Fr 31.03.2017
Bei den letzten Wahlen konnte die KPÖ ihre starke Position in Graz halten und ist in der zweitgrößten Stadt Österreichs die zweitstärkste Partei. Die Existenz einer linken Alternative zu den etablierten Parteien ist auch einer der Hauptgründe dafür, dass die FPÖ es in der Steiermark weit schwerer hat, als in anderen Bundesländern. Hatte die FPÖ im Wahlkampf noch siegessicher gefordert, dass es „ganz klar“ wäre, dass die zweitstärkste Partei den Vizebürgermeistersitz geht sie nun als nur drittstärkste Kraft in eine Koalition mit der ÖVP. Diese war dazu nur allzu bereit ging es ihr doch v.a. um das Sichern des auch von der FPÖ unterstützten Mega-Projekt Murkraftwerk. Unter dem Deckmantel „Umwelt“ wird hier ein unsinniges und verschwenderisches Megaprojekt durchgepeitscht und die Grazer Bevölkerung nicht einmal dazu befragt. Ob bzw. welche dubiosen Geldflüsse mit dem Projekt, das ökologisch und wirtschaftlich ein Wahnsinn ist, in Zusammenhang stehen, wird sich wohl (wie auch bei früheren schwarz-blauen Regierungen) erst in der Zukunft zeigen.
Wohnbaustadtrat verteidigen, Angriffe aufs Wohnen zurückschlagen
Die KP-Steiermark ist seit vielen Jahren v.a. mit dem Thema „Wohnen“ aktiv. Durch viel Arbeit in diesem Bereich, mit MieterInnenberatung aber auch der Position des/der Wohnbaustadträtin wurde man bekannt und hat sich Vertrauen erarbeitet. Die Abgeordneten der KP geben rund 2/3 ihrer Bezüge an soziale Einrichtungen, v.a. solche die mit dem Wohnungsbereich zu tun haben. Die neue Regierung entzieht der bisherigen Stadträtin Elke Kahr nun das Mandat und übergibt es an Eustacchio von der FPÖ. Beim Entzug des Wohnbaustadratsamtes geht es darum, der KPÖ die Basis abzugraben um sie künftig zu schwächen.
Schon machen Gerüchte über Privatisierungen in diesem Bereich die Runde. Tatsächlich wäre der Verkauf von Immobilien (also auch Wohnungen) der Stadt eine der wenigen Möglichkeiten, wie der im Regierungsprogramm fixierte Schuldenabbau finanziert werden könnte. Elke Kahr hält in einer Aussendung fest: „Wenn Bürgermeister Nagl sagt, er entzieht uns die Wohnkompetenz, dann täuscht er sich. Er kann uns das Ressort wegnehmen, aber nicht die Kompetenz.“ Künftig sollen die KP-Stadträte Kahr und Krotzer die Ressorts Verkehr, Gesundheit und Pflege übernehmen. Sie haben bereits klargestellt, dass es sich dabei ebenfalls um soziale Themen handelt.
Es ist gut, das die KP-Graz sich nicht geschlagen gibt doch sie kann sogar in die Offensive gehen. Der Entzug des Stadtratpostens kann bekämpft werden. Und zwar nicht juristisch oder nur mit Petitionen sondern indem all die Menschen, die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten von der Wohnungs-Sozialarbeit der KP-Graz profitiert haben mobilisiert werden. Nicht um das Amt an sich geht es, sondern darum, was mit dem Personalwechsel verbunden ist. Und das sind höhere Mieten, weniger bzw. teurere neue Wohnungen, verstärkte Diskriminierung von MigrantInnen, weniger Hilfe für Bedürftige. Und davon werden zehntausende Menschen in Graz betroffen sein. Vielen ist zwar nicht detailliert, aber doch an sich klar, was hier auf sie zu kommt. Sie zu mobilisieren ist das Gebot der Stunde und kann der Ansatz für eine noch breitere Bewegung gegen das Regierungsprogramm sein. Denn dieses ist eine Bedrohung auf vielen Ebenen
Regierungsprogramm ist eine unsoziale, autoritäre und rassistische Bedrohung!
Mit Ende März haben sich ÖVP und FPÖ auf ein Regierungsprogramm und eine Ressourcenverteilung geeinigt. Die „Agenda Graz 22“ strotzt vor Allgemeinplätzen. Bei den großen Themen – Soziales, Gesundheit, Wohnen etc. – steckt der Teufel im Detail bzw. wird Vieles erst in Zukunft klar werden. Doch die Richtung von schwarz-blau ist klar: Kürzungen und Sozialabbau werden die nächsten Jahre in Graz dominieren. „Die Stadtregierung definiert ab sofort eine Obergrenze für die Gesamtverschuldung von Graz“ und „bekennt sich die Stadtregierung darüber hinausgehend zu einem nachhaltigen Abbau der Pro-Kopf-Verschuldung. Der Abbau soll im Durchschnitt mindestens 2 % jährlich betragen“. Gleichzeitig wird an Murkraftwerk und zentralem Speicherkanal festgehalten. V.a. das Kraftwerk ist ein völlig überdimensioniertes und weder ökonomisch noch ökologisch sinnvolles Projekt. 160 Millionen soll alles kosten und ein großer Teil davon wird durch die öffentliche Hand zu bezahlen sein. Wenn der Kurs beibehalten wird bedeutet das harte und brutale Einschnitte in anderen Bereichen, um dieses Projekt zu finanzieren!
Der geplante Schuldenabbau bedeutet weniger Ausgaben und mehr Einnahmen. Wie das funktionieren soll ist auch schon angedacht. Denn als erstes werden die „stark steigenden Ausgaben im Sozialbereich“ angeführt. Hier sehen schwarz-blau Kürzungspotential und zwar v.a. in der Frage der Mindestsicherung. So sollen „Sachleistungen und Sozialleistungen gegen über Geldleistungen“ bevorzugt werden, was eine Bevormundung von sozial Schwachen bedeutet. Die Formulierung „Außerdem wollen wir im Rahmen der Kontrolle alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen.“ impliziert, dass ein relevanter Teil der BezieherInnen gar kein Anrecht darauf haben und ihnen der Bezug folglich gestrichen werden soll. Wobei die Regierung eine Reform der Mindestsicherung fordert „ in der ein Leistungsgedanke und –Anreiz verstärkt implementiert wird“. Das kann Zwangsarbeit für BezieherInnen bedeuten (was gleichbedeutend ist mit der Vernichtung bezahlter Jobs) oder auch die Beschränkung jener, die Mindestsicherung beziehen können. Wer z.B. noch keinen bezahlten Job hatte, soll nach Vorstellung der Regierung „eine alternative Art der Grundabsicherung“ erhalten. Betroffen davon sind Jugendliche, Arbeitslose, aber auch MigrantInnen, die nach den Vorstellungen von schwarz-blau ohnehin erst nach fünf Jahren anspruchsberechtigt sein sollen.
Einnahmenseitig allerdings ist eine jährliche Erhöhung („VPI-Anpassung“, also Erhöhung um die Inflation) bei Gebühren und Abgaben vorgesehen. Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass die Löhne nach Vorstellung von schwarz-blau nicht automatisch an die Inflation (und die Gebührenerhöhung) angepasst werden – auch nicht bei den Gemeindebediensteten.
Zynisch ist der Umgang mit dem Thema Wohnen. Ziel der Regierung ist allerdings nur die Förderung von 500 neuen Sozialwohnungen in den nächsten fünf Jahren. Durchschnittlich leben 2,26 Menschen in einer Wohnung – die 500 Sozialwohnungen reichen also für 1.130 Menschen, nach Graz werden in diesem Zeitraum nach Schätzungen der Regierung allerdings ca. 20.000 Menschen zusätzlich kommen, weit mehr als 1.130 werden sich die teuren privaten Wohnungen nicht leisten können. Eine nicht näher genannte Anzahl Wohnungen soll über Private Wohnprojekte, wenn auch mit öffentlicher Unterstützung sowie die „Förderung von Eigentum“ erfolgen. Öffentliche Gelder für die Profite privater Immobilienunternehmen stehen also auf der Agenda der Regierung. Um das Wohnungsproblem in den Griff zu bekommen wird das garantiert nicht funktionieren, sondern die Mieten werden weiter ansteigen. Dafür will die Regierung den Zugang zu Gemeindewohnungen aber weiter beschränken. Die „Voraussetzung für die Vormerkung“ für eine Gemeindewohnung soll auf fünf Jahre Hauptwohnsitz in Graz ausgeweitet werden (Achtung: Vormerkung bedeutet noch nicht, dass man auch eine Wohnung bekommt, dass kann noch lange dauern). Die Chance verbessern kann man, wenn man ehrenamtliche Arbeiten leistet! Dass nun von der FPÖ betreute Wohnungswesen wird wohl auch weit weniger Geld für Bedürftige zur Hand haben (die ja teilweise aus den Spenden der bisherigen KP-Gemeinderäte finanziert wurden).
Deutlich zeigt sich die rassistische und volkstümelnde Handschrift der FPÖ in den Bereichen „Integration“ und „Kultur“. Als Punkt 1 im Kapitel „Integration“ steht: „Wir treten für eine restriktive Zuwanderungspolitik ein.“ Es folgen die Forderungen nach Wertekursen, Beschränktem Zugang zu Mindestsicherung und verstärkten Abschiebungen. Das „kulturpolitische Leitbild der Stadt Graz“ muss „adaptiert“ werden weil Graz ein „Zentrum der Volkskultur“ bleiben soll. Dazu gehört auch die Erklärung „Wir bekennen uns zu unseren Denkmälern und Statuen und lehnen jedweden Versuch, Denkmäler, die einen Bezug zur Geschichte der Stadt Graz haben, aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen, ab. In historisch sensiblen Fällen sind geeignete Erläuterungstexte anzubringen.“ Ob sich die FPÖ-Graz bei diesen Erläuterungstexten von ihren Freunden aus den Reihen der Identitären unterstützen lässt? Tatsächlich ist gerade die steirische FPÖ durch ihre wiederkehrenden und engen Verbindungen mit den neofaschistischen Identitären immer wieder in die Schlagzeilen gekommen. Hier gibt es Zusammenarbeit und personelle Überscheidungen. Es wird interessant sein, ob wir Identitäre unter den MitarbeiterInnen der neuen Regierung finden werden. Der Grazer FPÖ-Chef und nunmehrige Vizebürgermeister Mario Eustacchio lies 2014 eine Gedenktafel, die an die Gräuel der Nazis erinnerte abbauen. Es ist auch fraglich, ob die neue Regierung ein Denkmal oder wenigstens eine Gedenktafel für die Opfer des Nationalsozialismus, die auf dem Gelände des Murkraftwerkes ermordet wurden, wird anbringen lassen...
Dass die Politik dieser Stadtregierung vielen nicht gefallen wird liegt auf der Hand. Dagegen darf man auf protestieren. Aber nicht überall. Denn wie auch auf Bundesebene wird auch hier Demokratieabbau betrieben. „Wir treten für die Einrichtung von Demonstrationszonen ein, damit das Recht auf Versammlungsfreiheit und freie Meinungsäußerung nicht zu Lasten jener Menschen geht, die den öffentlichen Raum anderweitig nutzen möchten oder müssen, bzw. die auf den Öffentlichen Verkehr in der Innenstadt (Herrengasse etc.) angewiesen sind.“ Zusätzliche Mittel sind auch für Überwachung und die verschiedenen Ordnungskräfte vorgesehen.
Das Wort „Frau“ kommt im gesamten Programm übrigens nicht vor!
Angriffe zurückschlagen – starke Bewegung aufbauen!
Die Angriffe durch die neue Regierung werden rasch und hart kommen. Die KP hat die Verantwortung, die führende und treibende Kraft in einer künftigen Bewegung sein, die die Proteste gegen das Murkraftwerk mit jenen gegen die kommenden Angriffe im Sozial- und Wohnungsbereich verbindet.
Die steirische KP kann die Angriffe der schwarz-blauen Regierung umdrehen und gegen diese selbst richten. Und zwar, indem sie nicht nur in den Bereichen Verkehr, Gesundheit und Pflege zeigen, dass sie nicht bereit sind, auch nur eine einzige der von der Regierung geplanten Kürzungen umzusetzen. Und indem sie mit einem offensiven Sozialprogramm an die Arbeit gehen. Personalaufstockung, Arbeitszeitverkürzung, bessere Bezahlung der unteren Einkommensgruppen und verbesserte Betreuung im Gesundheitsbereich um die Situation von Beschäftigten und KlientInnen zu verbessern. Nulltarif auf den Öffis als soziale Maßnahme die auch noch die Feinstaubbelastung reduziert. Natürlich sind solche Maßnahmen im Regierungsprogramm und –Budget nicht vorgesehen. Sie müssten also gemeinsam mit den Betroffenen erkämpft werden. So kann z.B. eine Kampagne fordern, dass die Gelder für das extrem teure Murkraftwerk in den Ausbau von kostenlosen Öffis gesteckt wird um Umweltschutz und dauerhafte Jobs zu schaffen. So könnte eine Kampagne erkämpfen, dass nicht die Gebühren, dafür aber die Bezahlung der Beschäftigten im Sozialbereich sowie die Förderungen für die diversen Sozialvereine zumindest jährlich an die Inflation angepasst werden.
Eine solche Bewegung kann mit einem sozialistischem Programm und einer kämpferischen Strategie die gerade erst gebildete Regierung in die Knie zwingen – und somit weit mehr erreichen, als der KP nur das Wohnungsressort zurück zu geben. Solche Kampagnen kann sich nicht auf Anträge im Gemeinderat beschränken. Die Petition der KP damit Elke Kahr weiterhin Wohnbaustadträtin bleibt erhielt weniger Unterschriften als die KP Stimmen. Das liegt weniger daran, dass es keine Unterstützung für sie gab als daran, dass eine solche Petition (insbesondere wenn sie online ist) ein ungenügendes Mittel ist, um Menschen zu mobilisieren. Die künftigen Kämpfe brauchen die aktive Beteiligung der Betroffenen. Eine Beteiligung, die auch notwendig sein wird, um die garantiert kommenden Angriffe auf MieterInnen und Wohnungssuchende zurück zu schlagen. Die KPÖ hat sich hier in Graz in den letzten Jahrzehnten einen Namen gemacht. Es ist notwendig, die Wahlunterstützung viel stärker als bisher in eine kämpferische und aktive Basis auszubauen. Vielen hat die KP bisher ein Bild ähnlich wie die SPÖ in den 1970er Jahren, vermittelt „Wähl uns, wir lösen das für dich“. Nun muss klar gemacht werden: wenn du die Angriffe zurückschlagen willst dann wehr dich mit uns gemeinsam! WählerInnen (und auch solchen die nicht KP gewählt haben) müssen konkrete Angebote gemacht werden, sich in ihrem Stadtteil, in ihrem Grätzel, rund um die betroffene Einrichtung etc. zu organisieren, in demokratischen Basisstrukturen zu diskutieren und entscheiden, wie die Angriffe zurückgeschlagen werden können. Stadträte können ein Sprachrohr, aber kein Ersatz für eine solche Bewegung sein.
Die ersten Proteste gegen die schwarz-blaue Regierung sind von der linken Initiative „Aufbruch“, in der die SLP eine zentrale Rolle spielt, organisiert worden. Auch in der Bewegung gegen das Murkraftwerk, in die die SLP die Verbindung mit sozialen Themen maßgeblich hineingetragen hat, ist Aufbruch zentral dabei. Die KP als Organisation spielt bei beiden bisher keine zentrale Rolle – sollte das aber tun!