Do 02.05.2013
Ab Mai findet die Urabstimmung über das Ergebnis der Verhandlungen für einen neuen Journalismus-KV statt. Das Ergebnis sieht vor dass Freie angestellt und Onliner in den neuen KV übernommen werden, aber auch den Fall des 15. Gehalts. Die Gewerkschaft versucht, das Ergebnis als Erfolg zu verkaufen, unter anderem mit dem Argument, dass es schon ein Erfolg ist, dass es überhaupt noch einen KV gibt.
Aber das ist eine total defensive Strategie. Ob Freie angestellt werden und welcher KV für die Onliner gilt ist eine Frage des Kräfteverhältnisses, dafür ist es nicht nötig, den KV zu verschlechtern. Es kann kein Erfolg sein, wenn Verschlechterungen in Kauf genommen werden, damit die Arbeitgeber etwas zusagen, das sie ja eigentlich schon längst tun müssten, nämlich sich an die Rechtslage halten. Der Fall des 15. ist ein Affront für jene, die im Oktober auf die Straße gegangen sind, und die nun Verschlechterungen in Kauf nehmen müssen. Die Stimmung unter den KollegInnen ist entsprechend frustriert, das Verständnis für die Strategie der Gewerkschaft hält sich in Grenzen.
Die Kündigung des Kollektivvertrags war eine bewusste Erpressungsstrategie der Arbeitgeber, um das 15. Gehalt loszuwerden. Wenn das 15. fällt, haben sie genau das erreicht, was sie wollten – nämlich den KV langfristig deutlich billiger zu machen. Ihre „Teile und Herrsche“-Politik ist voll aufgegangen.
Die Gewerkschaft sagt, dass der Waffenstillstand jetzt vorbei ist und sie nun den Verlagen auf die Finger sehen wird. Aber der Waffenstillstand hat die Position der ArbeitnehmerInnenseite deutlich geschwächt – mit Kampfmaßnahmen im Rücken wäre wesentlich mehr zu erreichen gewesen. Das hat besonders die offene Betriebsversammlung im Oktober gezeigt, die laut und kämpferisch war, und an der sich viele KollegInnen beteiligt haben. Dahinter steht, dass die Gewerkschaftsspitze letztlich dem Krisenargument nichts entgegenzusetzen hat. Aber die EigentümerInnen sind alles andere als arm. Hinter dem Kurier steht die Raiffeisenbank, hinter der Krone der WAZ-Konzern, etc.
Es ist gut, dass es diese Urabstimmung gibt. Aber die Fragestellung ist falsch. Man kann nur abstimmen, ob der KV in dieser Form in Kraft treten soll oder nicht. Die Gewerkschaftsspitze stellt das wider besseres Wissen so dar, als ob es im Falle eines Neins überhaupt keinen KV mehr gäbe. Sie hat der Erpressungspolitik der VerlegerInnen nichts entgegenzusetzen. Es müsste eine Option geben die besagt „Ich unterstütze die Verbesserungen, lehne aber die Verschlechterungen ab, zurück an den Verhandlungstisch, und wenn die Arbeitgebern dazu nicht bereit sind, müssen Kampfmaßnahmen vorbereitet werden.“ Die Gewerkschaftsführung missbraucht das Instrument der Urabstimmung, um sich ihre Position absegnen zu lassen.
Die Tatsache, dass es bei der Urabstimmung nur „diesen KV oder gar keinen“ zur Auswahl gibt, ist Ausdruck ihrer defensiven Strategie. Aber wir dürfen uns von den Arbeitgeber nicht erpressen lassen! Es ist Aufgabe der Gewerkschaft einen Kampf für Verbesserungen zu organisieren, nicht Verschlechterungen auszuhandeln und abzusegnen.
Da es diese dritte Option nicht gibt, bleibt nichts anderes, als mit Nein zu stimmen, um zu verhindern, dass die Verschlechterungen in Kraft treten. In diesem Fall müsste die Gewerkschaft Kampfmaßnahmen vorbereiten, um diese Verschlechterungen zu verhindern. Das wäre auch eine bessere Ausgangslage um die Flucht aus dem Kollektivvertrag zu stoppen und eine Anstellung der Freien und Einbeziehung der Onliner zu erreichen.
Ein Freier Journalist dazu: „Ich habe bis jetzt noch nicht erfahren, ob bei uns Anstellungen geplant sind. Aber um das Unwesen der Prekarisierung im Medienbereich zu bekämpfen ist eine gewerkschaftliche Organisierung der Freien nötig. Den KV für die Arbeitgeber billiger zu machen, nützt uns Freien überhaupt nichts, es spaltet nur in ‚Alte‘ und ‚Freie‘ bzw. ‚Online‘. Die Arbeitgeber hoffen, dass wir die Verschlechterungen unterstützen. Aber wir müssen einen gemeinsamen Kampf für die Anstellung der Freien organisieren, und das geht nur unter Einbeziehung der ‚Alten‘ – und mit dem Kampf für Verbesserungen für alle.“