auf demokratische Rechte, Abschiebungen etc. mit einem netten Image versehen – zumindest wenn es nach der herrschenden Klasse geht. Für einen gewissen Zeitraum ist das auch gelungen. In den letzten fünf Jahren hat aber Obama seine Unterstützer völlig betrogen. Er hat mehr MigrantInnen abgeschoben als Bush, er hat unbemannte Drohnen eingesetzt. Seine Umfragewerte befinden sich wenig überraschend im freien Fall, besonders bei jenen Gruppen, die ihn am stärksten in seinen Kampagnen unterstützten. Sie sind in den letzten Monaten um 17 Prozentpunkte bei jungen WählerInnen und neun Prozentpunkte in der schwarzen Community gesunken. Die Gesellschaft, in der wir leben, wird mehr und mehr hinterfragt und es gibt eine tiefgreifende Desillusionierung mit dem Zweiparteiensystem, nicht zuletzt auch wegen des NSA-Skandals.
Die Veränderung im Bewusstsein zeigt sich auch auf der Straße. 2011 haben wir die massiven Kämpfe der öffentlich Bediensteten in Wisconsin gesehen. Occupy Wall Street hat sich rasend schnell auf über 1.000 Städte in den USA verbreitet. Zuletzt haben wir eine Serie von Streiks im Fast-Food-Sektor gesehen, einer der am schnellsten wachsenden Industrien in den USA. Von New York über Washington DC bis Seattle haben einige der am schlechtest bezahlten ArbeiterInnen für einen Stundenlohn von 15 $ in der Stunde und das Recht auf gewerkschaftliche Organisierung gekämpft. Am 29. August fand ein koordinierter Streiktag statt.
Gleichzeitig gibt es wachsendes Interesse an sozialistischen Ideen. Umfragen zeigen, dass besonders unter jungen Leuten „Sozialismus“ positiver als „Kapitalismus“ gesehen wird. Das beste Beispiel für das wachsende Interesse an sozialistischen Ideen ist aber die Unterstützung auf Wahlebene, die SozialistInnen in einzelnen Städten erfahren. 2012 hat Socialist Alternative (die Schwesterorganisation der SLP in den USA) eine Kandidatin für die regionale Regierung in Washington aufgestellt. Obwohl Kshama Sawant und ihre Wahlkampagne ungleich weniger Geld zur Verfügung hatten als ihr Demokratischer Gegner, konnte sie 29 % bzw. 20.000 Stimmen gewinnen. Dieses Jahr kandidiert Socialist Alternative mit drei KandidatInnen für Sitze in Gemeinderäten in Seattle (Kshama Sawant), Minneapolis (Ty Moore) und Boston (Seamus Whelan). In der Vorwahl vom 6. August gewann Kshama bereits 35 % bzw. 40.000 Stimmen. Sie wird damit im November bei der Stichwahl gegen den Demokratischen Gemeinderat Richard Conlin antreten. In Minneapolis ist Ty Moore als Anti-Delogierungsaktivist von Occupy Homes bekannt. Er hat den Kampf gegen Delogierungen zu einem Schlüsselpunkt in seinem Programm gemacht und wird von einer Reihe wichtiger Gewerkschaften unterstützt. Im Moment ist das die stärkste und sichtbarste Kampagne in Minneapolis. In Boston steht Seamus Whelan vor einer schwierigeren Kampagne. Aber er hat eine Position in der Gewerkschaft der PflegerInnen, die eine wichtige Rolle in zukünftigen Kämpfen spielen kann. Obwohl diese Kampagnen noch sehr klein sind, fordern sie von Links die Demokraten heraus – das kann ein wichtiger Schritt in Richtung Aufbau einer neuen Partei die ArbeitnehmerInnen sein. Die Kampagnen sind Ausdruck der wachsenden Unterstützung für sozialistische Ideen. Sie werden den Schwung nutzen, um für eine Zukunft kämpfen, in der ArbeitnehmerInnen tatsächlich über ihr Schicksal entscheiden können.