Di 01.09.1998
Hollywood beweist prophetische Fähigkeiten. Mit „Wag the Dog“ wurde die Geschichte eines US-Präsidenten verfilmt, der, um von seiner Sex-Affäre abzulenken, einen virtuellen Krieg inszeniert. Mit solchen Halbheiten gibt sich der reale US-Präsident Clinton nicht zufrieden. Um von seiner Sex-Affäre abzulenken, wurden echte Raketen abgeschossen und wurde echtes Blut vergossen.
Nach der Affäre Monica Lewinski, die im letzten halben Jahr mehr den selbsternannten Sonderermittler Starr in Atem hielt, als sonst irgendjemanden, kam es zu einer Militäraktion der USA, die international weit mehr interessiert. Anfang August mußte auch Bill Clinton selbst zu seinem Sexualleben Stellung nehmen und vor der sogenannten Grand Jury eine Aussage machen. Bis dato nur mäßig interessant. Was dann geschah, war allerdings US–Imperialismus „vom Feinsten“. Um einen ordentlichen Befreiungsschlag aus der Affäre Lewinski tätigen zu können, kamen die Bombenanschläge auf zwei US–Botschaften in Kenia und Tansania, bei denen unter den rund 300 Opfern 12 AmerikanerInnen waren, gerade recht.
Wieder einmal rief die USA zum „Kampf gegen den internationalen Terrorismus“ auf. In einem sogenannten „Vergeltungsschlag“ wurden in Afghanistan drei angebliche Trainingslager von Terroristen und im Sudan eine Pharmafabrik, in der angeblich das Nervengas VX hergestellt wurde, von den USA bombadiert.
26 Menschen fanden den Tod, und die Pharmafabrik, die zwei Drittel des Sudan mit Medikamenten versorgt hatte, wurde auch zerstört. Beweise haben die USA bis heute nicht erbracht. Frei nach dem Motto: „Erst schießen, dann fragen“.
Die angebliche Vergeltung, die Bill Clinton mit diesem Schlag für die Familien der Opfer sagte erbringen zu wollen, ist nichts als ein Vorwand. Eine der abgefeuerten Raketen kostet 1 Millionen US Dollar – 100 davon wurden abgefeuert. Vermutlich hätten die Familien damit etwas Besseres anzufangen gewußt. Auch die angebliche Mobilmachung gegen islamische Fundamentalisten kommt von Seiten der USA nur auf, wenn die US amerikanischen Machthaber, oder ein Teil von ihnen, gerade Nutznießer dieser Aktionen sind. Bin Laden, der neue Feind Nr. 1 der USA, war in den 80er Jahren von eben diesen USA mit Geld & Waffen ausgerüstet worden. Damals war er ein „Heiliger Krieger“, ein „Held“ im Kampf gegen das von der Sowjetunion unterstützte Regime in Afghanistan.
Daß sich islamische Fundamentalisten als „Anti-Imperialisten“ aufspielen können und Unterstützung unter den Armen und Unterdrückten Massen im arabischen Raum erhalten, liegt an der Schwäche der sozialistischen Kräfte. Wo die Fundamentalisten an der Macht sind, legen sie ihre oft soziale Maske rasch ab. Im Iran oder Afghanistan zeigen sie, was ihr „Gottesstaat“ für die Menschen bedeutet - Ausbeutung und brutale Unterdrückung. Der US-Militärschlag hat real diese Kräfte gestärkt und gibt ihnen die Möglichkeit, „antiimperialistische Töne anzuschlagen“.
Nachsatz: Inzwischen hat selbst die reaktionäre deutsche Zeitung „Die Welt“ berichtet, daß in der sudanesischen Fabrik keine chemischen Waffen produziert wurden. Außenminister Schüssel blieb trotzdem - bis jetzt - solidarisch zu Clinton und Co.