Di 13.12.2005
Die Arbeitslosigkeit in Österreich erreichte im November einen neuen Rekordwert: inklusive “Schulungen” des Arbeitsamts waren offiziell 312.250 Österreicher auf Jobsuche, für die Wintermonate werden bis zu 400.000 Arbeitslose prognostiziert.
Wer bezahlt für die Krise in der EU?
Während die Schüssel-Regierung beteuert, Österreich läge damit im guten EU-Durchschnitt, sehen die “Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit” weitere Angriffe auf Beschäftigte und eine Verschärfung der Situation vor. Ein Blick nach Deutschland macht klar, in welche Richtung der Zug fährt: Verstärkte Flexibilisierung (Ausweitung der Probezeit – in Deutschland gerade auf 2 Jahre), Aufweichung von Kollektivverträgen, Steuergeschenke an Unternehmen und weitere Privatisierungen stehen auch in Österreich ganz oben am Wunschzettel der Kapitalisten. Während die EU-Wirtschaft in der Dauerkrise steckt, werden ArbeitnehmerInnen zur Kasse gebeten.
Mit Tempo 160 gegen den öffentlichen Verkehr
Anfang Dezember haben die EU-Verkehrsminister das “EU-Eisenbahnpaket” auf Schiene gebracht. Dieses sieht die vollständige Liberalisierung des grenzüberschreitenden Personenverkehrs auf der Schiene in der EU ab 2010 vor. Erklärtes Ziel der Schüssel-Regierung ist, die ÖBB vollständig zu zerschlagen und die profitablen Bereiche (Fern- und Güterverkehr) für Privatisierungen vorzubereiten. Ein ruinöser Wettbewerb, der auf dem Rücken der ArbeitnehmerInnen und KundInnen ausgetragen wird. Internationale Beispiele zeigen, dass eine Verschlechterung regionaler Anbindungen, teurere Bahntickets, niedrigere Sicherheitsstandards und erhöhter Arbeitsdruck für die ÖBB’lerInnen zu erwarten sind. Vor diesem Hintergrund wurde von “Tempo-160-Gorbach” Mitte November eine mediale Hetzkampagne gegen die “Privilegien” von EisenbahnerInnen gestartet. “Privilegien”, die sich als Schichtdienste, Schwerarbeit und erhöhter Arbeitsdruck innerhalb eines Dienstleistungsunternehmen entpuppen. So ist die Arbeitsbelastung eines Verschiebers oder Gleisbauarbeiters mit der Schwerarbeit eines Hochofenarbeiters vergleichbar, Lokomotivführer unterliegen einer verstärkten Stressbelastung.
Vor Post- und Bahnstreik?
Die Privilegiendebatte dient der Regierung als Vorwand, weitere Eingriffe in die Dienstverhältnisse und das Dienstrecht der ÖBB-Beschäftigten durchzuführen. Kündigungsschutz und Pragmatisierung stehen auf der Abschussliste. Ziel ist es, mittelfristig 10.000 Arbeitsplätze abzubauen bzw. diese als billige Leiharbeitskräfte auch Drittfirmen außerhalb der ÖBB zur Verfügung zu stellen. Die wahren Privilegienritter sind nicht die EisenbahnerInnen, sondern Regierung und Manager der ÖBB. Kurzzeit-Generaldirektor Rüdiger vorm Walde wurde schon 2004 mit 1,2 Millionen Euro Abfertigung nach Hause geschickt. Der jetzige 20-köpfige Vorstand erhält einen Fixbezug von jährlich 5 Millionen Euro plus einer zusätzlichen Erfolgsprämie von maximal 50 Prozent des Fixbezuges, wenn die gesteckten Ziele voll erreicht werden. Die ÖBB-Ausgliederung 2003 hat zu Chaos für KundInnen und erhöhtem Druck für die Beschäftigten geführt. Verstärkter Stress, Unmengen an Überstunden und nicht konsumierter Urlaub sind nur die offensichtlichsten Folgen des Personalabbaus. Frust und Wut der EisenbahnerInnen gegen die neuerliche Angriffspläne der Regierung haben nun auch die Gewerkschaft der Eisenbahner (GdE) unter Zugzwang gebracht. GdE-Vorsitzender Haberzettl stellte verbal eine Streikdrohung gegen “übereilte” Regierungsbeschlüsse in den Raum. Auch bei der Post stehen die Zeichen verbal auf Streik. Geht es nach den Plänen der Regierung, soll auch der Verkauf der österreichischen Post AG an der Börse noch im nächsten Jahr durchgezogen werden. Aber auch dagegen formiert sich Widerstand innerhalb der Post-Belegschaft. Diese Vollprivatisierung würde eine weitere Schließungswelle an Postämtern nach sich ziehen, tausende ArbeitnehmerInnen sind gefährdet. Konkrete Vorbereitungen für Kampfmaßnahmen wären überfällig, wurden jedoch von der Gewerkschaftsführung bis jetzt nicht getroffen. Ein Fehler, denn das extrem instabile schwarz-blau-orange Horrorkabinett konnte in den letzten Jahren Sozialabbau und Privatisierung nur deshalb im großen Stil durchführen, weil es nur auf minimalen Widerstand von Opposition und ÖGB stieß.
Gegenwehr von unten organisieren!
Der Ausfall von bis zu 44 Millionen Euro Dividende – soviel war es 2004 – für den ÖGB durch den BAWAG/Refco-Skandal dürfte die Streikfreudigkeit der Gewerkschaftsspitze zusätzlich eindämmen. Wir können uns solche Rücksichtnahmen auf dubiose Spekulationsgeschäfte die mit gewerkschaftlichen Anliegen überhaupt nichts zu tun haben nicht leisten! Weitere Niederlagen der Belegschaften bei Post und Eisenbahn würden für Regierung und Unternehmen einen Dammbruch in Richtung weiterer Eingriffe in Dienst- und Kollektivverträge, sowohl im öffentlichen Dienst als auch in der Privatwirtschaft bedeuten. Um das zu verhindern ist es innerhalb des ÖGB notwendig, KollegInnen aus allen Bereichen branchen- und fraktionsübergreifend von unten zu organisieren und für bundesweite Großdemonstrationen und eine Aktionskonferenz als erste Schritte zu mobilisieren.