Mo 09.09.2019
Was war das für ein Politsommer. In einer mutigen und angriffigen Nationalratsrede hat SPÖ-Chefin Rendi-Wagner den Zwölfstundentag attackiert und ein Gesetz zu dessen Abschaffung eingebracht. Was? Du hast davon nichts mitbekommen?
Das liegt daran, dass diese Rede nicht existiert. Und es wird sie auch nie geben. Die SPÖ hat keinerlei Interesse an einer Rücknahme des Zwölfstundentages, genau so, wie sie viele Schweinereien vergangener schwarz-blauer Regierungen auch nicht zurückgenommen hat. Warten auf die SPÖ ist warten aufs Christkind.
Warten aufs Christkind ist aber keine ernsthafte gewerkschaftliche Strategie. Genau das ist aber in den letzten Jahren passiert. Dabei fing es gut an. Hunderttausende gingen gegen den Zwölfstundentag auf die Straße. Eine Streikbewegung gegen die Regierung rückte in greifbare Nähe.
Doch dann hieß es seitens des ÖGB: „Wir regeln das über die Kollektivvertragsverhandlungen“. Aber die Abschlüsse waren mager und der Zwölfstundentag blieb. Dann hieß es: „Wir schlagen ein neues Arbeitszeitgesetz vor, welches eine neue Regierung umsetzen kann“. Auch hier ist es still geblieben.
Jetzt ist wieder Wahlkampf. Glaubt man den Gewerkschaftsführungen, dann wird die SPÖ es richten. Doch auf welcher Grundlage beruht dieser Glaube? Die Basis dafür ist dünn. Programmatische Aussagen darüber, dass man vorhabe, die unsozialen und arbeitnehmer*innenfeindlichen Maßnahmen nicht nur der letzten, sondern auch der vorhergehenden Regierungen zurückzunehmen, sucht man vergeblich. Die SPÖ stellt sich zwar gegen die Schuldenbremse in der Verfassung – gegen den von dieser Partei mitbeschlossenen Fiskalpakt aber nicht.
Tatsächlich hat der ÖGB eine historische Chance verschenkt, als die Stimmung gegen den Zwölfstundentag nicht genutzt wurde, um diese Maßnahme wirkungsvoll zurückzuschlagen. Das muss anders werden. Denn wenn Gewerkschaften demonstrieren und auch streiken, bewirken sie eine Politisierung ihrer Mitglieder und darüber hinaus. Diese Politisierung kann Grundlage für eine neue linke, sozialistische Kraft werden, eine echte Arbeiter*innenpartei, die für konsequenten Widerstand gegen den Sozialraub aller Parteien steht. Auf die Gewerkschaftsführung können wir uns dafür nicht verlassen, das müssen wir schon selbst an der Basis tun!