Fr 01.06.2012
Als ich vor fünf Jahren zum ersten Mal auf den Fackelzug der Wiener SJ ging, wollte ich gegen Rassismus, Sexismus und Bildungsabbau kämpfen – ohne wenn und aber. Wie viele andere stieß ich auf die SJ – als die Organisation, die das meiste Geld hat und damit am sichtbarsten ist. Was mich irritierte: Das SPÖ-Logo auf SJ-Flyern. Die SPÖ war (und ist) für mich eine etablierte Partei.
Erfolge der Vergangenheit sind kein Blankoscheck für Verbrechen der Gegenwart. Schon weil wohl kein jugendliches SJ-Mitglied die letzte Errungenschaft der SPÖ überhaupt erlebt hat. Meine Generation kennt die SPÖ als Partei der Gusenbauers und Faymanns. Egal ob in Koalition, Alleinregierung oder Opposition: Die SPÖ stimmt Sparpaketen, Bettelverboten und Asylrechtsverschärfungen zu, bzw. arbeitet sie aus.
Versuche, die SPÖ nach links zu drücken, gab es viele. Gelungen davon ist kein einziger. Als die Wiener SJ Anfang der 90er drohte, unter den Einfluss der marxistischen „Vorwärts“-Strömung zu fallen, wurde sie von Linken gesäubert, Bezirksgruppen geschlossen, Hausverbote erteilt. Die führenden Köpfe dieser Hexenjagd (Wehsely, Schieder, Krainer etc.) sitzen heute in hohen SP-Positionen.
Lippenbekenntnisse zu Vermögenssteuern, wie wir sie mittlerweile aus allen Parteien gehört haben, als Zeichen für einen potentiellen „Linksschwenk“ zu deuten, an der SPÖ festzuhalten und dabei 30 Jahre neoliberale und rassistische Politik zu ignorieren ist gefährliche Realitätsverzerrung. Die SJ gaukelt Jugendlichen, die links aktiv sein wollen, eine „gewinnbare“ SPÖ vor (worauf keinE JugendlicheR von sich aus kommen würde!) – Scheitern, Enttäuschung und Entpolitisierung sind vorprogrammiert.
Damals ausgeschlossene „VorwärtslerInnen“ spielen heute eine wichtige Rolle in der SLP. Sie haben die Entwicklung der letzten Jahrzehnte analysiert und kamen zu dem Schluss, dass für konsequente linke Politik in der SPÖ kein Platz ist. Es ist kein angenehmes Gefühl, zu wissen, dass es da draußen keine ArbeiterInnenpartei gibt. Einzusehen, dass neue Organisationen aufgebaut werden müssen, auch wenn es Knochenarbeit ist. Aber es führt nichts daran vorbei. Es gibt keine wirklich unabhängige Vorfeldorganisation oder linke Nische, die die Partei zulässt. Wer in der SJ aktiv ist, hat die Wahl: Sich mit der Zeit entradikalisieren und „erwachsen“ (also angepasst) werden, oder gegen dieselben Wände immer wieder zu laufen und schlussendlich aufzugeben. Diese Kräfte aber fehlen beim so notwendigen Aufbau einer echten sozialistischen Partei für ArbeiterInnen und Jugendliche!