Di 01.09.2009
Arm und Reich gab’s in Österreich leider schon immer. Aber mit der Wirtschafskrise wird diese Situation für hunderttausende Menschen fatal. Sozialer Widerstand, kämpferische Gewerkschaften und eine handlungsfähige Linke werden für von Armut betroffene Menschen überlebensnotwendig
Über eine Million an oder unter der Armutsgrenze
Rund 400.000 Menschen sind arm und ca. 700.000 Menschen sind zusätzlich armutsgefährdet. Betroffen sind PensionistInnen, Arbeitslose, SozialhilfeempfängerInnen UND ArbeitnehmerInnen! 230.000 Personen sind armutsgefährdet, obwohl sie regelmäßig arbeiten gehen. 97.000 Berufstätige sind dauerhaft arm. 68.000 davon trotz Vollzeitjob! Dazu kommt: Deregulierung, schlechte Bezahlung und Arbeitszeitflexibilisierung haben einen wachsenden Billiglohnsektor geschaffen. Zehntausende arbeiten rund 35 Wochenarbeitsstunden und verdienen weniger als 1.000 Euro brutto. Etwa 100.000 Menschen sind nicht krankenversichert. Die allermeisten davon arbeiten prekär und sind selbstversichert, zahlen aber die Beträge nicht pünktlich, weil sie das Geld für andere Rechnungen brauchen oder das Konto gesperrt ist. Viele MigrantInnen arbeiten hart und versuchen sich gut auszubilden, kriegen aber wegen des rassistisch strukturierten Arbeitsmarkts nur Jobs im Billiglohnsektor. Rund 234.000 Frauen sind arm. Das ist weit mehr als die Hälfte der Armen und insgesamt 6% aller Frauen, die in Österreich leben. Frauen werden nach wie vor bei Sozialleistungen diskriminiert, etwa wenn bei der Notstandshilfe das Partnereinkommen mitgerechnet wird.
Wirtschaftskrise verschlimmert Situation massiv
Laut “ExpertInnen” trat bis jetzt bei den allermeisten dauerhaft Armen nach einem Jahr eine (oft nur geringfügige) Verbesserung der Lebenssituation ein: Menschen fanden wieder einen Job, oder konnten in die langersehnte Pension gehen. Dieses Phänomen wird verschwinden. Viele Betriebe die heute schließen treiben junge ArbeitnehmerInnen in die Arbeitslosigkeit. Viele der heutigen Arbeitslosen müssen "dank" div. Pensionsreformen viel länger auf eine (ohnehin niedrige) Pension warten. In manchen Regionen Österreich könnte - wenn es keinen sozialen Widerstand gibt - Armut ein Dauerzustand werden.
Wer zahlt für die Krise?
Bis jetzt wurde der Einbruch der Wirtschaftskrise mit viel Geld aus den Taschen der ArbeitnehmerInnen abgefedert. Typisches Beispiel sind die AMS-Beiträge für Kurzarbeit und Aussetzungsverträge. PolitkerInnen und Unternehmen werden weiter versuchen, die Kosten des Wirtschaftsdesasters auf die ArbeitnehmerInnen, Arbeitslose und Jugendliche abzuwälzen, obwohl ganz andere sie verursacht haben. Die Ankündigungen der Landesregierungen von Salzburg und Kärnten, bei ihren Landesbediensteten eine Nulllohnrunde durchzuführen ist erst der Anfang. Die Angriffe zu verhindern wird für viele zur Überlebensfrage.
"Es geht eh schon wieder aufwärts" heißt es aus manchen Zeitungsredaktionen und von PolitkerInnen. Aber die Krise ist noch lang nicht vorbei. Die Banken sitzen noch auf faulen Krediten. Weitere Kündigungen und Betriebschließungen stehen bevor. Die Arbeitslosigkeit wird steigen.
Regierungspolitik unwirksam
Der Ministerrat einigte sich am 29.7.09 auf die Einführung einer "Mindestsicherung" von 733 Euro 12 mal im Jahr ab Oktober 2010. Eine sozialpolitische Farce! In manchen Bundesländern sind Sozialhilfe und Wohnbeihilfe ungefähr gleich hoch (in Wien meistens mehr). Die Regelung bringt nur eine Angleichung mit Betroffenen aus anderen Bundesländern. Aus der Armut kommt mit dieser Summe niemand raus. In Kärnten sollen MigrantInnen vom Bezug der Mindestsicherung überhaupt ausgeschlossen werden.
Wir wollen wirkungsvolle Maßnahmen
Die SLP setzt sich für eine 30-Stundenwoche bei vollem Lohn und für eine Verkürzung der Lebensarbeitzeit (früher in Pension, bezahlte Bildungskarenz bzw. Sabaticals) ein. Wir unterstützen jeden Einsatz für Arbeitszeitverkürzung. Wir verurteilen daher auch - mit tausenden anderen KollegInnen - die Abkehr der ÖGB-Spitze von der 35-Stundenwoche (siehe letzter ÖGB-Kongress). Arbeitszeitflexibilisierung erhöht fast überall Stress und Ausbeutung, verringert das Einkommen und führt zu Personaleinsparungen. Wir bekämpfen daher Arbeitszeitflexibilisierung. Die SLP fordert einen Mindestlohn von 1.100 Euro netto und ein unbefristetes Arbeitslosengeld, welches sich am Mindestlohn orientiert, und zwar ohne AMS-Schikanen.
Betroffene raus aus dem Eck! Widerstand jetzt!
MigrantInnen und österreichische ArbeitnehmerInnen, Arbeitslose und Jugendliche müssen gemeinsam auf der Straße, am Arbeitsamt und im Betrieb Proteste organisieren. Die Gewerkschaften sind bei der kommenden Lohnrunde gefordert. Der Basis-Initiativantrag für einen Streiktag im Herbst am ÖGB- Kongress war ein Schritt in die richtige Richtung. Den Wunsch nach gemeinsamem betrieblichen Widerstand gibt es bei vielen GewerkschafterInnen. Viele sehen im Moment nur niemanden, der Widerstand organisiert. Die Vernetzung und gemeinsame Aktionen verbunden mit dem Aufbau einer kämpferischen Gewerkschaftsopposition sind daher nötig. Der Aufbau einer neuen linken Partei für ArbeitnehmerInnen und Jugendliche ist ein Gebot der Stunde.