Mo 12.03.2018
Der feministische Streik am 8. März war beispiellos. Niemals in der Geschichte des Klassenkampfes im spanischen Staat gibt es eine so tiefe und massive Mobilisierung gegen die Unterdrückung der Frauen aus der ArbeiterInnenklasse, gegen Ungleichheit und Gewalt gegen Frauen. Hunderte von Demonstrationen fanden von morgens bis abends statt und wurden zu einem wahren Tsunami von Millionen in den Straßen. Es spiegelte nicht nur die Wut der ArbeiterInnenklasse und der Jugend mit der kapitalistischen Krise und der reaktionären PP-Regierung wider, sondern auch die enorme Unzufriedenheit der gesamten Gesellschaft.
Was wir sahen wird nicht leicht vergessen werden. Erstens, weil diese Bewegung von unten, auf Initiative von Hunderten von Frauenverbänden, sozialen Bewegungen und linken Organisationen aufgebaut wurde, die monatelang daran gearbeitet haben, diesen Erfolg zu erreichen. Zweitens, weil die Führungen der PP (Partido Popular; die spanische rechtskonservative Regierungspartei) und Ciudadanos (spanische nationalistische Oppositionspartei) Streik und Demonstrationen vehement ablehnten und zeigten, dass ihre politische Agenda eine Kriegserklärung zugunsten von institutionalisiertem Sexismus und Ungleichheit ist. Drittens, weil die Führungen der größten Gewerkschaften und der PSOE (spanische sozialdemokratische Partei), die einen kontrollierten, schaumgebremsten Tag wollten, wieder völlig zur Seite geschoben wurden. Der Strategie des sozialen Friedens und der Demobilisierung wurde am 8. März ein harter Schlag versetzt.
Die Bilder der Demonstrationen sprechen für sich. Trotz der Tatsache, dass die Medien des Systems versuchen, die Zahlen über die TeilnehmerInnen zu verwässern, waren die Märsche viel größer als bei früheren Generalstreiks. Die von der „8M-Komission“ für Madrid genannte Zahl ist völlig inakzeptabel. Nein, es waren nicht 500.000 Menschen. Wir müssen das mit den Demonstrationen bei vergangenen Generalstreiks vergleichen. In Madrid konnte sich die Demonstration mit der Lawine von hunderttausenden Frauen, Jugendlichen und zehntausenden männlicher Arbeitern kaum bewegen. In Madrid hat mehr als eine Million Menschen mehr als fünf Kilometer Straße gefüllt.
Und Madrid war keine Ausnahme. Das gleiche geschah in Barcelona, Vigo, Ferrol, Gijón, Bilbao, Gasteiz, Valencia, Malaga, Sevilla, Zaragoza, Tarragona, Cadiz, Toledo und Dutzenden von anderen Städten. Es war eine Mobilisierung, die alle Erwartungen übertraf.
Die Rolle der Jugend
Viele Medienartikel haben die massive Rolle der Jugend in diesem Kampf unterstrichen, und es ist wahr. Die Teilnahme von Millionen junger Frauen und Männer an diesem Kampf spiegelt das enorme revolutionäre Potential der sich entwickelnden neuen feministischen Bewegung wider.
In diesem Erdbeben der Jugend gegen Gewalt gegen Frauen und sexistischen Kapitalismus haben Sindicato de Estudiantes (SE – SchülerInnen und Studierenden Vereinigung), Libres y Combativas (Deutsch: Frei und kämpferisch - eine sozialistische feministische Plattform, die von SE und IR ins Leben gerufen wurde) und die GenossInnen von Izquierda Revolucionaria (IR - CWI in Spanien) eine Schlüsselrolle gespielt. Unsere Forderung nach einem 24-stündigen SchülerInnen- und Studierendenstreik wurde massiv unterstützt. 90% der SchülerInnen in weiterführenden Schulen und 80% der Studierenden schlossen sich dem Streik an. Tausende füllten die Straßen bei unseren Studierendendemonstrationen in Madrid, Barcelona, Vigo, Ferrol, Gijón, Bilbao, Gasteiz, Donosti, Tarragona, Valencia, Sevilla, Málaga, Cádiz, Salamanca, Guadalajara usw., mit mehr als 150.000 TeilnehmerInnen.
Für antikapitalistischen, revolutionären, sozialistischen Feminismus
Am 8. März war die Notwendigkeit eines revolutionären, antikapitalistischen Feminismus in der Tradition, dem Programm und den Methoden des Klassenkampfes klar. Und zwar eine Bewegung, die das kapitalistische Patriarchat anprangert, aber auch die PP-Regierung, Ciudadanos und all jene, die die Logik dieses Systems der Kürzungen von Rechten, Löhnen, Gesundheit und Bildung akzeptieren, gegen jene die Unsicherheit und ein sexistisches Rechtssystem und diejenigen schützen, die Frauen missbrauchen.
Wir von Izquierda Revolucionaria und Libres y Combativas unterscheiden uns deutlich vom "transversalen" Feminismus, den das System längst integriert hat. Dieser gesetzte Feminismus des Posierens erlaubt es sogar unseren Unterdrückern wie Mariano Rajoy (Ministerpräsident Spaniens, von der PP) sich das Mäntelchen des Feminismus umzuhängen, ohne dabei auch nur rot zu werden. Am 8. März haben wir deutlich gemacht, dass in diesem Befreiungskampf nicht alle willkommen sind und dass die Unterdrückung der Frauen mit Klassenunterdrückung verbunden ist. Nicht alle Frauen sind unsere Verbündeten, und diejenigen von uns, die unter Gewalt, Kirchenkontrolle, unsicheren Jobs, Arbeitslosigkeit usw. leiden, haben mit Angela Merkel und anderen kapitalistischen Frauen nichts gemeinsam. Jene verteidigen das System und akzeptieren die sexistische Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen, die zur Quelle ihrer Privilegien und Macht gehört. Sie nutzen uns genauso aus wie die kapitalistischen Männer, mit denen sie in Kabinetten, Unternehmen und Parlamenten an der Macht sind.
Organisiere den Kampf bis zum Sieg! Nieder mit der PP-Regierung!
Frauen aus der ArbeiterInnenklasse und Jugendliche waren die HauptprotagonistInnen des 8. März, und der Streiks und Demonstrationen. Obwohl die Bürokratie der Gewerkschaften CCOO- und UGT nur einen erbärmlichen zweistündigen Streik pro Schicht forderte, den sie an den meisten Arbeitsplätzen nicht einmal organisierten, und nur symbolische Versammlungen organisierten, überwanden Millionen Frauen Angst und Drohungen, um in den Streik zu treten. Arbeiterinnen füllten die Demonstrationen aus, obwohl die Medien ihnen ihre gebührende Präsenz nicht zugestanden. (Der Vorrang wurde Schauspielerinnen, JournalistInnen und PolitikerInnen gewährt, die ihren "transversalen" Feminismus von sich gaben). Die Frauen der ArbeiterInnenklasse machten den 8. März zu einem historischen Tag.
Dieser große feministische Streik machte deutlich, dass wir diese reaktionäre Regierung nicht eine weitere Minute länger hinnehmen müssen. Diejenigen, die sagen, dass es keine Bedingungen für den Kampf gibt, die ein "ungünstiges Kräfteverhältnis" beklagen, was sagen sie jetzt? Unter der Oberfläche brodelt Unmut und ein immer stärker werdender Widerstand, in den Häusern und am Arbeitsplatz der Ärmsten und Unterdrücktesten der Gesellschaft: Unter Frauen, Jugendlichen und PensionistInnen, die diesen gewaltigen Kampf auch an den Spitzen der Parlaments- und Gewerkschaftsbürokratie vorbei geführt haben. All diese Vitalität, die am 8. März gezeigt wird, muss in einer organisierten Art und Weise fortgesetzt werden, bis die Politik der PP besiegt ist und Rajoy und Co. ihre Macht entzogen wurden. Wir müssen in einem neuen Generalstreik aller ArbeiterInnen zusammenkommen, um Sexismus und alle Kürzungen zu beenden.
Izquierda Revolucionaria und Libres y Combativas appellieren an alle ArbeiterInnen und Jugendlichen, den Kampf für unsere Gegenwart und Zukunft fortzusetzen und eine feministische Bewegung aufzubauen, die von der herrschenden Klasse nicht manipuliert werden kann. Für einen revolutionären und antikapitalistischen Feminismus von und für ArbeiterInnen. Baue diese Bewegung und Organisation mit uns auf! Schließt euch Izquierda Revolucionaria und Libres y Combativas an!
Libres y Combativas fordert:
Keine Gewalt mehr gegen Frauen! Ni una menos! (Keine weitere Frau mehr!)
• Nein zu einem sexistischen Rechtswesen! Für gerechte Strafen für Vergewaltiger und jene, die Frauen missbrauchen. Entlassung und Bestrafung jener bei Polizei und Justiz, die Straffreiheit für Täter zulassen
• Drastische Erhöhung der Mittel für Unterstützung und Schutz von Opfern von Gewalt gegen Frauen. Für menschenwürdige Arbeit oder Sozialhilfe und angemessenen Wohnraum für alle Opfer häuslicher Gewalt und ihre Kinder
Unser Körper, unsere Entscheidung!
• Für das Recht auf kostenlose und sichere Abtreibungen. Zugang zu Sexualerziehung und öffentlich finanzierten Familienplanungsdiensten an allen Schulen und Universitäten. Kostenlose Verhütung in Gesundheitszentren und Apotheken für alle jungen Menschen.
• Religion raus aus den Klassenzimmern! Keine sexistischen und homophoben Botschaften mehr in unseren Schulen! Aufhebung von LOMCE - dem Gesetz zur angeblichen "Verbesserung" der Bildungsqualität!
• Schluss mit dem Millionengeschäft Frauenhandel! Gegen Prostitution, Menschenhandel und bezahlte Leihmutterschaft. Unsere Körper sind nicht zu verkaufen!
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit! Zerbrich die Ketten der häuslichen Sklaverei!
• Rücknahme der Arbeitsreform. Angemessene Löhne für Arbeiterinnen. Beispielhafte Bestrafung von Arbeitsplätzen, die sich weigern, Frauen zu beschäftigen oder Frauen wegen Schwangerschaft oder Nichteinhaltung von Kleider- und Makeup-Codes entlassen
• Abschreckende Bestrafung für sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
• Für das Recht auf sechs Monate Mutterschaftsurlaub für beide Elternteile bei vollem Lohn. Kostenlose öffentliche Kinderbetreuung in jeder Nachbarschaft bzw. am Arbeitsplatz, damit die Eltern arbeiten können.
• Für öffentliche Wäschereien, Kantinen und Reinigungsdienste, um die Sklaverei von Hausarbeit für Frauen zu beenden. Drastischer Anstieg der öffentlichen Ausgaben für Pflegepersonen.
Wir wollen nicht mutig sein müssen, wenn wir nach Hause zurückkehren, wir wollen Freiheit
• Ein Ende der Objektivierung von Frauenkörpern, die zu sexistischer Gewalt führt. Schluss mit aller Werbung, die den weiblichen Körper objektiviert. Nieder mit der Förderung sexistischer Ideale von "Schönheit", die Vorurteile füttern.
Danke an Celina fürs Übersetzen.