Sa 31.03.2012
Über 10 Millionen Menschen beteiligten sich am 29.3. am Generalstreik in Spanien. 900 000 demonstrierten in Madrid, 800 000 in Barcelona, 250 000 in Valencia, 100 000 in Sevilla. Die Gewerkschaften UGT und CCOO sprechen von einer Streikbeteiligung von 77% und selbst die Regierung des Baskenlandes spricht von 60-70%. Sämtliche Autofabriken standen still, ebenso wie Häfen und Flughäfen. 97% der IndustriearbeiterInnen streikten.
Verteidigungskampf
Grund des Streiks war die Kürzungspolitik der gerade mal ca 100 Tage alten konservativen Regierung unter Mariano Rajoy. Konkret wurde die „Reforma Laboral“, die Reform des Arbeitsmarkts, bekämpft. Sie bedeutet den „Größten Angriff auf die Rechte der ArbeitnehmerInnen seit den Anfangstagen Francos“, so die spanische Schwesterorganisation der SLP, Socialismo Revolucionario. Kurz gefasst bedeutet sie Narrenfreiheit für Unternehmen, was Kündigungen von ArbeitnehmerInnen betrifft und zielt darauf ab, Lohnverhandlungen zu individualisieren und gewerkschaftlichen Widerstand unmöglich zu machen. Sie soll ausländische Investoren ins Land locken, trägt aber nur zu noch größerer Arbeitslosigkeit bei – Ihre Durchsetzung würde laut UGT die Zahl der Arbeitslosen auf 6 Millionen ansteigen lassen. Aktuell sind in Spanien mehr als 5 Millionen Menschen arbeitslos. Die soziale Situation verschlimmert sich kontinuierlich durch die Angriffe der von der Troika getriebenen Regierung.
Aufgestaute Wut
Die Gewerkschaften riefen unter dem Druck der Basis zu dem Generalstreik auf. Erste Kampfaktionen waren eigentlich für Mai geplant. Ursprünglich planten nur die baskischen Gewerkschaften einen Streik, aber dieses Ventil reichte, um einen Generalstreik im ganzen Land auszulösen. Streikposten wurden energisch gegen Angriffe verteidigt. So versuchte berittene Polizei in Sevilla, den Posten der BusarbeiterInnen zu durchbrechen und im Baskenland wurden sogar Gummigeschosse gegen Streikende eingesetzt. Socialismo Revolucionario intervenierte in 9 Teilen Spaniens, darunter die kanarischen Inseln, Sevilla, Madrid, Barcelona und das Baskenland. Unsere Hauptforderung war die Organisation eines zweiten, 48 stündigen Generalstreik. Ein einzelner Generalstreik ist längst schon nicht mehr genug um die Angriffe abzuwehren, geschweige denn Verbesserungen zu erkämpfen. Die Regierung weiß das und zeigt sich demonstrativ unbeeindruckt - „Am Grundstock der Reform wird nicht gerüttelt“ heißt es.
Die Wut über die Regierung drückt sich auch auf der Wahlebene aus. Die regierende PP verlor bei den Wahlen in Andalusien vier Tage vor dem Generalstreik eine halbe Million Stimmen, während die „Izquerda Unida“ (Vereinigte Linke) ihre Stimmen verdoppeln konnte und auf 12% schoss.
Keine Atempause
Am Tag nach dem Streik präsentierte die Regierung das nächste Sparbudget. Es beinhaltet unter Anderem Unglaublichkeiten wie die komplette Streichung der Beihilfe für Menschen mit Behinderung und eine Amnestie für Steuersünder. Insgesamt möchte die Regierung 2012 noch 35 Milliarden einsparen. Die spanischen ArbeiterInnen, Arbeitslosen und Jugendlichen wissen, dass es die nächsten Jahre brutale Angriffe hageln wird. Generalstreiks, die zum „Luft-Rauslassen“ benützt werden, sind zu wenig. Noch am Tag des Streiks stellten die Gewerkschaften der Regierung ein Ultimatum, bis 1. Mai die Arbeitsmarktreform zurückzunehmen. Wenn sie diese Drohung ernst gemeint hätten, hätten sie noch am selben Tag das Datum für den nächsten Generalstreik setzen müssen. Die Antwort der ArbeiterInnenklasse wäre enthusiastisch gewesen. Die Forderung von Socialismo Revolucionario nach einem 48 stündigen Generalstreik als nächsten Schritt findet großen Widerhall. Streikende halfen uns, Flugblätter zu verteilen und Plakate mit der Forderung aufzuhängen. Eine dauerhafte Kampagne von Streiks und Generalstreiks ist notwendig, um die Angriffe zurückzuschlagen. Nur eine Woche zuvor legten die portugiesischen ArbeiterInnen mit einem Generalstreik das Land lahm. Eine internationale Vernetzung des Widerstands und koordinierte Streikaktionen würden deren Wirkung vervielfachen. „Es gibt keine Alternative“ sagt die Regierung. Sie hat Recht. Die ArbeiterInnenklasse in Spanien und in ganz Europa hat keine andere Wahl, als sich radikal gegen die Angriffe zur Wehr zu setzen. Eine rollende Kampagne koordinierter Generalstreiks und der Aufbau revolutionärer Organisationen, die für den Sturz des krisenhaften und zerstörerischen kapitalistischen Systems kämpfen ist notwendig.