Mi 01.03.2000
Unter Schlagwörtern wie „Starke Demokratie” oder „Neue soziale Gerechtigkeit” hat die blau-schwarze Regierung ihr Programm vorgestellt. Was darunter wirklich zu verstehen ist, wissen wir spätestens seit den Streitereien um das Budgetdefizit: Sozialabbau an allen Ecken und Enden, garniert mit einem starken Polizeistaat.
Das Regierungsprogramm besteht aus 15 Punkten: Außen- und Europapolitik, Starke Demokratie, Neuer sozialer Gesellschaftsvertrag, Innere Sicherheit und Integration, Bildung und Sport, Wissenschaft und Forschung, Stärkung des Wirtschaftsstandort Österreich, Leistungsfähiger Staat, Bundesstaat, Umweltpolitik, Kunst und Kultur, Medienentwick- lung, Justiz, Sicherheitspolitik, Bundesheer, Budgetpolitik. Viele schöne Worte, doch der Teufel steckt im Detail.
Privatisierung und Kollektivverträge
Ein Grundtenor des Regierungsprogramms ist vor allem die Regel „Mehr privat – weniger Staat”. Das reicht von der geplanten Privatisierung verstaatlichter Betriebe bis zur Aufwertung der privaten Pensionsvorsorge. Da kommt die Panikmache über die Unfinanzierbarkeit unseres Pensionssystems gerade recht. Gleichzeitig ist im Regierungsprogramm noch vorgesehen, dass es statt eines Kollektivvertrags „Betriebslösungen geben” soll. Der Druck auf die ArbeitnehmerInnen soll damit noch weiter verschärft werden. Aber auch diese Drohung konnte bis jetzt die Gewerkschaft noch nicht aus ihrem Winterschlaf wach rütteln.
„Eigenverantwortung”
Die Kombination dieser Maßnahmen ist teuflisch. Den Möglichkeiten der Unternehmer, die ArbeiterInnen in den einzelnen Betrieben gegeneinander auszuspielen und innerbetrieblichen Druck auszuüben, sind somit fast keine Grenzen mehr gesetzt.
Gerade im Handel sind auch noch weitere Flexibilisierungen geplant. Die Regelung, dass jeder zweite Samstag frei sein muß, wird fallen und die Wochenöffnungszeit wird von 66 auf 72 erhöht. Weiters setzt die Regierung auf eine Einschränkung der Gesundheitsleistungen. Größter Brocken ist hier die bereits diskutierte 20% Hürde-der Selbstbehalt der Krankenkassen. Eine ambulante Geburt würde dann ca. 6000,- Schilling kosten. Dazu sollen in Zukunft mehr Medikamente rezeptfrei sein. Das bedeutet, dass die Patienten in Zukunft mehr aus der eigenen Tasche zahlen müssen. Dazu kommen noch die sogenannten „Teilkrankenstände”, was einzig und allein dazu führen wird, dass der Druck auf Erkrankte im Betrieb zu bleiben steigen wird.
Familien– statt Frauenpolitik
Die Stärkung der „heiligen Kuh” Familie gleichzeitig mit einer Rückdrängung von Fraueninteressen ist ein weiterer Kernbereich. Unter dem Titel „Den Familien mehr Wahlfreiheit ermöglichen” spannt sich der Bogen hier von einer geplanten Verankerung der Familie in der Verfassung bis zum Karenzgeld für alle. Verbunden ist das ganze mit entsprechenden Kürzungen bei Kinderbetreungseinrichtungen bzw. den Gemeinden, die diese finanzieren. Der Versuch, „zurück an den Herd” zu belohnen und werktätige Frauen zu bestrafen, zieht sich wie ein roter Faden durch dieses Kapitel.
Und so weiter
Weitere Punkte sind eine Verschärfung der Migranten- und Minderheitenpolitik und der Justiz- und Innenpolitik (Lauschangriff und Rasterfahndung), höhere Rüstungsausgaben (Kauf von neuen Abfangjägern), der geplante Abbau von Beamten, mögliche Studiengebühren und die Anhebung der Beitragsjahre zur Pensionsversicherung sowie damit einhergehend die Erschwernis in Frühpension zu gehen. Alles in allem, wie wir sehen können, ein Programm des kleines Mannes und der kleinen Frau – oder vielleicht doch nur eines für die Wirtschaft?